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Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten

Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten

Titel: Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
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darauf in einen gewagten Sturzflug überzugehen und in der Meerenge zwischen der versunkenen Insel und dem Festland von Cornwall nach Fischen zu tauchen. Die Vögel bewegten sich in diesem überaus engen Bereich einer Librationszone, in der sich Wirklichkeit an Elfenmagie rieb und die Realität der Menschen in das Traumland von Lyonesse überging.
    Eine der Möwen verschätzte sich – sie hatte das schwarze Band abgestorbener Schmetterlingsflügel in ihrem Rücken nicht bemerkt – und wurde von der grauschwarzen Masse verschlungen. Die Möwe verschwand; Nadja wandte sich betrübt ab.
    Nach einer Weile ging sie zur Tür und fand sie verschlossen vor. »Aufmachen!«, rief sie und klopfte mit den Fäusten gegen das Holz. »Ich möchte zu Talamh!«
    »Heute nicht mehr«, erwiderte eine Stimme, die sie immer mehr zu hassen lernte. Koinosthea. »Der Junge schläft bereits. Margarethe sorgt für ihn.«
    »Alebin hat mir versprochen, dass ich meinen Sohn jederzeit sehen darf! Willst du dich gegen den Willen deines Herrschers stellen?«
    »Siehst du Alebin irgendwo?« Die Alte lachte krächzend. »Er hat den Turm der Frauen noch nie betreten, und er wird sich hüten, es zu versuchen. Doolin ist das einzige halbwegs männliche Wesen, das bis hierher vordringen darf.«
    Nadja klopfte noch lauter, noch drängender gegen die schwere Eichentüre. Sie öffnete sich einen Spaltbreit. Koinosthea blickte ihr feindselig entgegen. »Ich werde ihm sagen, dass du mich von Talamh fernhältst«, drohte sie der alten Hexe. »Er wird dir …«
    »Gar nichts wird er, meine Hübsche! Meinst du denn, dass er dir glaubt, wenn dein Wort gegen meines und das der Wächterinnen im Turm der Frauen steht?« Wieder dieses hässliche, hasserfüllte Kichern. »Wenn du schön brav bist, lasse ich dich morgen früh zu deinem Balg. Bis dahin solltest du dich beruhigen und schlafen. Und denk daran …« Koinosthea machte eine lange, bedeutungsvolle Pause. »Ich erwarte eine glaubwürdige Entschuldigung für dein Verhalten. Im Übrigen solltest du dir etwas überziehen. Die Nächte in Lyonesse können mitunter kalt werden.«
    Nadja wich erschrocken zurück und bedeckte ihre Scham. Es scherte sie nicht, wenn die Zofe sie nackt sah; doch Koinosthea hatte etwas in ihren Blicken, was sie schaudern ließ.
    Schnell eilte die junge Frau zur Wäschetruhe und zog ein grob gesponnenes Unterkleid hervor.
    Die Dunkelheit war schrecklich. Eine einzige Kerze am Nachttisch erleuchtete Nadjas Zimmer. Seltsame Geräusche, an die sie sich trotz ihres mehrwöchentlichen Aufenthalts in diesem Zwischenreich noch immer nicht gewöhnt hatte, ließen sie immer wieder aus einem Halbschlummer hochschrecken.
    Lyonesse war nach wie vor schön, trotz der Veränderungen, die Alebin vornahm. Das kleine Königreich besaß einen ganz besonderen Charme, der wohl den allgegenwärtigen Rosen und seinen pittoresken Einwohnern geschuldet war. Doch nun, in der Dunkelheit, wurde das Ungewohnte zum Unheimlichen. Steinerne Gargoyles, die auf den Turmerkern saßen und bei Regen Wasser in weiter unten aufgestellte Holztonnen spien, erwachten scheinbar. Sie turnten dann über Zinnen und Dächer, heulten, und sie schrien mit schriller Stimme. Grell leuchtende Nachtfalter flatterten am Fenster vorbei. Ihre übergroßen Gesichter wirkten irgendwie menschlich, und sie wurden wiederum von Eichhörnchen mit Flügeln gejagt, in deren Mäulern grässlich große Zähne aufblitzten…
    Nadja setzte sich möglichst geräuschvoll auf, räusperte sich und intonierte leise die Melodie eines süditalienischen Kinderliedes. Es tat ihr gut, sich selbst zu hören; es machte ihr Mut. Sie wandte den Blick vom Fenster ab und starrte in das Nachtlicht, bis sich die Helligkeit in ihre Netzhaut gebrannt hatte. Als sie die letzte Strophe des Liedes gesungen hatte, wagte sie endlich wieder, nach draußen zu blicken.
    Nichts war zu sehen. Die Schimären und Geister, die sie in ihrer überreizten Fantasie gequält hatten, waren verschwunden.
    Erleichtert sank Nadja aufs Bett zurück. Diese aufgezwungene Untätigkeit machte ihr mehr zu schaffen als alles andere. Sie war hochgradig nervös, und sie sah Gespenster, wo es keine gab. Ihre Gedanken wirbelten wild durcheinander. Halb ausgegorene Fluchtideen drangen hoch und verschwanden gleich darauf wieder in den Tiefen ihres Unterbewusstseins. Nach wie vor loderte die Hoffnung in ihr,
irgendwie
mit der Welt außerhalb Kontakt aufzunehmen. Selbst die Hilfe Bandorchus oder des Getreuen

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