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Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baruch de Spinoza
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lehrt. Ich habe dies absichtlich gethan; denn die Weissagung übersteigt den menschlichen Verstand und ist eine rein theologische Frage; ich konnte deshalb über ihr Wesen nichts behaupten noch wissen, als nur aus den offenbarten Grundlagen. So war ich genöthigt, die Geschichte der Weissagung zusammenzustellen, um daraus gewisse Regeln abzuleiten, die auch die Natur und die Eigenschaften der Weissagung so weit als möglich erkennen Hessen. Allein bei den Wundern ist die Frage, ob man zugeben könne, dass in der Natur etwas gegen ihre Gesetze geschieht, oder was daraus nicht abgeleitet werden könne, eine rein philosophische; ich bedurfte deshalb jener Mittel nicht und hielt es für gerathener, diese verschlungene Frage auf den durch das natürliche Licht erkannten Grundlagen, als den bekanntesten, aufzulösen. Ich sage, ich habe dies für gerathener gehalten; denn ich hätte sie auch aus den blossen Aussprüchen und Grundlagen der Bibel leicht lösen können. Ich will das, um es Jedermann klar zu machen, mit Wenigem zeigen. An einigen Stellen sagt die Bibel von der Natur im Allgemeinen, dass sie ihre feste und unveränderliche Ordnung einhalte; so in Psalm CXLVIII. 6 und Jeremias XXI. 35, 36, und der Philosoph sagt in seinem Prediger I. 10 auf das Klarste, dass nichts Neues m der Welt sich ereignet; und v. 11 sagt er zur Erläuterung dessen, dass wenn auch scheinbar ein Neues sich ereigne, dies doch nichts Neues sei, sondern schon in früheren Zeiten, von denen man keine Kunde habe, da gewesen sei; »denn«, sagt er, »von den Alten ist bei den Heutigen keine Erinnerung, und von dem Heutigen wird keine bei den Nachkommen sein.« Dann sagt er III. 11: »Gott habe Alles zu ihrer Zeit gut angeordnet«, und v. 14 »er wisse, dass, was Gott thue, in Ewigkeit bleiben werde, und dass dem nichts zugefügt noch abgenommen werden könne.«
     
    Dies Alles sagt deutlich, dass die Natur eine feste und unverbrüchliche Ordnung bewahrt, dass Gott in allen uns bekannten und unbekannten Jahrhunderten derselbe gewesen, und dass die Naturgesetze so vollkommen und fruchtbar seien, dass ihnen nichts zugesetzt oder abgenommen werden könne; endlich, dass die Wunder von den Menschen nur wegen ihrer Unwissenheit für etwas Neues gehalten werden. Dies also lehrt die Bibel mit ausdrücklichen Worten, aber keineswegs, dass in der Natur etwas geschehe, was ihren Gesetzen widerspreche oder daraus nicht folge; man darf daher auch der Bibel dergleichen nicht andichten. Dazu kommt, dass die Wunder Ursachen und Umstände erfordern, wie ich gezeigt habe, und dass sie nicht aus, ich weiss nicht welcher königlichen Herrschaft, die die Menge Gott beilegt, hervorgehen, sondern aus der göttlichen Herrschaft und ihrem Beschluss, d.h., wie ich aus der Bibel dargethan, aus den Gesetzen und der Ordnung der Natur. Endlich können auch Verführer Wunder verrichten, wie aus Deut. XIII. und Matth. XXIV. 24 erhellt.
     
    Es erhellt also, dass die Wunder natürliche Ereignisse und deshalb so zu erklären sind, um die Worte Salomo's zu gebrauchen, dass sie weder ein Neues, noch der Natur zu widersprechen scheinen; vielmehr müssen sie den natürlichen Dingen möglichst annähernd aufgefasst werden, und zu dem Ende habe ich einige aus der Bibel selbst entlehnte Regeln gegeben. Wenn ich sage, dass die Bibel dies lehre, so meine ich doch damit nicht, dass sie dies als Lehren gebe, die zum Heile nöthig wären, sondern dass schon die Propheten sie so wie ich aufgefasst haben. Deshalb mag Jeder, wie er es für sein Verständniss des Gottesdienstes und der Religion am besten hält, darüber ungehindert denken, und dies ist auch die Meinung des Josephus, der am Schluss seines II. Buches der Alterthümer schreibt: »Niemand misstraue dem Worte ›Wunder‹, wenn alte und arglose Männer überzeugt sind, der Weg des Heils durch das Meer sei durch Gottes Willen oder von selbst geöffnet worden. Denn auch den Gefährten Alexander's des Grossen hat ehedem wie den Widersachern das Pamphylische Meer sich geöffnet, da kein anderer Ausweg übrig war, und hat ihnen so mit Gottes Willen den Durchgang gewährt, um die persische Herrschaft zu zerstören, und Alle, welche die Thaten Alexander's beschrieben haben, bestätigen es. Deshalb mag hierbei Jeder es halten, wie es ihm beliebt.« - Dies sind die Worte des Josephus und sein Urtheil über den Glauben an Wunder.
     
     
Siebentes Kapitel
 
    Ueber die Auslegung der Bibel.
     
    Jedermann führt es zwar im Munde, dass die heilige

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