Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition)
darauf, aus einer Geschichte so viel wie möglich herauszuholen. Wenn es in der Stadt ein heißes Eisen gibt, ist Norris Flay zur Stelle.«
» Ist das nicht sein Job?«
» Ja, natürlich. Aber es stimmt nicht alles, was er von sich gibt.«
Theo öffnete die Hintertür und holte den Hund herein. Judge wollte sein Frühstück. Theo füllte zwei Schalen mit Cheerios und stellte eine davon auf den Boden neben seinem Stuhl.
Mrs. Boone nippte an ihrem Kaffee. » Dein Vater ist nicht begeistert. Er will nicht, dass du in den Streit um die Umgehungsstraße verwickelt wirst.«
» Ich wusste nicht, dass ich etwas damit zu tun habe.«
» Jetzt offenbar schon. Jeder kann auf der Titelseite lesen, dass du gegen das Projekt kämpfen willst.«
» Warum interessiert sich Dad dafür?«
» Weil das eine schmutzige politische Auseinandersetzung ist, bei der du als Kind nichts zu suchen hast.«
» Mom, soll ich etwa klein beigeben?«
» Was hast du vor, Theo?«
» Bisher noch gar nichts.« Theo nahm einen Löffel voll Cheerios und kaute lautstark darauf herum. » Kennst du einen gewissen Joe Ford?«, fragte er und schluckte.
» Ja, Mr. Ford ist ein langjähriger Mandant unserer Kanzlei. Dein Vater war häufig für ihn tätig. Warum fragst du?«
» Es gibt Gerüchte, dass er sich unter der Hand eine Kaufoption auf achtzig Hektar direkt an der Kreuzung von Sweeney Road und Umgehungsstraße gesichert hat. Wenn die Umgehungsstraße genehmigt und gebaut wird, wird sich Mr. Ford, der meines Wissens auch als ›Fast Ford‹ bekannt ist, bei der Erschließung des Landes eine goldene Nase verdienen.«
Mrs. Boone runzelte die Stirn und nickte, wusste aber nicht recht, wie sie reagieren sollte.
Theo war noch nicht fertig. » Und es gibt noch ein Gerücht, eigentlich ist es mehr als ein Gerücht. Es ist Tatsache, dass Mr. Ford die letzte Wahlkampagne des Gouverneurs großzügig finanziell unterstützt hat. Für mich sieht das so aus, als würde Mr. Ford dem Gouverneur Geld geben, und der setzt sich dann für die Umgehungsstraße ein, damit Mr. Ford noch mehr Geld verdient, von dem er dem Gouverneur wieder etwas abgibt. Klingt das plausibel, Mom?«
» Würde mich nicht überraschen.«
» Wenn das stimmt, finde ich das ziemlich mies.«
» Es ist nicht illegal«, erwiderte sie, was Theo ziemlich schwach fand.
» Aber findest du nicht, dass es mies klingt?«
» Schon irgendwie, ja.«
» Und warum haben wir damit zu tun?«
» Wir?«
» Ja. Warum vertritt unsere Kanzlei zwielichtige Mandanten?«
» Unsere Kanzlei? Seit wann bist du denn Partner?«
» Immerhin trägt sie meinen Namen«, erwiderte Theo und grinste seine Mutter an, dass die Zahnspange blitzte.
» Theo, das haben wir doch schon besprochen. Jeder hat das Recht auf einen Anwalt, und als Rechtsanwälte können wir uns unsere Mandanten nicht immer aussuchen. Oft ist es so, dass unsere Mandanten sich nicht richtig verhalten oder etwas Unrechtes getan haben, deswegen brauchen sie uns ja. Ein Anwalt darf nicht über seinen Mandanten urteilen. Wir müssen ihm helfen.«
» Ich werde keine Verbrecher vertreten«, sagte Theo und schaufelte eine weitere Ladung Cheerios in den Mund.
Seine Mutter zog die Augenbrauen zusammen. » Hör bitte auf, Mr. Ford als Verbrecher zu bezeichnen.«
» Habe ich ja gar nicht«, erwiderte Theo kauend. » Ich habe nur gesagt, dass ich keine Verbrecher vertreten werde, wenn ich erst Anwalt bin.«
Mrs. Boone holte tief Luft und beschloss, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Theo hatte ebenfalls genug von dem Thema. Schweigend beendeten er und Judge das Frühstück.
Im Klassenzimmer gab Mr. Mount die Morgenzeitung herum. Theo wunderte sich oft darüber, wie wenige seiner Klassenkameraden sich für die Zeitung interessierten, und tatsächlich hatte keiner der anderen fünfzehn Jungen den Artikel vollständig gelesen. Einige hatten ihn im Internet überflogen. Dass Judge fast zu Tode geprügelt worden wäre, war die ganze Woche lang eifrig diskutiert worden, und die Klasse brannte darauf, mehr über die Verhandlung am Tiergericht zu erfahren. Der Bericht auf der Titelseite und das Foto wurden eingehend betrachtet und ausführlich diskutiert. Theo versuchte, die Sache herunterzuspielen, genoss es jedoch insgeheim, auf der Titelseite zu stehen. Woody, der immer etwas zu sagen hatte, trug seine Version der Verhandlung vor, die sich– wie nicht anders zu erwarten– von Theos Geschichte unterschied.
Woodys Eltern hatten Gino Gordon, den einzigen
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