Theodor: The Theodor Story (Die Wiedergeburt) (German Edition)
zusammengefaltetes Papier aus ihrer Tasche. Der Verfärbung nach musste es schon sehr alt sein. „Ich habe Rom studiert“, bemerkte sie. „Und ich hatte durch Pater Adriano die besten und zuverlässigsten Quellen.“ Vorsichtig faltete sie das Papier auseinander. Eine detaillierte Skizze eines gewaltigen Bauwerkes kam zum Vorschein. „Das ist die konstantinische Basilika“, sagte sie, nachdem sie das Papier achtsam glatt gestrichen hatte. „Von Kaiser Konstantin im Jahre 324 auf dem Vatikanischen Hügel errichtet.“
Henriece konnte seine Bewunderung nicht zurückhalten. Trotz der ernsten Lage, in welcher er sich befand, entlockte es ihm ein Lächeln.
„Auf dem Vatikanischen Hügel fand irgendwann zwischen den Jahren 64 und 67 Apostel Petrus durch Kaiser Nero seinen Tod“, sprach Annemarie weiter. „Direkt unter der heutigen Kuppel befindet sich das Grab von Petrus. So wird es vermutet. Seit fünfundzwanzig Jahren finden Ausgrabungen unterhalb des Petersdomes statt. Gräber und Gassen sind freigelegt worden. Laut Überlieferungen hat Konstantin den Altar direkt über das Grabmal errichten lassen. Pater Adriano gab mir diese Skizze kurz vor seinem Tod. Wenn Sie genau hinsehen, bemerken Sie dünne Bleistiftstriche.“ Annemarie zeigte auf eine Stelle und fuhr mit dem Finger auf der Zeichnung entlang. „Er hat das heutige Bauwerk darüber gezeichnet und hier...“, sie deutetet auf eine gestrichelte Linie, die sich vom Eingang aus betrachtet linker Hand des Peterdoms befand, „hat er einen Weg angedeutet. Dort müssen wir hin.“
Vorsichtig fuhr Henriece die gestrichelten Linien entlang. Er zählte acht Richtungswechsel, bis sie die Mitte des Peterdoms erreicht hatte. „Konstantin ist die Verbindung zwischen Rom und Konstantinopel“ bemerkte er beiläufig und richtete seinen Blick auf Annemarie. „An was ist Pater Adriano gestorben?“ fragte er darauf. „Als wir uns begegneten, war er seinem Aussehen nach höchstens sechzig Jahre alt.“
„Das täuschte bei ihm sehr“, antwortete Annemarie. „Pater Adriano war weit über siebzig, als er eines natürlichen Todes starb. Zum Vatikan hatte er sehr gute Verbindungen und war eingeweiht in geheimes Wissen. Leider konnte er mir dieses Wissen nicht mehr weitergeben. Seine Hinterlassenschaft wurde der Kirche übergeben und somit aus meiner Reichweite.“
„Welche Tageszeiten müssen es sein, um eine exakte Messung zu erhalten?“
„Jede achte Stunde. Es werden Führungen in den Ausgrabungen angeboten. Wir sollten versuchen, uns einschließen zu lassen.“ Annemarie nahm das Messinstrument und tat es sorgfältig in die Schatulle zurück. „Die nächste Führung ist in drei Tagen. Bis dahin sollten wir nach diesem Frank Garden Ausschau halten. Dieser Mann kann uns anscheinend sehr gefährlich werden.“
„Frank Garden“, murmelte Henriece. „Kennen gelernt hatte ich ihn als einen gutmütigen und hilfsbereiten Menschen. Theodor ist im vollkommenen Besitz seiner Persönlichkeit. Frank Garden ist Theodors abgerichtete Marionette und nicht zu unterschätzen.“
„Ich weiß mich zu wehren“, sagte sie und zog einen kleinen Revolver aus ihrer Handtasche hervor. „Er wäre nicht der erste, den ich hiermit in die Flucht schlage.“
„Was haben Sie denn noch alles in Ihrer Schatztruhe?!“, entfuhr es Henriece verwundert. „Allmählich werden Sie mir unheimlich, Annemarie.“
„Mein Ziel ist es, die vier Säulen der Erde zu finden“, erwiderte sie todernst. „Die Säulen miteinander verbunden geben sehr viel Aufschluss über die Zukunft und über die wahre Herkunft der Menschheit. Nichts, aber auch gar nichts kann mich davon abhalten, mein lieber Henriece. Schon gar nicht ein besessener Frank Garden.“
Den Nachmittag investierten sie darin, ihr Wissen einander auszutauschen. Währenddessen nutzte Henriece die Gelegenheit, sich die Bilder in Annemaries Suite näher zu betrachten.
Der Maler musste ein Genie gewesen sein!
In detaillierter Perfektion wurden die Figuren und Landschaften dargestellt, welche aus dem antiken Zeitalter stammten. Aber keines der Bilder erweckte in ihm irgendwelche Gefühle. Auch darüber unterhielten sie sich und kamen zu dem Entschluss, dass sein Seelenleben sehr viel mit dem Mittelalter zu tun haben muss.
„Diese Begegnungen vergangener Nacht“, sagte er, als sie darüber sprachen, „waren so real, wie wir uns momentan gegenübersitzen.“
„Real und Fiktion“, entgegnete Annemarie. „Wir wissen beide, dass die
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