Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition)
sich hüten, das zuzugeben. Er verschränkte die Arme vor der Brust und biss die Zähne zusammen. » Ich habe versprochen, das nicht zu verraten.«
Das funktionierte immer, weil beide Eltern wussten, wie wichtig Diskretion war.
» Du hast doch nicht in der Kanzlei herumgeschnüffelt?«
Theo spielte den Überraschten. » Nein, Dad. Ich schnüffle nicht in der Kanzlei herum.«
Das war bestenfalls eine Halbwahrheit, und das wusste er so gut wie sein Vater. » Jemand hat mir davon erzählt«, sagte er, um wenigstens etwas zur Aufklärung beizutragen.
» Und was hat dir dieser Jemand noch erzählt?«, fragte Mr. Boone .
Es nutzte Theo nichts, wenn er weitere Informationen lieferte. » Das ist alles. Sonst nichts.«
Dass sein Vater offenkundig beunruhigt war, bestätigte nur, dass an der Geschichte von Joe Ford und dem Kuhhandel etwas dran war, aber Theo beschloss, die Sache auf sich beruhen zu lassen. » Fast Ford« hatte der Kanzlei das Mandat entzogen, und Theo freute sich insgeheim, dass Boone & Boone nichts mehr mit dieser zwielichtigen Gestalt zu tun hatte. Und er hegte den Verdacht, dass er nicht der Einzige war. Theo hatte das Gefühl, dass seine Mutter auf seiner Seite stand. Sie hatte nichts für örtliche Bauunternehmer übrig, die immer mehr Land an sich rissen, um Einkaufszentren und Eigentumswohnanlagen zu errichten. In der Kanzlei und zu Hause waren mehrfach bissige Bemerkungen und Andeutungen gefallen, die keinen Zweifel daran ließen, dass Mrs. Boone auf einige von Mr. Boones Mandanten gern verzichtet hätte. Das war nicht für Theos Ohren bestimmt gewesen, aber es gab nur wenig, was Theo entging.
» Weißt du, Dad«, sagte Theo, » es tut mir echt leid, aber ich habe mich nicht darum gerissen. Bestimmt nicht darum, dass Judge etwas zustößt. Nicht um die Verhandlung gestern. Nicht um ein Foto auf der Titelseite. Das Ganze ist einfach passiert, und wenn sich Mr. Ford darüber ärgert, tut es mir leid. Ehrlich gesagt, finde ich es übertrieben, unserer Kanzlei das Mandat zu entziehen.«
» Unserer Kanzlei?«
» Immerhin trägt sie meinen Namen.«
Mr. Boone grinste und schien sich wieder beruhigt zu haben. Theo hatte den Verdacht, dass er gar nicht so sehr bedauerte, Joe Ford als Mandanten verloren zu haben.
» Geh und mach deine Hausaufgaben fertig«, sagte er und stand auf.
» Wird erledigt, Dad.«
Neunzehn
Theo lernte gerade mit großem Eifer seine spanischen Verben, als es an seiner Tür klopfte. Es war Hardie. Er kam herein, kraulte Judge den Kopf und sagte ein paar Worte zu ihm.
» Theo, hast du eine halbe Stunde Zeit?«, fragte er dann.
An einem normalen Nachmittag musste Theo sich zwar in der Kanzlei melden, konnte dann aber tun und lassen, was er wollte, solange er seine Hausaufgaben gemacht hatte.
» Natürlich? Was gibt es denn?«
» Nimm dein Rad, es sind ungefähr zehn Minuten. Ich will dir was zeigen.«
» Was denn?«
» Das ist eine Überraschung.«
Acht Minuten später hielten sie vor einem alten Backstein-Lagerhaus im Viertel Delmont, in der Nähe vom Stratten College. Die meisten Lagerhäuser schienen verlassen zu sein, aber zur Straße hin gab es mehrere Büros. Über einem hing ein Schild mit der Aufschrift » Umweltbeirat von Stratten County«.
» Hier ist es«, sagte Hardie. Hinter der Eingangstür erwartete sie ein langer, breiter Raum mit hohen Balken, unverputzten Ziegelwänden und einem Betonboden, der dringend gefegt werden musste. Auf Tischen und Schreibtischen standen Unmengen von Computern, an den Wänden waren Luftaufnahmen und Karten befestigt. Außerdem gab es mindestens ein halbes Dutzend Hunde. Offenbar konnte man beim Umweltbeirat seinen Hund mit zur Arbeit bringen. Das Büro summte vor Energie, und die Mitarbeiter waren jung. Viele Bärte und Flanellhemden zu verblichenen Jeans.
Reverend Charles Quinn, Hardies Vater, war in ein ernstes Gespräch vertieft, als er Theo entdeckte.
» Theo Boone , unser Mann!«, sagte er laut.
Das hörten die anderen, und ehe er wusste, wie ihm geschah, wurde Theo zu einer breiten Wand geführt oder vielmehr bugsiert. Dort hing das Foto aus der Morgenzeitung, nur in vielfacher Vergrößerung. Es war riesig, überlebensgroß, und Theo konnte nur staunen, als er feststellte, dass er und sein Hund eine ganze Wand einnahmen. Seine Worte » … die Umgehungsstraße und die damit verbundenen kriminellen Machenschaften bekämpfen zu wollen« standen in fetten Lettern über dem Foto. Während Theo noch die Wand anstarrte,
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