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Theo Boone und der unsichtbare Zeuge

Theo Boone und der unsichtbare Zeuge

Titel: Theo Boone und der unsichtbare Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Vielleicht später, vielleicht nie. Lasst mich kurz nachdenken.« Damit erhob er sich langsam und ging zu dem Fenster hinter dem massiven Schreibtisch am anderen Ende des Raumes. Er blieb einen Augenblick lang stehen und sah nach draußen, obwohl dort nicht viel zu sehen war. Er schien vergessen zu haben, dass es ein paar Türen weiter einen Sitzungssaal voller Menschen gab, die gespannt auf ihn warteten.
    » Wie habe ich mich geschlagen?«, flüsterte Theo seiner Mutter zu.
    Sie lächelte und tätschelte ihm den Arm. » Gut gemacht, Teddy. Vergiss nicht zu lächeln.«
    Der Richter saß wieder auf seinem Stuhl auf der anderen Seite des Tischs.
    Er sah Theo an. » Warum meldet sich diese Person nicht?«
    Theo zögerte. Wenn er zu viel sagte, verriet er vielleicht die Identität von Julios Cousin.
    Ike sprang ihm bei. » Der Zeuge ist ein illegaler Einwanderer, wie es hier so viele gibt. Im Augenblick ist er sehr verängstigt, was man ihm nicht verdenken kann. Wenn er irgendwie Lunte riecht, taucht er ab und verschwindet für immer und ewig.«
    » Er hat Angst, festgenommen zu werden, wenn er sich meldet.«
    » Und Theo hat dem Jungen versprochen, keinem was zu verraten«, setzte Ike hinzu.
    » Aber er findet es wichtig, dass das Gericht erfährt, dass ein wichtiger Zeuge bei der Verhandlung nicht zugegen ist«, ergänzte Mr. Boone.
    » Gleichzeitig will er die Identität des Zeugen schützen.« Das war Mrs. Boone.
    » Schon verstanden.« Richter Gantry sah auf die Uhr. » Zu diesem Zeitpunkt kann ich das Verfahren nicht aufhalten. Die Geschworenen stehen kurz davor, sich zur Beratung zurückzuziehen. Selbst wenn jetzt ein Überraschungszeuge auftauchen würde, wäre es schwierig, das Verfahren zu unterbrechen, um ihn aussagen zu lassen. Und wir haben noch nicht einmal einen Überraschungszeugen. Wir haben einen Phantomzeugen. Ich muss dem Verfahren seinen Lauf lassen.«
    Die Worte hallten im Raum und fielen wie Blei auf den Tisch. Theo musste ständig an Mr. Duffy denken, wie er selbstzufrieden inmitten seiner Anwälte saß, überzeugt davon, dass er mit einem Mord davonkommen würde.
    » Darf ich etwas vorschlagen?«, fragte Ike.
    » Natürlich, Ike. Ich kann jede Hilfe gebrauchen.«
    » Es heißt, das Gericht soll morgen, am Samstag, tagen, bis ein Urteilsspruch gefällt ist.«
    » Das ist richtig.«
    » Warum können die Geschworenen nicht bis Montag nach Hause gehen, wie bei den meisten Verfahren? Die können auch Montagmorgen noch mit ihrer Beratung beginnen. Das ist ein Prozess, keine Notoperation. So dringend ist die Sache nicht.«
    » Und was ist der Plan?«
    » Ich habe keinen. Aber das würde uns Zeit verschaffen, über diesen Zeugen nachzudenken. Vielleicht findet sich ein Weg, ihm zu helfen. Ich weiß nicht. Es kommt mir nur nicht richtig vor, so überstürzt ein Urteil zu fällen, vor allem, wenn es vielleicht falsch ist.«
    » Falsch?«
    » Ja. Ich war zeitweise bei der Verhandlung zugegen. Ich habe die Geschworenen beobachtet. Die Anklage hatte schwache Argumente, und die sind noch weiter erschüttert worden. Pete Duffy steht kurz vor einem Freispruch.«
    Richter Gantry nickte kaum merklich, so als wäre er derselben Ansicht, aber er sagte nichts. Er fing an, sich fertig zu machen. Er knöpfte seine Manschetten zu, rückte seine Krawatte zurecht, erhob sich und griff nach der schwarzen Robe, die neben der Tür hing.
    » Ich überlege es mir«, sagte er schließlich. » Danke für die, äh…«
    » Einmischung«, ergänzte Mr. Boone und lachte. Die Boones schoben ihre Stühle zurück und standen auf.
    » Nein, überhaupt nicht, Woods. So eine Situation habe ich noch nie erlebt. Aber jeder Prozess ist anders. Danke, Theo.«
    » Gerne, Euer Ehren.«
    » Seht ihr euch den Rest der Verhandlung an?«
    » Es gibt keine Plätze mehr«, erwiderte Theo.
    » Mal sehen, was ich tun kann.«

Siebzehn
    Als die Geschworenen ihre Plätze eingenommen hatten und im Sitzungssaal Ruhe eingekehrt war, richteten sich die Blicke auf Richter Gantry.
    » Mr. Nance, ich glaube, Sie haben noch einen Zeugen«, sagte er.
    Clifford Nance stand kerzengerade und setzte eine wichtige Miene auf. » Euer Ehren, die Verteidigung ruft Mr. Pete Duffy auf!«, verkündete er dramatisch.
    Die Spannung war plötzlich mit den Händen zu greifen, als der Angeklagte zum Zeugenstand ging. Endlich, nach vier langen Verhandlungstagen, würde der Angeklagte seine Version der Geschichte erzählen. Dabei riskierte er, dass ihm die Anklage Fragen

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