Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
zu senden und überhaupt Alles zu thun, was zum Recht des Krieges gehört.
In dessen Stelle folgte Niemand nach dem Gesetz, sondern Gott selbst wählte unmittelbar, da die Noth des Volkes dazu zwang; im Uebrigen wurden alle Geschäfte des Krieges und Friedens von den Stammes-Aeltesten besorgt, wie ich bald zeigen werde. Ferner gebot Moses, dass Alle vom 20. bis 60. Jahre die Waffen tragen müssten, und das Heer nur aus dem Volke gebildet werden solle, welche dann nicht dem Feldherrn oder Hohenpriester, sondern der Religion und Gott Treue schwuren. Sie war den das Heer oder die Reihen Gottes genannt, und ebenso hiess Gott bei den Juden der Gott des Heeres. Deshalb war die Bundeslade bei grossen Schlachten, von deren Ausfall der Sieg oder die Niederlage des ganzen Volkes abhing, mit bei dem Heere und in dessen Mitte; damit das Volk seinen König wie gegenwärtig sehe und mit der äussersten Kraft kämpfe.
Aus diesen von Moses seinen Nachfolgern gegebenen Geboten ist zu entnehmen, dass er sie nur zu Verwaltern, aber nicht zu Herren des Staates gesetzt; denn keinem gab er das Recht, allein und wo er wollte, Gott zu befragen, und also auch keinem seine Macht, Gesetze zu geben und aufzuheben, über Krieg und Frieden zu beschliessen, die Verwalter des Tempels und der Städte zu bestellen, was alles Geschäfte der höchsten Staatsgewalt sind. Der Hohepriester hatte zwar das Recht, die Gesetze zu erklären und die Antworten Gottes zu verkünden; aber er konnte dies nicht wie Moses, wenn er wollte, sondern nur auf Befragen des Feldherrn oder hohen Rathes oder eines Aehnlichen; dagegen konnte der oberste Heerführer und der Rath Gott befragen, wenn sie wollten, aber sie konnten die Antwort nur von dem Hohenpriester erhalten. Deshalb waren die Aussprüche Gottes in dem Munde des Hohenpriesters keine Gebote, wie in dem Munde Mosis, sondern nur Antworten, und erst wenn Josua und der Rath sie angenommen hatte, erlangten sie die Kraft von Geboten und Beschlüssen. Ferner hatte der Hohepriester, welcher Gottes Antworten von Gott empfing, nicht das Heer unter sich, und von Rechts wegen keine Herrschaft, und umgekehrt konnten Die, welche das Land von Rechts wegen besassen, keine Gesetze machen.
Ferner sind zwar der Hohepriester Aaron wie sein Sohn Eleazar Beide von Moses erwählt worden; aber nach Mosis Tode hatte Niemand das Recht, den Hohenpriester zu wählen, sondern der Sohn folgte nach dem Rechte seinem Vater. Auch der Feldherr wurde von Moses und nicht von dem Hohenpriester gewählt; allein nach dem ihm von Moses gegebenen Recht wählte er die Person des Feldherrn. Deshalb wählte der Hohepriester nach Josua's Tode Niemand an dessen Stelle; auch die Vornehmsten befragten Gott nicht wegen eines neuen Heerführers, sondern Jeder behielt das Recht des Josua für die Miliz seines Stammes, und Alle gemeinsam für die ganze Miliz. Sie scheinen einen Herrscher nur dann gebraucht zu haben, wenn sie mit vereinten Kräften gegen einen gemeinsamen Feind kämpfen mussten, und dies fand vorzüglich zu Josua's Zeit statt, wo noch nicht Alle feste Sitze hatten, und Alles noch gemeinsam war. Nachdem aber alle Stämme das eroberte und das ihnen noch verheissene Land unter sich getheilt hatten, und es nichts Gemeinsames mehr gab, horte auch das Bedürfniss zu einem gemeinsamen Befehlshaber auf, da die verschiedenen Stämme seit dieser Theilung nicht sowohl als Mitbürger, sondern als Verbündete zu betrachten waren. In Bezug auf Gott und die Religion mussten sie zwar als Mitbürger gelten, aber in Bezug auf das Recht des einen Stammes gegen den anderen nur als Verbündete, mithin, wenn man von dem gemeinsamen Tempel absieht, ungefähr so wie die vereinigten Staaten der Niederlande. Denn die Theilung einer gemeinsamen Sache macht eben, dass Jeder seinen Theil allein besitzt, und die Anderen ihr Recht auf diesen Theil aufgeben. Deshalb wählte Moses Obersten der Stämme, die nach der Theilung des Staates Jeder für seinen Theil sorgen sollten, d.h. Gott durch den Hohenpriester über die Angelegenheiten ihres Stammes zu befragen, ihre Miliz zu befehligen, Städte zu bauen und zu befestigen, Richter in jeder Stadt einzusetzen, die Feinde seines Stammes anzugreifen und alle Geschäfte des Krieges und Friedens zu besorgen. Er brauchte keinen anderen Richter als Gott anzuerkennen, wenn nicht Gott einen Propheten sandte. Wäre er aber von Gott abgefallen, so konnten die anderen Stämme ihn nicht allein zur Unterwürfigkeit verurtheilen,
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