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Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Titel: Thunderhead - Schlucht des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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Mahlzeit für Bänder und Wilde, aber nicht für zivilisierte Menschen wie mich.«
    Bis auf Sloane schienen alle, die an diesem kühlen Morgen um das Feuer hockten und ihren Kaffee schlürften, verdrießlich und reizbar zu sein. Nora fragte sich, ob die gedämpfte Stimmung der anderen wohl auch von den Entdeckungen herrührte, die sie in der Stadt und im Inneren des Großen Kivas gemacht hatten.
    Langsam brachte die aufgehende Sonne mehr Farbe in die Landschaft und verwandelte das Grau der Dämmerung in leuchtendes Rot, Gelb, Violett und Grün. Smithback sah, wie Noras Blicke an den Klippen entlang wanderten, und bemerkte: »Das ist wie Malen nach Zahlen, nicht wahr?«
    »Was für ein poetischer Gedanke«, sagte Nora.
    »Die Poesie ist nun mal mein Geschäft«, kicherte Smithback. Er fischte mit einem Löffel etwas Kaffeesatz aus seiner Tasse und warf ihn in den Busch hinter sich.
    Nora hörte leise Schritte im Sand, und als sie aufblickte, sah sie Aragon kommen, der sich fest in eine dicke Jacke gesummt hatte. Er goss sich wortlos eine Tasse Kaffee ein, die er rasch hinunterkippte und mit zitternden Händen noch einmal nachfüllte.
    »Na, haben Sie wieder einmal die Nacht zum Tage gemacht, Enrique?«, fragte Nora.
    Aragon schien sie nicht gehört zu haben. Er trank weiter seinen Kaffee und starrte ins Feuer. Erst nach ein paar Minuten sah er Nora mit seinen dunklen Augen an. »Ja, es ist ziemlich spät geworden. Ich hoffe, ich habe niemanden gestört.«
    »Nein, überhaupt nicht«, antwortete Nora rasch.
    »Und, haben Sie wieder an Ihren geliebten Knochen herumgeforscht?«, fragte Black.
    Aragon trank wortlos seine Tasse aus und füllte sie zum dritten Mal. »Ja.«
    »Soviel zum Thema Störung einer Fundstätte«, bemerkte Black grinsend. »Und, haben Sie etwas herausgekriegt?«
    Aragon ließ sich mit seiner Antwort lange Zeit. »Ja«, sagte er dann abermals.
    Etwas in seinem Ton ließ die anderen verstummen.
    »Nun reden Sie schon endlich, Mann«, tönte Smithback schließlich. »Lassen Sie sich doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen.«
    Aragon stellte seine Tasse ab und begann langsam und überlegt zu sprechen, so, als habe er sich jeden Satz sorgfältig zurechtgelegt. »Wie ich Nora schon gesagt habe, ist die Anordnung der Knochen in dem Tunnel extrem merkwürdig.« Er hielt inne und holte aus seiner Jackentasche eine kleine Plastikdose, die er auf den Boden stellte und vorsichtig öffnete. In dem Behälter waren drei Knochenstücke und ein Splitter eines Schädels.
    »Oben auf den Knochenhaufen liegen etwa fünfzig bis sechzig komplette Skelette«, fuhr er fort. »An manchen von ihnen habe ich noch Reste von Kleidung, aber auch Juwelen und persönliche Ziergegenstände gefunden. Die Toten waren gut ernährte, wohlhabende Menschen, die fast alle in der Blüte ihrer Jahre standen. Obwohl sie alle zur selben Zeit gestorben zu sein scheinen, ließen sich an ihren Knochen keine Spuren von Gewaltanwendung erkennen.«
    »Haben Sie eine Erklärung dafür?«, fragte Black.
    »Mir kommt es so vor, als ob in Quivira ganz plötzlich eine Seuche ausgebrochen sei, von der die Menschen so rasch dahingerafft wurden, dass sie ihre Toten nicht einmal mehr ordentlich bestatten konnten«, antwortete Aragon. »Es ist mir zwar nicht gelungen, eine definitive Krankheitsursache herauszufinden, aber ich weiß, dass viele virale oder bakterielle Infektionen keine Spuren an den Knochen hinterlassen. Auf jeden Fall hat man die Leichen so, wie sie waren, in den Tunnel geschleift und sie auf die dort bereits vorhandenen Gebeine geworfen.« Sein Gesichtsausdruck veränderte sich. »Mit diesen Knochen hat es allerdings eine ganz eigene Bewandtnis. Bei ihnen handelt es sich um die zerbrochenen Überreste von Hunderten, ja Tausenden von Menschen, die man im Laufe vieler Jahre dort hineingeworfen hat. Anders als die kompletten Skelette stammen sie von Toten, die auf brutale Weise ums Leben gekommen sind. Auf sehr brutale sogar.«
    Aragon blickte mit seinen dunklen Augen die anderen an, einen nach dem anderen. Nora spürte, wie sich ihr ungutes Gefühl verstärkte.
    »Die Knochen aus der unteren Schicht weisen einige charakteristische Merkmale auf, die bei fast allen identisch sind«, sagte Aragon und wischte sich mit seinem fleckigen Halstuch übers Gesicht. Mit einer Pinzette deutete er auf eines der zerbrochenen Knochenstücke in dem Behälter. »Wie Sie hier sehen können, weisen viele der Langknochen Bruchstellen auf, die perimortem auf

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