Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition)
sich in aller Eile ihre Namen. Dann legte er die Mappe dorthin zurück, wo er sie entdeckt hatte, und lief in sein Büro. Wenn er sie noch einmal brauchte, wusste er, wo er sie finden konnte.
Er schloss die Hintertür zu seinem Büro ab und radelte nach Hause. Oben in seinem Zimmer, allein mit Judge und hinter verschlossener Tür, öffnete er seinen Laptop und begann, das Telefonbuch zu durchforsten. Bald hatte er Anschriften, Telefonnummern und E-Mail-Adressen von Coyle, Malzone und Kyzer gefunden, die alle entweder in Strattenburg oder im County lebten. Theos Recherchen zu Coyle ergaben, dass dieser sechs Monate zuvor von einem Geschäftspartner verklagt worden war. Theo machte sich eine Notiz, dass er die Akte im Gericht einsehen wollte. Eine Google-Suche nach Mr. Kyzer förderte eine kürzlich in einem örtlichen Wirtschaftsmagazin veröffentliche Reportage über ihn und seine Tankstellenkette zutage, bei der ein Ölwechsel zwanzig Dollar kostete und erledigt wurde, während der Kunde auf das Auto wartete. Er war vierzig Jahre alt, und zu seinen Hobbys zählten unter anderem Hubschrauber und Entenjagd.
Zu Stu Malzone war auf Anhieb nicht viel zu finden, aber ein kurzer Beitrag in einer alten Ausgabe der Strattenburger Gazette rundete das Bild ab. Es war eine vier Jahre alte Verlobungsanzeige. Stu Malzone, dreiundzwanzig, hatte sich verlobt mit Belinda Stak, einundzwanzig, Tochter von Mr. Mitchell Stak. Die beiden jungen Leute studierten am Stratten College. Das Verlobungsfoto zeigte ein lächelndes Paar, das jünger aussah, als es eigentlich war.
Theo sah im Telefonbuch nach, um zu bestätigen, was ihm eigentlich schon klar war: In Strattenburg gab es nur einen einzigen Mitchell Stak.
Ihm drehte sich der Kopf, als er versuchte, die Fakten zu ordnen. Der schnelle Joe Ford kaufte insgeheim Land, um damit reich zu werden, wenn die Umgehungsstraße gebaut wurde. Dazu hatte er PLT gegründet, weil er nicht persönlich in Erscheinung treten wollte. Der fünfköpfige Verwaltungsrat des County entschied darüber, ob die Umgehungsstraße gebaut wurde oder nicht. Der engagierteste Befürworter unter den fünf Mitgliedern war Mitchell Stak. Dessen mittlerweile siebenundzwanzig Jahre altem Schwiegersohn hatte Joe Ford eine zwanzigprozentige Beteiligung an PLT zugeschustert, und zwar so, dass es nicht auf den ersten Blick ersichtlich war. Auf dem Papier war eine zwanzigprozentige Beteiligung vierhunderttausend Dollar wert, und zwar bevor Joe Ford mit der Erschließung des Landes begann. Es war davon auszugehen, dass diese zwanzig Prozent weit mehr wert sein würden, wenn Joe Ford die Gegend plattgemacht und mit Motels, Ladenstraßen, Fastfood-Restaurants und Parkplätzen zugepflastert hatte.
Plötzlich spürte Theo einen Klumpen im Magen, ein unangenehmes Pulsieren, von dem ihm schlecht wurde. Er ging ins Bad, spritzte sich Wasser ins Gesicht und sagte ein paar Worte zu Judge, der völlig unbeschwert wirkte.
Eine Stunde später lag Theo auf seinem Bett und starrte an die Decke, Die Abenteuer des Tom Sawyer lagen aufgeschlagen, aber völlig vergessen auf seiner Brust. Er hatte nicht einen einzigen Absatz geschrieben.
Er dachte über seinen Vater nach. Woods Boone war ein angesehener Anwalt, der großen Wert auf Ethik und professionelles Verhalten legte. Er sah auf andere Anwälte herab, die es mit den Vorschriften nicht so genau nahmen und sich deswegen Ärger einhandelten. Er saß in Ausschüssen der Anwaltskammer, die ein ordnungsgemäßes Verhalten von Anwälten fördern sollten. Und so weiter und so fort. Wie konnte sein Vater in so ein zwielichtiges Geschäft verwickelt sein? Er hatte die Unterlagen für die Gründung von PLT vorbereitet und Joe Ford jahrelang vertreten. In der Familie hatte sich Mr. Boone sogar für die Umgehungsstraße ausgesprochen.
Theo musste einräumen, dass sein Vater Stu Malzone wahrscheinlich nicht kannte. Vermutlich war er ihm nie begegnet. Vielleicht kannte er auch Coyle und Kyzer nicht persönlich. Theo musste einfach glauben, dass sein Vater ausschließlich für Joe Ford gearbeitet und die Anweisungen seines Mandanten ausgeführt hatte. Daran klammerte er sich, aber seine Entdeckung beunruhigte ihn trotzdem.
Niemand hatte eine Straftat begangen, nicht Joe Ford und ganz bestimmt nicht Mr. Boone . Trotzdem war etwas faul. Wenn ans Licht kam, dass ein Angehöriger von Mr. Stak finanziell in großem Umfang von der Genehmigung der Umgehungsstraße profitierte, würde das Mr. Stak
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