Thondras Kinder - Roberts, A: Thondras Kinder
und auch von der falschen Mordanklage. Sie konnte das alles kaum glauben.
»Aber wie soll es denn jetzt weitergehen?«, fragte sie am Schluss.
Ariac zuckte die Achseln. »Das weiß ich nicht, aber jetzt, wo ich gesehen habe, dass ihr noch lebt, weiß ich zumindest, dass ich den anderen trauen kann.« Er verzog den Mund. »Aber sie trauen mir nicht.«
Leá nahm seine Hand. »Du weißt, dass ihr unsere Welt nur zu einem besseren Ort machen könnt, wenn ihr gemeinsam kämpft.«
»Das ist mir klar, und ich weiß auch, dass Rijana ihre Freunde vermisst, selbst wenn sie es nicht sagt.«
»Sie ist sehr hübsch«, meinte Leá lächelnd, und zwei süße Grübchen zeichneten sich auf ihrem Gesicht ab.
»Ja, aber sie ist keine von uns«, fügte er traurig hinzu.
Leá hob nur die Augenbrauen. »Es gibt immer einen Weg.«
Ariac konnte dem nicht zustimmen, aber er hatte ohnehin keine Ahnung, wie sein Leben weitergehen sollte.
»Komm«, Leá zog ihn auf die Beine, »jetzt bist du erst mal hier bei uns. Ruh dich aus, und denk ausgiebig nach! Wir werden dir helfen, wo wir können.«
»Aber du …«
Leá packte ihn beruhigend an der Schulter. »Keine Angst, kleiner Bruder, ich werde nichts sagen.«
»KLEINER Bruder?«, fragte er belustigt.
Leá musste lachen. Er überragte sie um mehr als einen halben Kopf.»Du wirst immer mein kleiner Bruder bleiben«, sagte sie und verstrubbelte ihm die Haare.
Ariac verzog das Gesicht. »Das war auch Scurrs Werk.«
Leá nickte und sagte ernst: »Aber tief in dir drin, da bist du ein Arrowann geblieben, das hat er dir nicht nehmen können.«
Die Tage zogen dahin. Rijana und Ariac genossen die regelmäßige Jagd in der Gruppe. Eines Tages trafen sie auf den Wolfsclan, der gekommen war, um Lynn wieder abzuholen.
Ihr Mann schimpfte scherzhaft, dass man Lynn kaum von ihrer Familie fortbringen konnte. Aber wirklich ernst meinte Narinn das nicht, denn Lynn hatte sich gut im Wolfsclan eingelebt.
Der Frühling ging langsam in den Sommer über. Rijana und Ariac fügten sich in das Leben im Lager der Arrowann ein. Sie wussten beide nicht, wie alles weitergehen sollte, aber es schien ein stilles Einverständnis zwischen ihnen zu bestehen, dass sie eine Weile hierbleiben wollten. Rijana gefiel es
immer besser zwischen den Steppenleuten, und häufig fragte sie sich, ob das vielleicht daran lag, dass sie in ihrem früheren Leben eine von ihnen gewesen war. Auf Camasann hatte sie sich wohlgefühlt, aber hier, in der Weite der Steppe, hatte sie das erste Mal das Gefühl, richtig zu Hause zu sein. Alle waren sehr nett zu ihr und behandelten sie überhaupt nicht wie eine Fremde. Die Jäger staunten über ihre Fähigkeit, mit dem Bogen umzugehen, und Ariacs Mutter schenkte ihr sogar den Jagdbogen, den sie selbst als junges Mädchen gehabt hatte. Heute ging Thyra nicht mehr auf die Jagd.
Immer wieder zog der kleine Clan weiter, wenn die Pferde das Gras abgeweidet hatten oder das Wild knapp wurde. Hin und wieder bebte die Erde, aber es schien weit entfernt zu sein. Auch die Stürme waren nicht mehr so bedrohlich.
Da alle gemerkt hatten, dass Ariac nicht gerne von Camasann oder den anderen der Sieben redete, ließen sie ihn in Ruhe. Mit der Zeit wurde er etwas entspannter, und Rijana stellte erleichtert fest, dass er jetzt auch immer häufiger lachte und sich wohlzufühlen schien. So musste er früher gewesen sein, als er ein Junge gewesen war.
Rijana musste sich eingestehen, dass sie sich noch viel mehr in ihn verliebt hatte, aber irgendwie war er noch immer auffällig zurückhaltend zu ihr.
Es wurde Hochsommer, und die Arrowann zogen weiter nach Norden, wo es mehrere kleine Bäche gab und der Wind aus den Bergen Kühlung brachte. Von Scurrs Soldaten sah man zum Glück weit und breit nichts. Es war eine Reise, die den ganzen zweiten Sommermond in Anspruch nahm, da viele Kinder und Alte mit unterwegs waren.
Rijana ritt mit Ariac zusammen an der Spitze. Er trug nun wieder die helle Lederkleidung der Arrowann, und seine Haare waren noch länger geworden. Sein Gesicht wirkte entspannt,
so wie er es in den warmen Sommerwind hielt. Auch Rijana war so glücklich wie selten in ihrem Leben.
Lynn und ihre Kinder waren nun wieder zum Wolfsclan zurückgekehrt. Sie würden sich wohl erst wieder zum Herbstfest sehen. Mit Leá hatte Rijana sich angefreundet, und auch die anderen Arrowann mochte sie wirklich gerne. Ariacs kleiner Bruder war immer ganz begeistert, wenn sie ihn auf ihrer Stute reiten
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