Thors Valhall
Hals. War es richtig gewesen, herzukommen? Vielleicht war er der Letzte, den Erik sehen wollte?
Seine Hand, die anklopfen wollte, senke sich wieder.
Auch wenn Erik ihn nicht sehen wollte, er musste nach dem Rechten schauen. Als Manager von RACE war er verpflichtet, eine gewisse Ordnung in die Produktion zu bringen. Und da Wooden Dark ohne Manager angereist waren, fühlte er sich auch für sie verantwortlich.
„Erik?“ Er klopfte an. „Erik, hier ist Tony, bitte, mach’ die Tür auf.“
Es dauerte eine Weile, bis sich die Tür öffnete, allerdings nur zaghaft. Ein wenig gebeugt sah Erik durch den schmalen Türschlitz, sein Gesicht war gezeichnet von Blässe und dunklen Augenrändern. Seine langen, schwarzen Haare hingen ungeordnet vor den Augen. Mit zittrigen Fingern strich er sie zur Seite.
„Hva?“ Fragend blickte er Tony an.
„Ich wollte nur mal vorbeischauen, weil du nicht im Studio erschienen bist …“
Tony lächelte. Seine Unsicherheit legte sich ein wenig. Dass Erik ihm geöffnet hatte, war ein gutes Zeichen.
„Darf ich reinkommen?“
Erik antwortete nicht. Er drehte sich nur um, marschierte durch die Verbindungstür der Suite und legte sich in Thors Zimmer ins Bett.
Tony folgte langsam.
„Ist dir noch … schlecht?“
„Kotzübel ist mir“, erwiderte Erik. Seine Augen waren geschlossen, ohne Zweifel konnte man erkennen, wie schlecht es ihm ging.
„Habt wohl gestern ordentlich gefeiert, was?“
Es sollte mitfühlend klingen. Klar, Produktionen waren auch immer mit gewissen Partys verbunden, so war das nun mal in ihrer Branche. Aber als Tony sich ein wenig umsah, konnte er kaum noch Verständnis aufbringen.
Gläser und Getränkeflaschen standen auf dem Tisch, die Luft war geschwängert mit Nikotin und Alkohol, ebenso war der Geruch nach Erbrochenem deutlich wahrnehmbar.
„Warum …“ Tony schluckte. Er konnte kaum aussprechen, was er fragen sollte, und dennoch, wollte er die Antwort hören, auch wenn er wusste, dass sie schmerzen würde. „Warum liegst du bei Thor im Bett und nicht drüben bei dir?“
„Weiß nicht …“ Nur kurz sah Erik auf. Er trug lediglich eine Unterhose, da es ihn fröstelte, zog er die Bettdecke hoch bis ans Kinn. „Ich hab’ die ganze Nacht hier gepennt.“
„Ach so …“
Die Antwort traf Tony wie erwartet, wie ein Schlag, wie eine Demütigung. Hatte er nicht schon genug gelitten? Hatte er seine Abreibung nicht schon längst erhalten?
Kurz dachte er daran, einfach zu gehen. Wieso quälte er sich?
Noch einmal sah er auf Erik, dann suchte sein Blick das Zimmer erneut genau ab. Er erspähte die Stiefel vor dem Bett. Als er das Bett umkreiste, bemerkte er die Kondomverpackungen auf dem Boden, daneben sogar ein anscheinend benutztes Präservativ.
„Dylan war auch hier, ja?“, vergewisserte er sich. Zu deutlich konnte er sich daran erinnern, dass Dylan gegangen war, um Ordnung zu schaffen. Doch, was war stattdessen geschehen?
„Ja.“
Eriks Stimme klang ehrlich. Er wollte nichts verheimlichen, noch verbergen. Vielleicht war er auch froh, dass Tony fragte.
Der wandte sich um, blickte abermals auf den Tisch. Jetzt erlangte die Digitalkamera seine ganze Aufmerksamkeit. „Ihr habt Fotos gemacht?“
„Bitte, Tony, lass’ es sein …“
Erik richtete sich wieder auf, wobei die Bettdecke von seinem Oberkörper rutschte. Doch er konnte nicht verhindern, dass Tony sich die Kamera griff, ein paar ihrer Knöpfte bediente, bis die letzten Aufnahmen auf dem kleinen Display erschienen.
„So ist das also …“, sprach er leise, als er die Bilder betrachtete, die Erik mit Dylan im Arm zeigten. Bei dem Foto, welches die beiden Männer küssend präsentierte, stellte er die Kamera wieder aus.
„Hat Thor die Fotos gemacht?“
„Ja.“ Erneute Übelkeit überkam Erik, doch er versuchte, sich zusammen zu reißen. Verlegen strich er die Haare zurück, sah auf die Bettdecke, als würde er sich für die Bilder schämen.
„Und dann habt ihr’s miteinander getrieben?“, fragte Tony. Seine Stimme wurde lauter. „Wer mit wem?“
Erik schüttelte den Kopf. „So genau weiß ich es nicht mehr.“
„Na, super!“
Tony bebte. Tränen schossen ihm in die Augen. Er drehte sich weg, um seine Gefühle zu verbergen. Doch es war kaum möglich, die Emotionen zu zügeln. Hektisch wischte er ein paar Tränen aus dem Gesicht.
„Und ich dachte, das mit uns sei was Ernstes …“
Er drehte sich. Als er Erik betrachtete, verschwamm das Bild vor seinen Augen. Eriks
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