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Theo Boone und der unsichtbare Zeuge

Theo Boone und der unsichtbare Zeuge

Titel: Theo Boone und der unsichtbare Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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für den Mord. Diese Theorie wirkte zunehmend dürftiger.
    Dann wandte sich Mr. Nance der heiklen Frage der Eheprobleme der Duffys zu, und auch hier hielt sich der Zeuge gut. Er gab zu, dass es gekriselt hatte. Ja, sie hätten eine Eheberatung aufgesucht. Ja, sie hätten unabhängig voneinander Scheidungsanwälte konsultiert. Ja, sie hätten gestritten, wobei es aber nie zu Gewalttätigkeiten gekommen sei. Und ja, er sei einmal ausgezogen, für einen Monat, habe sich dabei aber so elend gefühlt, dass er danach erst recht entschlossen gewesen sei, die Ehe zu retten. Zum Zeitpunkt von Mrs. Duffys Tod seien sie miteinander glücklich gewesen und hätten Zukunftspläne geschmiedet.
    Das erschütterte die Theorie der Anklage noch weiter.
    Im Verlauf des Nachmittags kam Clifford Nance zum Thema Golf, das ausführlich behandelt wurde. Zu ausführlich, so zumindest Theos bescheidene Ansicht. Mr. Duffy behauptete steif und fest, er habe immer lieber allein Golf gespielt, und das schon seit Jahrzehnten. Mr. Nance holte eine Akte hervor, die– wie er dem Richter erklärte– die Scorekarten seines Mandanten aus den letzten zwanzig Jahren enthielt. Eine davon gab er dem Zeugen, der sie identifizierte. Sie war vierzehn Jahre alt und stammte von einem Golfplatz in Kalifornien. Er hatte einundachtzig Schläge gebraucht, neun über Par. Er hatte allein gespielt.
    Eine Scorekarte folgte auf die andere, und aus der Aussage wurde schnell eine Rundreise über die Golfplätze der Vereinigten Staaten. Pete Duffy spielte viel Golf! Er nahm seinen Sport ernst. Er bewahrte seine Unterlagen auf. Und er spielte allein. Duffy erklärte, dass er auch mit Freunden und Geschäftspartnern spielte, sogar mit seinem Sohn, wenn sich die Gelegenheit bot. Aber am liebsten spielte er eben allein, auf einem leeren Platz.
    Als die Tour beendet war, blieben kaum Zweifel, dass eine weitere Theorie der Anklage widerlegt war. Der Gedanke, dass Pete Duffy den Mord zwei Jahre lang geplant haben sollte und nur angefangen hatte, allein Golf zu spielen, um keine Zeugen zu haben, schien weit hergeholt.
    Vier Personen in diesem voll besetzten Sitzungssaal kennen die Wahrheit. Ich, Ike, mein Dad und Pete Duffy. Wir wissen, dass er seine Frau umgebracht hat, dachte Theo.
    Der Kerl steht kurz vor einem Freispruch, und uns sind die Hände gebunden. Das perfekte Verbrechen, dachte Ike.
    Wie können wir diesen geheimnisvollen Zeugen finden und dazu bringen, dass er aussagt, bevor es zu spät ist?, dachte Woods Boone.
    Die letzte Scorekarte stammte vom Tag des Mordes. Mr. Duffy hatte achtzehn Löcher gespielt, sechs Schläge über Par gebraucht, und er war allein gewesen. Selbstverständlich hatte er die Scorekarte behalten, damit sie auf Richtigkeit überprüft werden konnte.
    (Theo hatte schnell gelernt, dass beim Golf in die meisten Scorekarten alles andere als die tatsächliche Anzahl der Schläge eingetragen wird.)
    Die Miene von Mr. Nance verdüsterte sich, als er seinen Mandanten zum Tag des Mordes befragte, und sein Mandant ging gekonnt darauf ein. Mr. Duffys Stimme wurde leiser und klang belegt, als er schmerzerfüllt über den grausamen Tod seiner Frau sprach.
    Gleich fängt er an zu weinen, dachte Theo, obwohl auch er sich der Wirkung der Aussage nicht entziehen konnte.
    Pete Duffy unterdrückte die Tränen und beschrieb meisterhaft sein Entsetzen, als er die Nachricht erhielt, schilderte, wie er in seinem Golfcart nach Hause gerast war und dort die Polizei vorgefunden hatte. Die Leiche seiner Frau habe noch an Ort und Stelle gelegen, und bei ihrem Anblick sei er zusammengebrochen und habe die Hilfe eines Detectives benötigt. Später habe ihn ein Arzt untersucht und ihm Medikamente verabreicht.
    Was für ein Lügner, dachte Theo. Alles Show. Du hast deine Frau umgebracht. Es gibt einen Zeugen. Ich habe deine Handschuhe in der Kanzlei versteckt.
    Pete Duffy sprach davon, wie furchtbar es gewesen sei, ihre Familie, seine Familie und ihre Freunde anzurufen, die Beerdigung zu organisieren und durchzustehen. Er redete von seiner Einsamkeit. Von dem Leben in dem leeren Haus, in dem seine Frau ermordet worden war. Dem Gedanken daran, es zu verkaufen und wegzuziehen. Den täglichen Besuchen auf dem Friedhof.
    Dann schilderte er sein Entsetzen, als er in Verdacht geriet, beschuldigt, angeklagt, verhaftet und vor Gericht gestellt wurde. Wie konnte ihn jemand des Mordes an der Frau verdächtigen, die er liebte und anbetete?
    Schließlich brach er zusammen. Um

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