Themsen, V: Elfenzeit 17: Korsar der Sieben Stürme
unauffällig verhalten hat.«
Pirx nickte nachdrücklich.
Abermals durchquerten sie den Komplex, den sie als Erstes betreten hatten, reisten dann als blinde Passagiere in einem Taxi mit, das zur Orchard Road fuhr, und durchstreiften dort mehrere Einkaufspassagen und Läden. Danach suchten sie Ngee Ann City ab und ließen sich von dort zum Raffles City Shopping Center weiterleiten. Es war unglaublich, dass in einer Stadt genug Leute sein sollten, um all diese Händler Gewinn machen zu lassen, aber irgendwie schien es zu funktionieren. Allerdings gewannen die Kobolde den Eindruck, als könne inmitten all dieser Wunder die Prinzessin doch nicht so viel Aufmerksamkeit erregt haben wie erhofft: Wen auch immer sie auf ihrem Streifzug durch die Einkaufsviertel der Stadt nach Rian fragten, schüttelte nur den Kopf, hob Hände oder Lefzen oder machte eine andere verneinende Geste.
Im Raffles Center machte ein Passant sie schließlich darauf aufmerksam, dass sie die zweitgrößte Mall noch nicht besucht hätten, die Suntec City Mall. Erschöpft sahen die beiden Kobolde sich an. Ihre Augen waren übervoll von all dem, was sie gesehen hatten, ihre Ohren dröhnten, die Füße schmerzten, und die Sehnsucht nach ein bisschen Ruhe stand ihnen jeweils ins Gesicht geschrieben.
»Für Rian«, murmelte Grog schließlich.
Pirx nickte. »Für Rian.«
Sie setzten sich in ein Taxi und hauchten dem Fahrer in den Nacken. Der Mann schauderte und sah sich mit weiten Augen um.
»Drecksklimaanlage«, murmelte er dann, rieb sich seinen Nacken und drehte zugleich an einigen Knöpfen.
»Suntec City Mall«, wisperte Pirx an seinem Ohr. »Suntec City Mall …«
»Da gibt es bestimmt mehr Kunden als hier«, ergänzte Grog mit einem tiefen Flüstern.
»Ach Mist«, fluchte der Mann. »Und heute ist auch echt gar nichts los. Ich glaube, ich versuch’s mal drüben in Suntec City.«
Sprach’s, ließ den Motor an und fuhr los, ohne auf das verdutzte Gesicht einer Kundin zu achten, die gerade in sein Auto hatte einsteigen wollen.
Pirx und Grog grinsten einander an und klatschten lautlos die Hände aneinander. Wenige Minuten später hatten sie ihr Ziel erreicht.
Zuerst schien es, als wäre ihnen in diesem ebenfalls unglaublich großen Einkaufszentrum wieder kein Glück beschieden. Schließlich ließen sie sich erschöpft auf dem Platz vor einem der Eingänge nieder und starrten ratlos zu den Hochhäusern hinauf. Doch gerade als der Himmel endgültig dunkel wurde und die bunten Lichter voll zur Geltung brachte, die alle Bauten beleuchteten oder umgaben, sah Pirx plötzlich eine dunkelhäutige junge Frau in einem engen Kleid. Es bestand aus etwas, das wie silberschuppige Fischhaut wirkte und ihre Körperformen recht vorteilhaft zur Geltung brachte. Allerdings erregte sie seine Aufmerksamkeit nicht durch ihre Kleidung oder ihr seidiges, knielanges schwarzes Haar, sondern durch das, was sie auf dem Kopf trug.
Pirx fasste Grogs Arm und deutete auf die Fremde. »Die hat Rians Mütze auf!«
Sie war es unzweifelhaft, denn das charakteristische Muster des Kunstpelzbesatzes, über den die Frau immer wieder strich, gab es nur einemmal.
Die Kobolde mussten keine Worte wechseln, um wie auf Kommando aufzuspringen und auf die nichts ahnende Passantin zuzustürzen. Pirx sprang zwischen ihre Beine, sodass sie stolperte und fiel, und Grog setzte sich postwendend auf ihren Bauch. Rians Mütze war der Frau bei dem Sturz vom Kopf gefallen. Pirx sammelte sie auf und ließ sie vor ihrem Gesicht baumeln.
»Woher hast du diese Mütze?«, fragte er quietschend.
Die Verwirrung der Frau legte sich schnell und machte einem berechnenden Ausdruck Platz. »Was bekomme ich dafür, wenn ich es dir sage?«
»Keinen weiteren Ärger«, antwortete Grog grimmig und pikste ihr in den Bauch.
Die Fremde zuckte zusammen und hob die Hände. »Also gut, also gut. Die Orang-Laut-Hexe hat sie mir gegeben, damit ich ein paar Tage auf ihren Laden aufpasse, während sie mit ihrem Sohn auf Spritztour ist.«
»Orang-Laut-Hexe? Wo ist sie? Und wo hatte sie die Mütze her?«
»Keine Ahnung, woher die Mütze stammt, aber die alte Schachtel ist vor drei Tagen runter zum Kreuzfahrthafen, übrigens recht eilig. Ich glaube, jemand hat sie da abgeholt. Vielleicht wissen die Hafenleute mehr.«
Pirx seufzte. Am Kreuzfahrthafen hatte ihre Suche begonnen.
»Du hast nicht zufällig auch eine große, hellhäutige Elfe mit kurzem blondem Haar und violetten Augen gesehen? Sie hatte ein Kleid mit
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