Thors Valhall
saß er am Abend im Wohnzimmer, den Laptop vor sich drapiert, ohne Regung, ohne Worte, bis Dylan ihn sanft an der Schulter berührte.
„Gibt’s was Neues?“
Tony schüttelte den Kopf. „Funkstille“, berichtete er. „Ich warte ständig darauf, dass er online geht, dass ich wenigstens mit ihm chatten kann … Aber er geht mir aus dem Weg. Selbst im Studio sieht er mich kaum an.“
Dylan dachte nach. War es nicht irgendwie traurig, was aus dieser harmonischen Männerliebe geworden war? Ihr Streit war absolut unnötig, ihr Verhalten vielleicht verkehrt gewesen.
„Soll ich mal mit ihm reden? Ich glaube, ich kann ganz gut mit ihm.“
Sofort sah Tony auf. „Würdest du das machen, echt?“
Dylan nickte. Er war sich sicher, dass Erik ihm zuhören würde. Vielleicht könnten sie ganz offen über die Situation reden? War er nicht selbst an so einem Gespräch interessiert?
„Klar, kein Problem, ich mach’ das!“ Dylan eilte zur Garderobe und ergriff seinen schwarzen Fellmantel. „Ich fahr’ gleich hin.“
Er schien ganz optimistisch, voller Tatendrang. Als der Gedanke ihn allerdings streifte, dass er dort im Hotel nicht nur Erik begegnen würde, sondern auch Thor, der an dem Drama nicht ganz unbeteiligt war, legte sich die altbekannte Übelkeit in seinen Magen. Thor und Erik … die beiden …
Der Gang zur Hausbar war automatisch. Mit zittrigen Fingern goss sich Dylan einen Whiskey ein. Nur einen, durchschoss es seine Gedanken. Einen Drink, um klar denken und die Begebenheiten ertragen zu können.
Als Tony bemerkte, dass Dylan erneut trank, kam er sofort auf die Beine.
„Hey?“
„Ja?“ Dylan drehte sich. „Was ist?“
„Muss das sein?“ Tony deutete auf das Glas.
„Wenn ich mit Erik reden soll, brauch ich ebenso viel Kraft, wie du!“, keifte Dylan. „Mir geht der Scheiß auch nah, okay? Auch wenn du es nicht glauben kannst!“
Dylan drehte sein Gesicht weg. Vielleicht war er von seinen frustrierten Worten selbst überrascht. Gab er doch selten seine eigenen Gefühle Preis.
„Schon gut.“ Tony seufzte resignierend. In diesem Moment merkte er, dass er gegen Dylan kaum noch agieren konnte.
Entschlossen trat er vor die rechte Tür der Suite, hinter der sich Thors Zimmer verbarg. Eindeutig ertönten Stimmen aus diesem Raum. Sein Klopfen war ebenso gezielt. Es dauerte nicht lange, bis Thor öffnete.
„Perk?“ Es klang erstaunt. „Was gibt’s zu so später Stunde?“
„Ich wollte eigentlich mit Erik reden …“
„Aha.“ Thor zögerte, dann trat er einen Schritt vor und atmete tief ein. „Hast du wieder getrunken?“
„Nur einen Drink …“
Thor trat zurück und schüttelte den Kopf, woraufhin Dylan sich lauthals verteidigte.
„Ich bin nicht be trunken!“, beteuerte er. War das nicht eine Lüge? Er drängte sich ein wenig vor, um in die Suite blicken zu können. An dem Tisch sah er Erik sitzen, vor ihm Bierflaschen und Schnaps. „Und ihr trinkt doch auch! Jetzt sag nicht, dass du mich wegen eines Drinks nicht reinlassen willst?“
Erik kam auf die Beine, doch er taumelte dabei. Unsicheren Schrittes kam er näher.
„Lass ihn doch, Thor. – Mir geht es auch beschissen. Warum dürfen wir heute nicht mal trinken?“
An der Tür angekommen, lehnte er sich an Thors Schulter. Wie immer, wenn Erik um etwas bat, zeigte Thor Nachsehen.
„Von mir aus. – Aber ich trage dafür keine Verantwortung.“
Er zog sich in die Sitzecke zurück. Erik und Dylan folgten.
„Was macht ihr?“, fragte Dylan sofort, als er die vielen Notizzettel auf dem Tisch liegen sah. Dass er eigentlich ein ernstes Gespräch mit Erik führen wollte, trat völlig in den Hintergrund.
„Wir komponieren und sammeln Ideen, für die Live Show.“ Erik lächelte, dabei mixte er sich und auch Dylan ein Glas Whiskey - Cola. „Ich gehe davon aus, dass ihr nicht nochmal eine Knutsch- Darbietung wollt?“
Thor schüttelte sofort den Kopf. „Den Gefallen tun wir der Presse nicht.“ Er steckte sich eine Zigarette an. „Ich dachte eher an eine Lasershow und ein paar Fackeln, dazu aufwändige Bühnenoutfits.“
„Klingt gut.“ Erik leerte sein Glas. Seine Augen waren rot, klein, wirkten übermüdet. Er war deutlich betrunken. Selten war er so ausgelassen und albern, wie jetzt. Kichernd fügte er hinzu. „Oder Dylan und ich knutschen … ha ha … zur Abwechslung.“
„Hätte nichts dagegen“, erwiderte Dylan mit einem Augenzwinkern. Deutlich bemerkte er, wie seine Äußerung gesteigerte Aufmerksamkeit in
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