Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
zumindest. Ich fühlte mich wie auf emotionalem Treibsand, traute mich kaum, den nächsten Schritt zu denken, weil ich nicht wusste, ob er mich auf festen Boden führen oder in die Tiefe ziehen würde.
„Also, nur nochmal, um sicher zu gehen, dass ich alles richtig verstanden habe“, sagte er langsam, „du bist nach Citey zurückgekommen, um nach mir zu suchen, obwohl du die Stadt hasst. Und mit diesem Typen läuft nichts.“
„Genau“, bestätigte ich. „Und du warst nur so gemein, weil dich äußere Umstände dazu gezwungen haben. Wie immer.“
„Ell, ich habe dir die Haut gerettet.“ Obwohl er ernst klang, bemerkte ich voll Erleichterung, dass sich ein immer noch ungläubiges Lächeln auf Louis' Gesicht ausbreitete. „Du bist hier. Du bist wirklich hier“, sagte er mit rauer Stimme. Er strich mir ein paar zerzauste Haarsträhnen hinter die Ohren und in dieser Geste lag so viel Vertrautes, dass ich erneut die Tränen zurückdrängen musste. Seine Hand schloss sich fest um meine.
Lass ihn bloß nicht mehr los, schärfte mir mein Herz ein.
Kapitel 22
Ich erkannte das alte Bahnhofshaus zuerst gar nicht wieder. Nach einem etwa zehnminütigen Fußmarsch an den Schienen entlang waren wir vom Gleisbett auf den Bahnsteig gestiegen und brachten die Pferde nun in einem vom Postlagerraum zum Stall umfunktionierten Seitenteil des Gebäudes unter. Erst als mir Boreas aus seiner Box die Nase entgegenstreckte, gelang mir die Verbindung.
„Ich war schon mal hier“, sagte ich fassungslos. „Ich habe Boreas gesehen. Doch dann dachte ich, ich hätte mich getäuscht und das Haus sei verlassen.“
„Hättest du dich mal lieber draußen auf die Stufen gesetzt und auf mich gewartet.“
„Ich hatte keine Zeit“, murmelte ich, doch wenn ich mein damaliges Zeitproblem hätte erklären wollen, hätte ich erzählen müssen, dass ich mich als Yashta gemeldet hatte. Und obwohl er das natürlich früher oder später schon alleine wegen seiner Familie erfahren musste, schien mir unser wie auch immer geartetes Verhältnis im Augenblick noch zu fragil, um so heikle Themen darauf zu stapeln. Zwar war im Sommerhaus nichts geschehen, aber ich hatte mich zur Verfügung gestellt – und damit in Kauf genommen, dass etwas geschehen würde , was mich noch weiter von Louis entfernt hätte. Unseren Streit von damals, als ich mich zur Tarnung als Yashta melden wollte, um etwas über seinen Clan herauszufinden, hatte ich noch deutlich vor Augen.
Lieber schnell das Thema wechseln, schlug mein Herz vor.
„Ich hätte irgendwie gedacht, dass alle Erben zusammenwohnen. Wäre das nicht praktischer?“
„Naja, es gibt pro Viertel eine Kommandozentrale, in diesem Fall das MHK, und manche wohnen auch dort. Aber wie du dir vielleicht vorstellen kannst, haben wir nicht nur Freunde in der Stadt und sind besser geschützt, wenn unsere Wohnungen über die Stadt verteilt sind.“
Ich musste ihm zustimmen. „Du hast dich ganz schön gemacht“, zog ich ihn auf. „Schicke Uniform, zwei Pferde, großes Altbauanwesen mit Garten …“
„Ich habe doch schon immer gesagt, dass ich in Citey mein Glück finden werde“, gab er zurück, aber er klang nicht wirklich überzeugt dabei. „Sie haben mir ein Dienstpferd gegeben und Boreas ist nicht mehr der Jüngste. Er hat ein bisschen Ruhe verdient. Ell?“
„Ja?“
„Ich täte mir wesentlich leichter mit dem Sattel, wenn du meine Hand kurz loslassen würdest.“
„Keine Chance.“
Doch in der kleinen Schalterhalle, die Louis offenbar bewohnte, stellte ich fest, dass ich auf diese Weise nicht aus meinem Mantel kam. Betroffen betrachtete ich meinen Ärmel.
„Es ist schon okay. Ich gehe nicht mehr weg.“ Er legte seine Handfläche auf meine Wange. „Ich hätte nie weggehen sollen. Ich habe es so oft bereut …“
„Es ging nicht anders, das weißt du.“
„Natürlich wäre es irgendwie gegangen. Ich habe einfach die Nerven verloren. Ich hätte mich im Wald verstecken können oder –“
Ich stieß ein verzweifeltes Lachen aus. Dasselbe hatte ich mir auch schon gedacht. „Nein. Ich hätte mit dir kommen müssen. Louis, es tut mir unendlich leid. Alles ging plötzlich so schnell und –“
Er verschloss mir den Mund mit einem Kuss. Kurz und federleicht, aber er genügte, um mein Herz höher schlagen zu lassen. „Jetzt bist du ja hier.“
Langsam entspannte ich meine Finger und gab seine Hand frei. Er half mir aus dem Mantel, hängte ihn an einem altmodischen Garderobenständer auf und
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