Theopolis - Heimat meines Herzens
Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie keine Schuhe trug. Die Art und Weise, wie sie mit der Sohle eines Fußes über den Spann des anderen rieb, hatte etwas unbeschreiblich Sinnliches.
“Waren Sie seine Krankenschwester?”
“Seine Krankenschwester?” Sie lächelte. “Himmel, nein.”
“Was dann?” Allmählich verlor er die Geduld. “Seine Ärztin?”
Sie schüttelte den Kopf. “Ich habe keinen medizinischen Beruf, Mr. Kastro.”
“Spielen Sie nicht mit mir, Mrs. Manning”, warnte er.
Joanna wurde wieder ernst. “Das würde mir nie in den Sinn kommen. Mich wundert nur, warum Sie unbedingt wissen wollen, womit ich meinen Lebensunterhalt verdiene.”
“Es hat mich lediglich interessiert, wie ein Mann, der die letzten zwei Wochen im Krankenhaus verbracht hat, eine so enge Beziehung zu einer Frau knüpfen konnte, von der seine Familie nichts ahnte.”
Sie atmete tief durch. “Vielleicht wollte er mich Ihnen persönlich präsentieren.”
“Sie weichen mir schon wieder aus, Mrs. Manning. Sie haben Livvy gegenüber zwar behauptet, meinen Vater bereits seit langem zu kennen, doch ich vermute, dass es sich eher um eine stürmische Romanze handelt.”
“Nein! Was ich Ihrer Schwester gesagt habe, war die Wahrheit. Ich arbeite seit einigen Jahren für das Auktionshaus Bartholomew’s. Als Sammler antiker Tabatieren ist Ihr Vater dort seit langem Kunde.”
Demetri war sprachlos. Aufgrund ihrer Schönheit war er geneigt gewesen, sie als dummes Blondchen abzutun. Dass sie eine Karriere fernab der Kosmetikbranche hatte, verwirrte ihn mehr, als er zugeben wollte. Dadurch erschien ihre Affäre mit seinem Vater in einem ganz anderen Licht.
“Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden …”
Sie ließ ihn stehen, und Demetri fiel beim besten Willen keine Ausrede ein, sie daran zu hindern. “Bis später”, rief er ihr nach, aber sie antwortete nicht.
Als Joanna ihre Suite erreichte, zitterte sie am ganzen Leib. Nie im Leben hätte sie sich ins Freie gewagt, wenn sie damit gerechnet hätte, Demetrios Kastro über den Weg zu laufen. Noch dazu einem nackten Demetrios Kastro! Bei dem bloßen Gedanken daran wurde ihr die Kehle eng.
Als sie vom Balkon hinuntergeblickt hatte, war niemand zu sehen gewesen, außer ein paar Gärtnern und einem Jungen, der die Stufen gefegt hatte. Aber auch er war verschwunden gewesen, als sie die Villa verließ und zur Terrassenmauer ging.
Der Blick war atemberaubend. Ein wahrer Blütenteppich erstreckte sich den Hang hinab bis an den feinen weißen Sandstrand. Ein breiter Landungssteg ragte ins blaugrüne Wasser der Ägäis, an seiner Spitze lag ein eleganter Zweimaster vor Anker – das perfekte Spielzeug für einen Millionär.
Doch dann war Demetrios aus dem Pool geklettert, und alles hatte sich geändert. Das Gefühl des Wohlbefindens und der Freiheit war schlagartig der Anspannung gewichen, die sie stets in Gegenwart dieses Mannes empfand. Sie kannte ihn zwar erst vierundzwanzig Stunden, und trotzdem gelang es ihm, sie sofort zu verunsichern, sobald er in ihre Nähe kam. Er mochte sie nicht, so viel stand fest. Mehr noch, er verachtete sie für das, was sie seiner Meinung nach mit seinem Vater verband.
Seufzend schüttelte Joanna den Kopf. Es ärgerte sie, dass sie sich von Demetrios die Laune hatte verderben lassen. Sie durchquerte das Schlafzimmer und ging ins Bad.
Nach dem Duschen fühlte sie sich ein wenig besser und war bereit, sich dem Tag zu stellen. Constantine hatte ihr einen Ausflug nach Agios Antonis versprochen, und sie freute sich darauf, die Insel zu erforschen. Die zwei Tage seit ihrer Ankunft hatten sie ausschließlich in der Villa verbracht. Nach dem Flug von London war er erschöpft gewesen, und die Willkommensparty am Vortag hatte zusätzlich an seinen Kräften gezehrt. Joanna wusste, dass er die Feier am liebsten verschoben hätte, doch er hatte Olivia nicht enttäuschen wollen, die sich mit der Organisation so viel Mühe gegeben hatte. Außerdem hatte er nicht vor, mit seiner Familie über seine Krankheit zu sprechen, bevor die Hochzeit seiner jüngsten Tochter vorbei war.
Nachdem sie sich das Haar getrocknet hatte, ging Joanna ins angrenzende Ankleidezimmer. Deckenhohe Schränke verstellten zwei der Wände. Die Sachen, die sie mitgebracht hatte, wirkten verloren in den riesigen Abteilen.
Constantine hatte darauf bestanden, sie anlässlich der Reise nach Theopolis komplett neu auszustatten. Obwohl Joanna sich dagegen gesträubt hatte, musste sie zugeben,
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