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Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baruch de Spinoza
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fürchteten. Ein Zeugniss hierfür ist der von Feinden unbesiegte Römische Staat, der so oft von seinen Bürgern besiegt und jämmerlich unterdrückt worden ist; besonders in dem Bürgerkriege des Vespasian gegen Vitellius, den man bei Tacitus im Anfang des 4. Buchs seiner Geschichten nachlesen kann, wo er das elende Aussehen der Stadt schildert. Alexander schätzte, wie Curtius am Ende des 8. Buchs sagt, den Ruhm bei dem Feinde mehr als bei dem Bürger, weil er fürchtete, dass seine Grösse von den Seinigen zerstört werden könne u.s.w. In Furcht vor seinem Schicksal, bittet er seine Freunde: »Schützt mich nur vor innerem Betruge und den Nachstellungen meiner Angehörigen; den Gefahren des Krieges und der Schlacht werde ich ohne Furcht entgegengehen. Philippus war in der Schlacht gesicherter als im Theater; der Hand der Feinde ist er oft entgangen, der Hand seiner Angehörigen konnte er nicht entfliehen. Auch wenn Ihr an das Ende anderer Könige denkt, werdet Ihr mehr zählen, die von den Ihrigen wie von den Feinden getödtet worden sind.« (Curtius, Buch 9, §. 6.) Deshalb haben die Könige, die ehedem die Herrschaft gewonnen, zu ihrer Sicherheit zu verbreiten gesucht, dass sie von den unsterblichen Göttern abstammen. Sie glaubten, dass, wenn nur ihre Unterthanen und Alle sie nicht als Ihresgleichen betrachteten, sondern für Götter hielten, sie sich lieber von ihnen beherrschen lassen und ihnen eher sich unterwerfen würden. So überredete Augustus die Römer, dass er von Aeneas, dem Sohn der Venus, abstamme, der zu den Göttern gerechnet werde; er wollte, dass er in Tempeln und Götterbildnissen durch Flamines und Priester verehrt würde (Tacit. Annal. Buch 1); Alexander wollte als der Sohn Jupiter's gegrüsst sein; er that das absichtlich, nicht aus Stolz, denn er antwortet auf den Vorwurf des Hermolaus: »Es war beinahe lächerlich, dass Hermolaus verlangte, ich sollte dem Jupiter entgegentreten, durch dessen Orakel ich anerkannt werde. Habe ich auch die Antworten der Götter in meiner Gewalt? Er hat mir den Namen des Sohnes gegeben; es war rathsam, in der Sache selbst das anzunehmen, was ich beabsichtige. Wenn nur auch die Inder mich für einen Gott hielten; denn auf dem Ruhm beruht der Krieg, und das Falsche hat durch den Glauben die Stelle des Wahren vertreten.« (Curtius, Buch 8, §. 8.) Er deutet zugleich den Grund der Täuschung an. Dies thut auch Kleon in seiner Rede, mit der er die Macedonier zu überreden suchte, dem Könige beizustimmen; denn nachdem er durch staunende Erzählung des Ruhmes von Alexander und durch Aufzählung seiner Verdienste der Täuschung den Schein der Wahrheit aufgedrückt hatte, geht er so auf den Nutzen über: »Die Perser verehren ihre Könige nicht blos aus Frömmigkeit, sondern auch aus Klugheit als Götter; denn die Majestät ist der Schutz des Heiles,« und endlich schliesst er so: »er selbst werde, wenn der König sich zum Mahle niedergelassen habe, sich zur Erde werfen; dasselbe müssen die Uebrigen, vorzüglich die mit Weisheit Begabten thun.« (Curtius, Buch 8, §. 5.) Die Macedonier waren indess klüger, und nur ganz rohe Menschen lassen sich so offen hintergehen und aus Unterthanen zu Sklaven für Anderer Nutzen machen. Andere vermochten eher den Glauben zu verbreiten, dass die Majestät heilig sei und Gottes Stelle auf Erden vertrete, und von Gott und nicht durch die Stimme und Einwilligung der Menschen erwählt sei, vielmehr durch die Vorsehung und göttliche Hülfe besonders erhalten und geschützt werde. In dieser Art haben die Monarchen noch Anderes zur Sicherung ihrer Herrschaft ausgedacht; ich lasse es jedoch bei Seite, um auf das zurückzukommen, was ich mir vorgesetzt habe. Ich werde, wie gesagt, nur das berühren und erwägen, was für diesen Zweck vorzüglich die göttliche Offenbarung dem Moses gelehrt hat.
     
    Ich habe schon in Kap. 5 gesagt, dass die Juden nach dem Auszug aus Aegypten keines Volkes Rechte mehr unterthan waren, sondern nach Belieben sich ein neues Recht geben und ein Land nach Belieben besetzen konnten. Denn nachdem sie von der unerträglichen Unterdrückung der Aegypter sich befreit hatten und keinem Sterblichen durch Vertrag verpflichtet waren, hatten sie ihr natürliches Recht auf Alles, was sie vermochten, wieder erlangt, und Jeder konnte von Neuem überlegen, ob er es behalten oder abtreten und einem Anderen übertragen wolle. In diesem natürlichen Zustande beschlossen sie auf den Rath Mosis, dem sie am meisten vertrauten,

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