Thorn - Die letzte Rose
Einlenken zu bewegen. „Susanna ist schließlich seine Mutter.“
„Ja, ja, das weiß ich alles, das hat er mir erzählt“, fauchte sie ärgerlich. „Trotzdem: Ich bilde niemanden aus! Aus Prinzip nicht. Knappen stehen mir nur im Weg. Außerdem hat er ja schon hinlänglich bewiesen, wie großartig er jeden killt, der ihm vor die Flinte kommt.“
„Das geschah nur, weil Sie ihn nicht in Ihre Pläne eingeweiht haben.“
„Prokurator! Wie hätte ich tun sollen?! Die Mondvampire haben den Scheiß-Wagen durchlöchert und mich fast mit. Hätte ich Ihrem Billy the Kid aus dem Autowrack eine SMS schicken sollen?“
„Hätten Sie ihn vorher über das Treffen mit dem Lamier informiert, hätte er Ihnen Deckung geben können und wäre Ihnen nicht ins Gehege gekommen.“
So viel zum Thema Lobby … Cesaro stand höher in der Gunst des Prokurators – egal. Mit ihm schien über dieses Thema nicht zu reden sein. In manchen Dingen benahm er sich heute wohl noch ebenso störrisch wie vor zweitausend Jahren.
„Cesaro ist in Ordnung“, versuchte er sie zu überzeugen. „Für einen Neuling oder - um mit seinen Worten zu sprechen - einem Greenhorn bringt er außergewöhnliche Leistungen. Er könnte sich für uns alle zum Glücksfall erweisen, eine richtige Killermaschine. Und im Übrigen auch für Sie.“
„Vorausgesetzt, er beißt nicht schon vorher ins Gras. Angesichts seines halsbrecherischen Verhaltens dürfte das eher passieren, als Sie meinen …“
Er ging auf ihre zynische Bemerkung nicht ein: „Vielleicht sind Leute wie er die Zukunft der ROSE. Nicht weil Leute von Ihrem Schlag schlecht wären, ganz und gar nicht. Aber man muss mit der Zeit gehen, die Vampire tun es jedenfalls. Und sie werden mit jedem Tag mächtiger.“
Skeptisch runzelte sie die Stirn. Sie war von Cesaro nicht annähernd so überzeugt oder begeistert wie der Prokurator.
„Allein hat er letzten Monat in Barcelona ein Nest ausgehoben. Elf Sucker samt ihren beiden Meistern hat er erledigt.“
„Und?“ Mehr fiel ihr nicht dazu ein. Elf Sucker waren eine Menge, ihres Erachtens brauchte es jedoch mehr, um bei der ROSE aufgenommen zu werden. Und ob Cesaro darüber verfügte, das bezweifelte sie. Momentan hatte er sie noch längst nicht überzeugt.
„Es war Nacht. Kein Sonnenlicht, das die Blutsauger verbrannt hat, Philip hat jeden einzelnen persönlich zur Strecke gebracht.“
Das war tatsächlich eine beachtliche Leistung, musste Thorn neidlos zugeben. Dennoch war sie weit davon entfernt, vor Enthusiasmus eine One-Woman-La-Ola-Welle zu machen. Mitten im Kölner Dom wäre das auch alles andere als schicklich gewesen.
„Wie geht es weiter?“, wollte er wissen. „Bestimmt haben Sie einen Alternativplan, meine Liebe?“
Am liebsten hätte sie für diese Anrede mit ihren Schwertern getestet, ob die Legenden über den Prokurator der Wahrheit entsprachen. ‚Meine Liebe’ hörte sich aus seinem Mund an, als spreche er mit einem unmündigen Kind, und vermutlich kam sie ihm auch genauso vor.
„Ich habe noch das Streichholzbriefchen aus dem BLUE MOON, das am Tatort in Heitersheim gefunden wurde“, dachte sie laut vor sich hin.
„Sie wollen mit Jules Kontakt aufnehmen?“
„Was bleibt mir übrig?“ Ein leises Seufzen verließ Thorns Lippen. Kein Angehöriger der ROSE wagte sich gern in die Vampir-Bar, obwohl Jules, der Inhaber und Wirt, eigentlich ein recht umgänglicher Bursche und nicht der Brut angehörte. „Haben Sie einen besseren Vorschlag?“
„Leider nein“, schüttelte er elegisch den Kopf. „Aber vielleicht kenne ich eine Möglichkeit, wie Sie unerkannt hineinkommen.“
„Ich wollte mich ein bisschen verkleiden. Vielleicht eine Perücke, eine Latex-Maske ...“
„Das soll helfen?“
Sie erkannte, wie er skeptisch eine Augenbraue hob.
„Nicht gegen Vampire!“, erklärte er. „Kommen Sie heute Nachmittag in die Residenz des Erzbischofs, ich wohne dort, solange ich in Köln bin. Dann sehen wir weiter.“
Außer einem Nicken hatte sie keine Antwort. Der Prokurator war ihr halbwegs suspekt. Nicht persönlich, für jemanden, der so vieles schon miterlebt hatte wie er, war er eigentlich ziemlich umgänglich, und seitdem er die ROSE leitete, profitierte sie eindeutig von seinem profunden Wissen.
Der Heiltrank, den er Thorn für den Notfall überlassen hatte, wirkte jedenfalls hervorragend. Die beiden Schussverletzungen von letzter Nacht waren vollständig verheilt, und auch die Schnittwunden, die vor allem in Thorns
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