Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
wie die Werkzeuge seiner Frömmigkeit und die Gottlosen wie die Vollstrecker und Vermittler seines Zornes. Dies erhellt auch deutlich aus dem oben angeführten Fall des Micha. Denn obgleich Gott beschlossen hatte, den Ahab durch Propheten zu täuschen, so gebraucht er doch nur falsche Propheten dazu; dem frommen aber offenbarte er die Wahrheit und liess ihn dieselbe verkünden. - Indess ist, wie gesagt, die Ueberzeugung des Propheten nur eine innerliche, denn Niemand kann sich vor Gott rechtfertigen und sich rühmen, das Instrument der Frömmigkeit Gottes zu sein. Dies lehrt die Bibel und ergiebt die Sache selbst; so verleitete Gottes Zorn den David zur Zahlung des Volkes, obgleich dessen Frömmigkeit genügend in der Bibel bezeugt ist.
Die ganze der Weissagung innewohnende Gewissheit ruht sonach auf Dreierlei: 1) darauf, dass man sich die geoffenbarten. Dinge so lebhaft vorstellt, wie man im Wachen von den Gegenständen erregt zu werden pflegt; 2) auf einem Zeichen; und 3) und hauptsächlich, dass die Propheten einen nur dem Billigen und Guten zugewandten Sinn hatten. Allerdings erwähnt die Bibel nicht immer eines Zeichens, allein man muss annehmen, dass die Propheten immer ein solches gehabt haben, da die Bibel nicht immer alle Nebenumstände und Bedingungen zu erzählen pflegt, wie ich schon mehrfach bemerkt habe, und da sie Manches als bekannt voraussetzt. Auch kann man einräumen, dass die Propheten, welche nichts Neues, sondern nur das, was in dem Gesetz Mosis stand, verkündeten, kein Zeichen gebraucht haben, da schon das Gesetz deren Bestätigung war. So wurde die Weissagung des Jeremias von der Zerstörung Jerusalem's durch die der übrigen Propheten und durch die Drohungen des Gesetzes bestätigt; sie brauchte daher kein Zeichen. Dagegen bedurfte Ananias eines solchen, da er entgegen allen Propheten die schnelle Wiederherstellung des Staates prophezeite; wo nicht, so musste man seine Prophezeiung so lange bezweifeln, bis das Eintreffen des von ihm vorausgesagten Ereignisses sie bestätigte. Man sehe Jerem. XXVIII. 8.
Wenn so die Gewissheit, welche die Propheten durch diese Zeichen erlangten, keine mathematische (d.h. eine aus der Nothwendigkeit der Wahrnehmung der wahrgenommenen oder gesehenen Sache folgende), sondern nur eine moralische war, und die Zeichen nur zur Ueberzeugung der Propheten gegeben wurden, so folgt, dass diese Zeichen den Ansichten und Fähigkeiten des Propheten entsprechend gegeben wurden, und so konnte ein Zeichen, was dem einen Propheten Gewissheit für seine Prophezeiung gewährte, einen andern, der andere Ansichten hatte, keineswegs überzeugen. Deshalb waren die Zeichen je nach den Propheten verschieden, und so wechselte auch, wie erwähnt, bei dem einzelnen Propheten die Offenbarung selbst nach der Beschaffenheit seines Temperaments, seiner Einbildungskraft und der Ansichten, die er früher angenommen hatte. In Bezug auf das Temperament zeigte sich der Wechsel so, dass den heiteren Propheten Siege, Frieden und Alles, was den Menschen zur Freude stimmt, offenbart wurden, da dies einer solchen Gemüthsstimmung entspricht. Einem traurigen Propheten wurden dagegen Kriege, Hinrichtungen und allerlei Uebel offenbart, und je nachdem ein Prophet mitleidig, gefällig, zornig, streng u.s.w. war, war er mehr für diese wie für jene Offenbarungen geeignet. Der Wechsel nach der Beschaffenheit der Einbildungskraft zeigt sich darin, dass ein gebildeter Prophet den Gedanken Gottes auch in gebildeter Weise auffasste, ein ungebildeter Prophet aber verworren, und dies gilt auch in Betreff der durch Bilder erfolgenden Offenbarungen. War der Prophet ein Bauer, so sah er Ochsen und Kühe; war er ein Soldat, dann sah er Feldherren und Heere; war er ein Hofmann, so sah er den königlichen Thron und Aehnliches. Endlich wechselte die Weissagung auch nach den Meinungen der Propheten; den Magiern (Matth. II.), welche an die Possen der Sterndeuter glaubten, wurde die Geburt Christi durch einen eingebildeten, im Morgen aufgegangenen Stern offenbart; den Wahrsagern des Nebukadnezar (Ezechiel XXI. 21) wurde die Zerstörung Jerusalem's durch die Eingeweide der Opferthiere offenbart, welche dieser König auch durch Orakel und aus der Richtung von in die Höhe geschossenen Pfeilen entnahm; dagegen offenbarte sich Gott den Propheten, welche an die Willensfreiheit und eigne Macht des Menschen glaubten, als gleichgültig und ohne Kenntniss der kommenden menschlichen Handlungen, wie ich es jetzt an den
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