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Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten

Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten

Titel: Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
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hätte sie, ohne zu zögern, angenommen, wenn sie nur dieser Hölle der eigenen Hilflosigkeit entkam.
    Ja, sie hätte mit Alebin geschlafen. Sie hätte sich ihm hingegeben und ihm das Schauspiel seines Lebens geboten, um den Elfen glücklich zu machen und eine Belohnung für ihre Liebesdienste einfordern zu können. Talamhs und Davids Leben waren ihr mehr wert als ihre körperliche Unversehrtheit.
    Irgendwann, ohne dass Nadja es bewusst wahrnahm, rutschte sie in einen tiefen und erholsamen Schlaf. Keiner der Götter, Elfen, Gargoyles und Zaubergeschöpfe, die in Lyonesse residierten, störte ihren Schlummer. Als sie am Morgen erwachte, war sie voll frischen Mutes – und wälzte eine vage Idee, auf die sie ausgerechnet Koinosthea gebracht hatte.
    »Warum darfst du als einziger Mann in den Turm der Frauen?«, fragte Nadja während des Frühstücks. Es klang so unverfänglich wie möglich.
    »Darüber möchte ich nicht reden«, antwortete der Bucklige kurz angebunden und machte sich laut schmatzend über eine deftig gewürzte Wildbretkeule her.
    »Manche Dinge hier verstehe ich nicht«, sinnierte Nadja. »Alebin gibt Befehle und meint, der unumschränkte Herrscher von Lyonesse zu sein. Aber wenn es um Koinosthea geht, zieht er augenscheinlich den Kürzeren.«
    Doolin hielt inne. Ein Stück Fleisch fiel aus seinem Mund zurück auf den fein ziselierten Zinnteller vor ihm. »Leg dich ja nicht mit der alten Hexe an!«, mahnte er.
    »Hast du etwa auch Angst vor ihr?«
    »Ich nenne es Respekt.«
    »Und woher stammt dieser Respekt?«
    »Koinosthea begleitet Alebin schon länger als irgendein anderer«, sagte Doolin nach längerem Zögern. »Sie kennt viele seiner Geheimnisse. Wobei er sicherlich keinen Moment lang zögern würde, sie zu töten, wenn es ihm etwas brächte.«
    »Bist du dir sicher?«
    »Ja. Nein. Ach, lass mich in Ruhe mit deinen endlosen Fragen! Gönn einem alten Krüppel doch sein karges drittes Frühstück.«
    »Willst du mir sagen, dass du bereits
zwei Mahlzeiten
hattest?«
    »Natürlich. Die Sonne ist ja schon vor zwei Stunden aufgegangen.« Angewidert schob er die nett drapierten Petersilienblätter zum Rand des Tellers und widmete sich wieder seiner fleischlichen Nahrung.
    »Du trägst deinen Buckel heute auf der linken Seite.«
    »Er hat einen eigenen Willen, der Gute.«
    »Darf ich fragen, was es mit dem Buckel eigentlich auf sich hat?«
    »Nein, darfst du nicht.« Doolin rülpste ausgiebig und hielt sich die Wampe. »Wenn du möchtest, können wir nun Talamh besuchen.«
    Nadja legte ihr Besteck beiseite und folgte Doolin. Es ging die steile Wendeltreppe hinab. Frische, kalte Morgenluft zog durch schießschartenähnliche Fenster ins Innere des Bauwerks. Eine Fledermaus, die es sich im Halbschatten einer steinernen Ruhebank auf halber Höhe des Turms bequem gemacht hatte, schreckte hoch. Sie breitete ihre Flügel aus und wollte wegflattern – überlegte es sich aber anders und vergrub ihr Gesicht zwischen den Lederschwingen.
Kannte
sie Doolin etwa,
vertraute
sie ihm?
    Nach geraumer Zeit erreichten Nadja und ihr Begleiter einen großzügig gestalteten Vorraum, von dem aus Verbindungswege in andere Teile der weitverzweigten Burg führten. Eine Zwergenkolonne mit geschulterten Hacken und Beilen marschierte laut und hässlich vor sich hin brummend hinab in ein Kellergewölbe.
    Es sind sieben Zwerge
, dachte Nadja mit einem Anflug von Humor, bevor sie sich wieder ihrer vordringlichen Sorge widmete: Sie konnte Talamh mit steigender Intensität spüren. Er fühlte sich nicht besonders gut und war quengelig. Sosehr sein Intellekt auch bereits entwickelt war, blieben Talamhs Reaktionen nach wie vor die eines Babys – und die ihren waren die einer Mutter, die ihr Kind unter allen Umständen schützen wollte. Je näher Nadja dem Zimmer kam, desto rascher ging sie. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie die schwarzen Rosen sah, die zwischen den Fugen des Mauerwerks hervorwuchsen. Manche von ihnen verdorrten; genau wie viele andere Blümchen, die Talamh während der letzten Tage durch seine beeindruckenden Kräfte und trotz der Dunkelheit zum Erblühen gebracht hatte.
    Im Laufschritt eilte Nadja voraus, kümmerte sich nicht um die beiden Wachen, die links und rechts vom Eingang des Kinderzimmers standen, und stürmte in den Raum. Margarethe, das Kindermädchen, hielt Talamh wiegend in der Hand. Er schrie, und dicke Tränen quollen aus den entzündeten Äuglein.
    Ohne ein Wort zu sagen, entriss Nadja Talamh der

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