Thondras Kinder - Am Ende der Zeit
heute.«
Doch sie schüttelte den Kopf und zog sich ihr Tuch weiter über die Nase. Sie hielt das Warten im Lager nicht mehr aus und wollte lieber da sein, wenn ihre Freunde kamen, und ihnen helfen, falls sie ihr Schwert benötigten.
Es war schon dunkel. Rijana und Ariac hatten sich in eine Decke gewickelt und in den spärlichen Schutz eines Felsens zurückgezogen, als ein langgezogenes Heulen wie das eines Steppenwolfes ertönte – der Warnruf der Steppenkrieger.
Sofort sprangen die beiden auf und ergriffen ihre Schwerter. Kampfgeist erwachte in ihnen. Wurden sie angegriffen?
In der Dunkelheit durch die wirbelnden Schneeflocken waren schemenhaft Gestalten zu erkennen. Ariac und Rijana umklammerten mit kalten Händen ihre Schwerter.
»Falls es zu viele sind, musst du Hilfe holen«, flüsterte Ariac.
Nach einigen bangen Augenblicken erschienen zur grenzenlosen Erleichterung der beiden Brogan, Broderick und weitere, erbärmlich frierende Begleiter.
Die Neuankömmlinge stiegen von ihren Pferden, und Broderick nahm Rijana in den Arm.
»Ich bin so froh, dass ihr hier seid«, rief sie aus. Dann fiel ihr Blick auf Brodericks Frau. »Kalina, geht es dir gut?«
»Es ist kein Vergnügen, tagelang durch die Steppe zu reiten, wenn man schwanger ist, aber ich denke, ich bin in Ordnung«, antwortete sie mit halb eingefrorenen Lippen und schnitt eine Grimasse.
»Komm, nimm meinen Umhang«, bot Rijana sofort an.
Doch Kalina winkte ab. Broderick hatte ihr seinen bereits gegeben. Doch auch der Elfenumhang änderte nichts an steifgefrorenen Fingern, Eisfüßen und einem fast vor Kälte erstarrten Gesicht. Der kleine Norick schlief noch im Sattel, und Ariac hob ihn vorsichtig herunter.
»Unser Lager ist zwei Tagesritte entfernt in den Bergen«, erklärte er.
Das rief ein allgemeines Aufstöhnen hervor. »Eigentlich sollte es Sommer sein, aber ich friere mir hier noch sämtliche Körperteile ab«, knurrte Zauberer Tomis.
»Wir sollten weiter in die Berge ziehen, solange es dunkel ist«, schlug Brogan vor. »Wir haben nicht weit entfernt eine Gruppe Blutroter Schatten gesehen.«
Die anderen nickten resigniert und machten sich widerwillig auf den Weg.
Nach zwei Tagen hatten sie endlich das Lager erreicht. Einige Steppenmänner waren unten in der Ebene geblieben, um
auf die anderen Gruppen zu warten, die Brogan folgen würden.
Falkann war sehr froh, seinen besten Freund wohlauf zu sehen. Die Steppenfrauen brachten Kalina und Norick sogleich in eines der Zelte, wo sie sich aufwärmen konnten. Kalina war noch immer ein wenig unwohl zumute, wenn sie in die tätowierten Gesichter der Steppenleute blickte, aber sie war so froh, endlich im Warmen zu sein, dass sie ihren Argwohn rasch aufgab.
Nachdem Broderick mehrere Teller mit Eintopf gegessen hatte, setzte er sich neben Falkann, der etwas abseits in einem der Zelte saß.
»Ich soll dir Grüße von deinem Vater ausrichten. Er führt die dritte Gruppe an und sollte bald eintreffen.«
»Vielleicht sollte ich ihm entgegenreiten«, meinte Falkann.
Broderick sah seinen Freund an. »Geht es dir wirklich gut? Bali’an hat mir ziemlich üble Sachen erzählt, dass dir Scurrs Soldaten beinahe den Schädel eingeschlagen hätten.«
Seufzend fuhr sich Falkann über die inzwischen verkrustete Wunde. »Mir geht es gut. Allerdings hätte ich das Ganze ohne Bali’ans und Leás Hilfe nicht überlebt.« Sein Blick fiel auf die junge Steppenfrau, die neben ihrer Mutter stand und in einem Kessel mit Eintopf rührte.
Als hätte sie seinen Blick gespürt, drehte sich Leá um und lächelte ihm zu.
»Ariacs Schwester«, sagte Broderick grinsend und hob die Augenbrauen. »Sie ist sehr hübsch, nicht wahr?«
Augenblicklich lief Falkann rot an und blickte rasch auf seine leere Schüssel. »Findest du?« Er bemühte sich krampfhaft, einen gleichgültigen Tonfall anzuschlagen.
Broderick schlug seinem Freund auf die Schulter. »Ich glaube nicht, dass der Schlag auf den Kopf deine Wahrnehmung so weit getrübt hat, dass dir das entgangen sein kann. Es freut mich, mein Freund.«
Falkann schnaubte. Dann gab er auf, er konnte Broderick ohnehin nichts vormachen.
»Schön, ich mag sie. Aber was nützt mir das?« Er machte ein verzweifeltes Gesicht. »Ihre Schwester hält mich für ein bärtiges Ungetüm. Und Steppenleute lassen sich ja bekanntlich nicht auf andere Völker ein.«
Broderick musste über das ›bärtige Ungetüm‹ lachen. »Sieh dir doch Rijana und Ariac an. Die beiden haben auch
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