Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition)
der Einzige.«
Zwölf
Am Dienstagmorgen kehrte Percy Dixon im Triumph in die Schule zurück. Theo wusste sofort, dass etwas im Gange war, als er sein Fahrrad wie üblich abstellen wollte und vor der Schule einen Übertragungswagen des Fernsehens entdeckte. Tatsächlich fuhr kurz darauf ein Kombi vor. Percys Mutter parkte den Wagen, holte einen Rollstuhl heraus, und dann begann die Parade zum Eingang der Schule. Percys Bein ruhte auf einer Stütze und war dick in weiße Mullbinden gewickelt. Vor dem Gebäude warteten seine Lehrer und Freunde, und seine Mutter rollte ihn in die Schule, als wäre er als Held aus dem Krieg zurückgekehrt. Ein Reporter und ein Kameramann folgten der kleinen Prozession, um die braven Bürger von Strattenburg über diese brandaktuelle Entwicklung auf dem Laufenden zu halten.
Theo verfolgte die Vorgänge aus der Ferne und wusste nicht recht, wer das Rampenlicht mehr genoss, Percy oder seine Mutter. Percy hatte die Schlange attackiert, und Theo war dafür suspendiert worden. Das fand er nach wie vor ungerecht.
Den ganzen Tag lang stolperte Theo immer wieder über Percy, wie er durch die Gänge rollte, in der Cafeteria saß oder über den Schulhof geschoben wurde. Dabei war er stets von Bewunderern umgeben, die an seinen Lippen hingen, wenn er wieder und wieder seine nahezu tödliche Begegnung mit der Mokassinschlange schilderte, wobei das Reptil von Stunde zu Stunde größer und bösartiger wurde.
Manche Schüler gaben Theo die Schuld an der Katastrophe, aber die meisten wussten, wie es wirklich gewesen war. Die wenigsten glaubten Percy, trotzdem stand er im Mittelpunkt.
Theo quälte sich durch den Tag und versuchte, das Theater zu ignorieren. Manchmal wünschte er sich, die Schlange hätte Percy direkt zwischen die Augen getroffen.
Nach dem Schlussgong fuhr Theo so schnell wie möglich zu Boone & Boone , wo er sich in sein Büro zurückzog, um seine Hausaufgaben zu machen. Seine Eltern waren beide in ihren Büros und hatten die Tür geschlossen, was bedeutete, dass sie Mandantengespräche führten. In der gesamten Kanzlei herrschte stille Geschäftigkeit. Theo brauchte für seine Hausaufgaben nicht einmal eine Stunde. Es hatte angefangen zu regnen, sodass er nicht nach draußen konnte, und bald fing er an, sich zu langweilen.
Aus reiner Neugier begann er, im Internet nach Berichten über die Umgehungsstraße am Red Creek zu suchen. Davon gab es mehr als genug– alte Zeitungsartikel, Karten, Studien, wütende Leserbriefe. Er stieß sogar auf eine Website, die von einer aggressiv auftretenden Gruppe von Gegnern des Projekts betrieben wurde, die alle erdenklichen Informationen über das Projekt sammelten und einstellten. Die meisten Äußerungen waren natürlich negativ, aber er fand mehrere Beiträge aus Unternehmerkreisen, denen zufolge die Umgehungsstraße absolut notwendig war.
Nachdem er eine Stunde lang im Internet gesurft hatte, wurde ihm erneut langweilig. Es regnete noch heftiger, Judge döste vor sich hin, seine Eltern saßen immer noch hinter geschlossenen Türen in ihren Büros. Er wanderte durch den Abstellraum und folgte dem schmalen Gang zur Küche, wo er nach Essbarem Ausschau hielt. In der Kanzlei war es geradezu ein Sport, sich Essen der anderen zu » borgen«, und Theo war oft der Hauptverdächtige. Heute sah er allerdings nichts von Interesse.
Elsa saß nicht an ihrem Schreibtisch, was nur selten vorkam. Manchmal erledigte sie am späten Nachmittag, wenn keine Mandanten mehr erwartet wurden, Besorgungen, und wahrscheinlich war sie nur schnell vor die Tür gegangen. Ihr Schreibtisch stand im Empfangsbereich, damit sie die Tür bewachen konnte. Wer Boone & Boone betrat, bekam es zuerst einmal mit Elsa zu tun, die mit militärischer Strenge regierte. Sie hatte alle Termine im Kopf: die der Rechtsanwälte Boone , die von Anwaltsgehilfe Vince und Immobiliensekretärin Dorothy und sogar die von Nachwuchsanwalt Theo. Irgendwie konnte Elsa sich alle Besprechungen, Gerichtsverhandlungen, Arzt- und Zahnarzttermine, Geburtstage und überhaupt alles merken. Ihr entging nichts.
Theo fragte sich, wer bei seinem Vater war. Woods Boone war ein Immobilienanwalt, der praktisch nie vor Gericht erschien und nur selten Mandanten bei sich hatte. Mindestens acht Stunden am Tag saß er an seinem Schreibtisch, rauchte seine Pfeife, wälzte Akten, setzte Verträge auf, recherchierte und telefonierte. Theo fand die Art von Recht, auf die sich sein Vater spezialisiert hatte, ziemlich
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