Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
gelebt hatte, erschien mir das nun bodenlos verschwenderisch. „ Ich kann nähen.“
„Dann lass das Mama nicht hören. Sonst bist du für die nächsten Wochen beschäftigt.“
Aber ich ließ es sie hören. Theresa nahm mein Angebot dankbar an und ich war erleichtert, dass ich mich endlich erkenntlich zeigen konnte. Von nun an sah ich bei unseren Filmabenden vom Esstisch aus zu, wo ich mir die Nähmaschine aufgebaut hatte und nach und nach einen Wäscheberg an den Nähten zerrissener und knopfloser Kleidung abarbeitete.
Ces schien das ungemein witzig zu finden. „Das ist doch Frauenarbeit“, lachte er.
„Abgesehen davon, dass du für diesen Satz geteert und gefedert werden solltest – was glaubst du, was ich bin?“, fragte ich eisig.
„Eine Amazone.“
„Ach, und mein Yashta-Kleid habe ich mir einfach von einem Haselbäumchen geschüttelt, oder was?“
Offenbar keineswegs märchenfest sah er mich verständnislos an. „Jetzt mach dich nützlich und leg die T-Shirts zusammen oder geh mir zumindest aus dem Bild. Gleich kommt die Stelle, wo Cosmo Caroline aus den Händen des Moddermonsters befreit, das die Dschungelguerillas beschworen haben. Die will ich nicht verpassen.“
Derart ruppig zur Ordnung gerufen faltete Ces beleidigt ein paar Oberteile, um sich dann so schnell wie möglich nach nebenan ins Billardzimmer zu den anderen Männern zu verziehen, die wohlweislich die Flucht vor Steve ergriffen hatten.
Eine Viertelstunde später war der Film zu Ende, aber ich starrte immer noch auf den Screen, der das Disk-Menü zeigte, begleitet von einer nervenzerrenden, halbminütigen Endlosschleife spannungsheischender Musik. Sian, Ginger und Priska hatten das Feld geräumt, ohne sich für das Abschalten der MultiM-Station verantwortlich zu fühlen. In der Hand hatte ich Knopf und Gegenknopf einer Lederjacke, im Kopf überhaupt nichts.
„Was ist los?“, riss mich Theresa aus meiner unfreiwilligen Meditation und stoppte die Kakophonie, indem sie auf die Fernbedienung drückte.
„Keine Ahnung. Oder, doch.“ Ich seufzte. „Heute haben wir die letzten Clanangehörigen besucht.“
Sie lächelte mich traurig an, zog einen der Stühle unter der Tischplatte hervor und setzte sich mir gegenüber. „Niemand hat ihn gesehen?“
Ich verneinte. „Das heißt, ich werde mir morgen die Siedlung vornehmen.“
„Das ist gut.“
„Ja, aber mein Problem ist, dass ich nicht weiß, wie ich die Bewohner genau befragen soll. Ich will ihnen ja nicht die gesamte Familiengeschichte auftischen. Aber ihn zu beschreiben wird nicht genügen … Es kann ja sein, dass er schon vor einem Jahr hier vorbeikam – wie sollen die Leute sich da an ihn erinnern können? Ich habe ja nicht mal ein Bild von ihm.“
Sie überlegte einen Moment, dann kam ihr eine Idee. „Lilja?“
Diese tauchte im Türrahmen des Billardraums auf. „Ja?“
„Hol bitte Stifte und Block. Du musst uns helfen.“
Ein paar Minuten später sah ich fasziniert zu, wie unter Liljas geschickter Hand ein Portrait auf dem Zeichenblock entstand, das sie mithilfe von Bleistift und Radiergummi nach meinen Angaben, sozusagen auf Zuruf, veränderte.
„Die Lippen etwas schmaler. Wie die von Sian“, präzisierte ich.
„Soll ich sie herholen?“, erbot sich Theresa, aber Lilja schüttelte den Kopf.
„Ich weiß ja, wie sie aussieht“, sagte sie nur knapp.
„Die Nase von Ezio.“
„So?“
„Ja, genau.“
„Die Augen dunkler. Wie die von …“, ich zögerte, „… Gio.“
Eine steile Falte erschien zwischen Liljas Augenbrauen und sie presste die Lippen zusammen, doch sie zeichnete ohne Unterbrechung weiter.
Nach einigen kleineren Anpassungen hatte sie die Skizze ins Reine gezeichnet und ich hielt ein nahezu perfektes Phantombild von Louis in meinen Händen.
„Wow“, sagte ich. „Du bist eine richtige Künstlerin! Vielen Dank!“
Sie lächelte nur ihr typisches, zurückhaltendes Lächeln, aber ich sah, dass mein Lob sie freute.
„Ich kann die Ähnlichkeit nicht beurteilen, aber es ist phantastisch, Lilja“, meinte Theresa. „Ich bin jedes Mal wieder beeindruckt, wie du das hinkriegst. Sie nimmt den Stift in die Hand und mit ein paar Strichen skizziert sie ein ganzes Leben“, wandte sie sich an mich.
„Hast du das studiert?“, erkundigte ich mich.
„Ich wollte, aber der Verfall kam mir dazwischen. Und gut malen können ist nicht die Art von Talent, die einem weiterhilft, wenn man versucht, da draußen zu überleben.“ Ein Schaudern
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