Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
Gaben, indem ich alle Oeffnung der Gebärmutter (d.h. das Erstgeborne) zurückwies, damit ich sie verdürbe, und sie erkenneten, dass ich Jehova bin.« Damit diese Worte und die Ursache der Zerstörung recht verstanden werden, ist festzuhalten, dass zuerst die Absicht war, den ganzen heiligen Dienst den Erstgebornen zu übergeben und nicht den Leviten (Num. III. 17). Allein nachdem Alle ausser den Leviten das Kalb angebetet hatten, sind die Erstgebornen verstossen und verunreinigt worden, und an deren Steile sind die Leviten erwählt (Deut. X. 8), welche Veränderung mich, je länger ich sie betrachte, um so mehr zwingt, in des Tacitus Worte auszubrechen, dass Gottes Absicht damals nicht deren Sicherheit, sondern die Rache gewesen. Und ich staune, dass der Zorn in der himmlischen Seele so gross gewesen, dass er selbst die Gesetze, die immer nur die Ehre des ganzen Volkes, sein Wohl und seine Sicherheit bezwecken, in der Absicht, sich zu rächen und das Volk zu strafen, abgefasst, so dass die Gesetze keine Gesetze, d.h. nicht das Heil des Volkes, sondern seine Strafe und seine Busse wurden. Denn alle Geschenke, welche sie den Leviten und Priestern zu bringen hatten, und auch dass sie die Erstgeburt einlösen mussten und den Leviten ein Kopfgeld zahlen, und endlich, dass die Leviten allein den Zutritt zu dem Heiligthum hatten, waren das stete Zeugniss der Unreinigkeit und Verstossung der Uebrigen. Ferner konnten die Leviten ihnen stets Vorwürfe machen. Denn unzweifelhaft befanden sich unter so vielen Tausenden lästige Religionsgrübler; deshalb hatte das Volk die Neigung, die Thaten der Leviten, die ja auch Menschen waren, zu beobachten und Alle des Vergehens um Eines willen anzuklagen. Daher erhoben sich fortwährend schlimme Gerüchte, und sie wurden unmuthig, dass sie müssige und verhasste Personen, die nicht mit ihnen verwandt waren, ernähren mussten, namentlich wenn das Getreide theuer war.
Es ist also nicht zu verwundern, dass in den ruhigen Zeiten, wo die offenbaren Wunder aufhörten, und keine Männer mit grossem Ansehn auftraten, der gereizte und geizige Sinn des Volkes ermattete und zuletzt von dem Gottesdienst, der zwar göttlich, aber für sie entehrend und verdächtig war, abfielen und nach Neuem verlangte; und dass die Fürsten, welche immer streben, die Herrschaft allein zu gewinnen, nach einem Wege suchten, wo sie das Volk sich verbänden und von dem Hohenpriester abzögen, ihm Alles gestatteten und neue Gottesdienste einführten. Wäre der Staat, so wie es zuerst die Absicht war, eingerichtet worden, und hätten alle Stämme immer gleiche Rechte und gleiche Ehre gehabt, so würde Alles sich in Ruhe erhalten haben; denn wer hätte dann das heilige Recht seiner Blutsverwandten verletzen mögen? Was hätte man anders wollen können, als seinen Bruder und seine Eltern aus Anhänglichkeit an die Religion zu ernähren und ihnen die Auslegung der Gesetze zu überlassen und von ihnen die göttlichen Antworten zu erwarten? Ferner wären auf diese Weise alle Stämme weit enger unter einander verbunden gewesen, wenn Alle das gleiche Recht zur Verwaltung des heiligen Dienstes gehabt hätten, und man hätte nichts zu fürchten brauchen, selbst wenn die Wahl der Leviten einen anderen Grund als Zorn und Rache gehabt hätte.
Allein sie hatten, wie gesagt, einen auf sie erzürnten Gott, welcher, um die Worte des Ezechiel zu wiederholen sie durch ihre Geschenke verunreinigte und alle Erstgeburt der Mutter zurückwies, damit er sie vertilge. Dies wird auch durch die Geschichte selbst bestätigt. Sobald das Volk in der Wüste Müsse hatte, waren viele Männer und nicht von dem gemeinen Volke über diese Wahl ungehalten und begannen zu glauben, dass Moses nicht nach Befehl Gottes, sondern nach seinem Belieben Alles einrichte; weil er nämlich seinen Stamm vor Allen ausgewählt und das Amt des Hohenpriesterthums seinem Bruder in Ewigkeit verliehen hatte. Sie begannen deshalb einen Aufruhr und gingen ihn mit dem Geschrei an, dass sie Alle gleich heilig seien, und dass er selbst in ungerechter Weise sich über Alle erhebe. Moses konnte sie durch keine Gründe beruhigen, sondern Alle wurden mittelst eines Wunders zum Zeichen seines Glaubens vernichtet. Daraus entstand ein neuer und allgemeiner Aufstand des Volkes; denn sie glaubten, Jene seien nicht durch den Richterspruch Gottes, sondern durch die Kunst des Moses vernichtet worden. Nach grossem Blutvergiessen und Pest beruhigte er sie endlich, aber so, dass Alle
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