Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
aufgepasst hätte, hätte sie jetzt diese Verletzung.“
„Wie willst du sie beschützen, wenn du nicht mal auf dich selbst aufpassen kannst?!“
Jetzt reichte es. Ohne ein weiteres Wort griff ich mir meine Reisetasche, die Handtücher und mein Schwert und stampfte davon.
„Ell?“, fragte Will.
„Ell!“, rief Ces.
„Schlagt euch die Köpfe ein oder duelliert euch meinetwegen im Morgengrauen, aber lasst mich da raus. Gute Nacht“, schnaubte ich über meine Schulter hinweg. Und zu meinem – aber definitiv auch zu ihrem Glück sahen sie davon ab, mir hinterherzulaufen. Wütend und erschöpft stolperte ich durch die dunkle Ausstellungshalle, bis ich am Ende des Gangs vor zwei über Eck verlaufenden, von innen beleuchteten Vorhängen mit Apfelmuster zum Stehen kam. In Ermangelung einer Tür klopfte ich an die Wand des Zimmers nebenan.
„Ja aa?“, ertönte Nias Stimme.
Ich hörte Schritte, dann schob Chiara den Stoff ein Stück zurück. „Ah, du bist es. Brauchst du irgendwas?“
„Kann ich heute hier schlafen? Diese Idioten können sich nicht einigen, ob ich schon groß genug bin, ein eigenes Zimmer zu bewohnen oder nicht.“
„Klar, komm rein.“ Sie hielt mir den Vorhang auf und ich trat ein. Die beiden teilten sich eine gemütliche kleine Wohnung im Kolonialstil mit echten Fenstern und Küchen- und Badattrappen, die zwischen den beiden Haupträumen lagen. Nia saß auf dem Ledersofa und hatte die Beine auf einem dunkelgebeizten Couchtischchen abgelegt.
„Ich kann mir auch was Eigenes suchen, aber ich hatte Angst, dass ich dann mindestens einen von den beiden wieder an der Backe habe …“, erklärte ich entschuldigend.
„Pah“, machte Nia. „'Shimet.“
„Naja, wahrscheinlich meinen sie es nur gut –“ Ich erstarrte. „Was hast du gesagt?“
„Männer.“ Sie rollte mit den Augen. „Hauptsache, sie können sich profilieren.“
Ich betrachtete sie zum ersten Mal genauer. Ihre Lederhose hatte denselben Schnitt wie meine, war aber sehr viel abgetragener. Die Stiefel waren von der Art, wie sie in Themiskyra hergestellt wurden, jedoch anders besohlt. Nias Arme waren schlank, aber muskulös, stark genug, um einen Bogen zu spannen oder ein Schwert zu führen.
Zufälle.
Vielleicht.
Langsam stellte ich meine Tasche auf dem Boden ab und sah mich auf der Suche nach einem Indiz im Raum um, das meine Vermutung bestätigte.
„Hübsch, nicht?“ Chiara lächelte mich an. „Möbelserie Hazienda. Erstklassige Hölzer und Materialien, sorgfältig verarbeitet, sorgen für warme Wohnlichkeit in zeitlosem Design. Entschuldige, ich habe die Zettel mit den Produktinformationen erst vor ein paar Wochen abgeschnitten und sie davor mindestens dreimal täglich gelesen.“
„Jep, ich musste nur zwei Jahre auf sie einreden und schon hat sie sie abgemacht“, ergänzte Nia in leicht spöttischem Tonfall.
Ich nickte nur abwesend, während ich quer durchs Zimmer marschierte. Auf der Anrichte zwischen den Fenstern hatte etwas meine Aufmerksamkeit erregt – ein Schwert. Es mochte Chiara gehören, aber das würde die Angelegenheit nicht weniger seltsam machen, denn als ich meines danebenlegte, sah ich, dass die Form zu hundert Prozent übereinstimmte. Die Muster am Knauf waren andere, aber das kleine, sternförmige Symbol, das knapp über dem Heft eingeschlagen war, war bei beiden Schwertern das gleiche. Clonies Zeichen. Ich schloss für einen Moment die Augen. Heimweh drohte, mich zu übermannen, doch dann wandte ich mich mit einem Ruck um.
Nia und Chiara blickten mich zweifelnd an, ich hatte offenbar nicht so reagiert, wie es angebracht gewesen wäre. Vielleicht hatte auch eine von den beiden irgendetwas gesagt, das ich überhört hatte.
„Du bist wahrscheinlich ziemlich erledigt“, meinte Chiara schließlich mitleidig. „Du kannst hier oder in meinem Zimmer auf dem Sofa schlafen.“
„Wie es euch lieber ist. Ich möchte keine Umstände machen.“
„Das macht überhaupt keine Umstände. Setz dich erst mal, ich hole dir eine Decke von draußen.“
Nachdem Chiara hinter dem Vorhang verschwunden war, sagte ich vorsichtig zu Nia: „Ich glaube, wir sind Kundinnen bei derselben Schmiedin.“
Sie runzelte die Stirn und warf einen schnellen Blick auf die beiden nebeneinander liegenden Schwerter. „Wohl kaum“, erwiderte sie kühl und stand auf. Mit einer resoluten Geste nahm sie ihres und legte es ins Regal auf die Pseudobücher.
Ich zermarterte mir mein Gehirn, ob ich ihren Namen schon mal gehört
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