Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
über meine Schulter, „– raus.“
„Was ist mit der Radtour? Bei Tageslicht?“, beeilte er sich hinzuzusetzen, als er sich endlich in Richtung Tür bequemte. Er sah mich so treuherzig an, dass er mir fast leid tat. In einem anderen Leben wäre ich geschmeichelt gewesen. Aber ich wusste, es ging nicht um mich. Es ging um seine Aufgabe. Und dafür war ich nun mal die Falsche.
„Vielleicht ein andermal“, sagte ich so kühl, wie ich es übers Herz brachte. Offenbar nicht kühl genug.
„Morgen? Übermorgen! Überübermorgen??“
„Eher nicht. Ich habe viel zu tun.“
„Louis finden“, stellte er fest und sein hoffnungsvolles Lächeln verschwand.
„Genau.“ Damit schob ich ihn aus dem Zimmer. „Bis nachher.“ Ich schloss die Tür, wartete aber sicherheitshalber noch. Da ich duschen wollte, musste ich sicher gehen, dass Ces sich endlich verzog, sonst stand er womöglich gleich wieder im Raum.
„Überüberübermorgen?“, hörte ich ihn von draußen fragen.
„Hau schon ab“, schimpfte ich, musste aber lachen.
Ich hörte ein schweres Seufzen, dann entfernten sich seine Schritte.
Er probierte es alle paar Tage wieder, lud mich zu romantischen Ausflügen ein, brachte mir Blumen mit und überschüttete mich ein ganzes Wochenende lang mit wenig glaubwürdigen Komplimenten. Aber ich blieb hart. Eine Tour durch die Auen mit dem Kanu klang wirklich verlockend, aber ich wollte keinesfalls, dass er sich auch nur die geringsten Hoffnungen machte, deshalb sagte ich ab. Ein ums andere Mal.
Eines Abends traf ich ihn im Garten beim Schwertkampf mit seinem Bruder. Da später gegrillt werden sollte, wollte ich mit Ginger die Feuerstelle vorbereiten, aber irgendwie ritt mich der Teufel und ich rief den beiden im Vorbeigehen lapidar zu: „Cesare, Beinarbeit! Haltung, Gio! Und ein bisschen weniger verkrampft“, so wie es Andromache mir gefühlte tausend Mal zugerufen hatte. Damit hatte ich offensichtlich ihr Ehrgefühl verletzt, denn sie ließen von einander ab und wandten sich entrüstet zu mir um.
„Beinarbeit“, wiederholte Ces überheblich.
Und: „Pff, verkrampft“, gab Gio verächtlich von sich.
„Zeig ihnen, wie's geht, Ell“, feuerte mich Ginger an und warf mir zwei Schwerter zu, die auf der Tischtennisplatte gelegen hatten. Es waren nur schlichte Übungsschwerter mit stumpfgeschliffenen Klingen, nicht zu vergleichen mit meinem Zauberschwert, das die meiste Zeit über nur in meinem rosafarbenen Zimmer herumlag. Trotzdem fühlten sie sich gut in meinen Händen an, als ich sie testweise herumwirbeln ließ.
Die Brüder wechselten einen kurzen Blick, dann stürzten sie sich mit Gebrüll auf mich.
Seit meiner letzten Trainingsstunde waren ein paar Wochen vergangen und zu Scharmützeln war es glücklicherweise seit der großen Schlacht nicht gekommen, aber ich fiel sofort in Kampfmodus und parierte ihre Schläge ohne nachzudenken. Trotz mangelhafter Beinarbeit und Haltung machten sie es mir nicht leicht, immerhin waren sie zu zweit, doch das Adrenalin, gepaart mit dem Zuckerschock von zwei Stück Buttercremetorte bei Cousin Adamo und drei Waffeln mit Sahne und Krokant bei Onkel Claudio, putschte mich auf. Nach ein paar Minuten hatte ich mich Cesares entledigt, indem ich ihn rückwärts in den Goldfischteich befördert hatte, und Gio zurück bis an die Gartenmauer gedrängt, wo ich ihm sein Schwert aus der Hand kickte. Triumph und Erschöpfung durchströmten mich, als ich ihm mit einer fließenden Bewegung eine Klinge an seine Halsschlagader und die andere auf die Brust setzte, und ich fühlte mich … lebendig.
„Verdammt!“, stieß Gio wütend aus, da er sich seine Niederlage eingestehen musste.
Er schloss für einen Moment die Augen und schöpfte Luft. Ich dachte, er sei wirklich sauer, doch dann öffnete er sie wieder und langsam breitete sich ein halbseitiges Lächeln auf seinem Gesicht aus. Louis' Lächeln. Mein Herz setzte für einen Schlag aus.
„Nicht schlecht“, sagte er anerkennend.
Ein markerschütternd schriller Schrei schallte durch den Garten, riss meinen Blick von Gio zu Lilja, die über die Wiese auf uns zu gerannt kam und die Situation offenbar komplett missdeutete. Sofort senkte ich das Schwert und stolperte ein paar Schritte rückwärts.
Du musst Louis schleunigst finden, sagte mein Verstand. Oder so schnell wie möglich von hier verschwinden und ihn woanders suchen.
Sonst werden wir alle verrückt, stimmte mein Herz zu, und tun unsinnige Dinge.
„Alles ist gut,
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