Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
thut, und ein Unterthan Der, welcher das, was der Gemeinschaft, folglich auch ihm nützlich ist, auf Befehl der höchsten Gewalt thut.
Damit glaube ich die Grundlagen des demokratischen Staates hinlänglich klar dargelegt zu haben, über den ich vorzüglich handeln will, da er der natürlichste scheint, und der, welcher der Freiheit, welche die Natur Jedem gewährt, am nächsten kommt. Denn in ihm überträgt Niemand sein natürliches Recht auf einen Anderen so, dass er niemals deshalb später gefragt zu werden braucht; sondern die Uebertragung geschieht an die Mehrheit der ganzen Gemeinschaft, von der er einen Theil bildet. So bleiben Alle sich gleich, wie in dem natürlichen Zustande. Ich habe ferner über diese Staatsform absichtlich handeln wollen, weil sie am meisten zu meinem Vorhaben passt, wonach ich über den Nutzen der Freiheit in der Republik handeln wollte. Ich werde also die Grundlagen der übrigen Staatsformen bei Seite lassen, und wir brauchen auch deren Recht nicht zu kennen und nicht zu wissen, wie und woher sie entstanden sind; denn aus dem hier Dargelegten gellt dies genügend hervor. Denn wer die höchste Gewalt hat, sei es Einer oder Einige oder endlich Alle , dem gebührt das Recht, zu gebieten, was ihm beliebt, und wer ferner seine Macht, sich zu vertheidigen, freiwillig oder gezwungen auf einen Anderen übertragen, der hat sein natürliches Recht ganz abgetreten und sich zu dem unbedingten Gehorsam verpflichtet, den er leisten muss, so lange der König oder die Edeln oder das Volk die höchste Gewalt, die sie empfangen, und welche die Grundlage der Uebertragung des Rechts war, sich erhalten. Mehr brauche ich nicht zu sagen.
Nachdem ich die Grundlage und das Recht der Staatsgewalt aufgezeigt, ist es leicht zu bestimmen, was das bürgerliche Recht des Einzelnen, was Unrecht, was Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit in dem bürgerlichen Zustande ist; ferner wer ein Verbündeter, wer ein Feind und was endlich das Verbrechen der verletzten Majestät ist. Unter dem bürgerlichen Recht des Einzelnen ist nur dessen Freiheit zu verstehen, sich in seinem Zustande zu erhalten, welche Freiheit durch die Erlasse der Staatsgewalt bestimmt und durch deren Macht allein vertheidigt wird. Denn nachdem ein Jeder sein Recht, nach seinem Belieben zu leben, wo nur seine Macht ihn beschränkte, d.h. seine Freiheit und Macht, sich zu vertheidigen, auf einen Anderen übertragen hat, so muss er nur nach dessen Willen leben und blos durch dessen Schutz sich vertheidigen. - - Unrecht ist es, wenn ein Bürger oder Unterthan von einem Anderen einen Schaden gegen das bürgerliche Recht oder das Gebot der Staatsgewalt zu erleiden gezwungen wird. Das Unrecht kann nur im bürgerlichen Zustand gedacht werden; auch kann es von der Staatsgewalt, der nach dem Recht Alles erlaubt ist, den Unterthanen nicht zugefügt werden; deshalb kann Unrecht nur zwischen den Einzelnen vorkommen, welche nach dem Recht sich gegenseitig nicht verletzen sollen. Die Gerechtigkeit ist der beharrliche Wille, Jedem das, was ihm nach dem bürgerlichen Recht zukommt, zu geben; Ungerechtigkeit ist es, wenn man unter dem Schein des Rechtes einem Anderen nimmt, was ihm nach dem wahren Sinn der Gesetze gebührt. Sie heissen Billigkeit und Unbilligkeit, weil die zur Entscheidung der Streitigkeit eingesetzten Personen keine Rücksicht auf die Person nehmen sollen, sondern Alle für gleich zu achten und das Recht eines Jeden gleich sehr zu schätzen haben, ohne den Reichen zu beneiden oder den Armen zu verachten. - Verbündete sind die Menschen zweier Staaten, welche, um den Gefahren des Krieges zu entgehen, oder zu einem anderen Nutzen übereinkommen, einander nicht zu verletzen, vielmehr im Nothfall zu helfen, wobei aber Jeder seine Staatsgewalt behält. Ein solcher Vertrag gilt so lange, als dessen Grundlage, nämlich die Rücksicht auf die Gefahr oder den Nutzen, besteht. Denn Niemand schliesst einen Vertrag und braucht denselben zu halten, als in Hoffnung eines Gutes oder in Sorge eines Uebels. Fällt diese Grundlage fort, so fällt auch der Vertrag fort, wie auch die Erfahrung genügend lehrt. Denn wenn auch mehrere Staaten übereinkommen, einander nicht zu verletzen, so suchen sie doch nach Möglichkeit das Anwachsen der Macht des anderen zu hindern und trauen den Worten nicht, wenn der Zweck und Nutzen des Vertrages für Beide nicht klar ersichtlich ist, ohnedem fürchten sie Hinterlist, und mit Recht. Denn nur ein Dummer, der das Recht der
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