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Thursday Next 02 - In einem anderen Buch

Thursday Next 02 - In einem anderen Buch

Titel: Thursday Next 02 - In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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schon bald von Ihnen hören, nicht wahr?«

10. Ein Mangel an Unterscheidung
    Seit Veronica Golightlys Verschwinden habe ich keine so perfekte Nichtung mehr erlebt wie die von Landen. Sie haben ihn eliminiert und alles andere blieb genau, wie es war.
    Keine stümperhafte Hackerei wie bei Churchill oder bei Victor Borge - diese Dinge konnten wir im Lauf der Zeit klären. Was ich allerdings nie ganz verstanden habe, ist, wie sie es geschafft haben, ihn zu nichten und dabei alle Erinnerungen meiner Tochter an ihn exakt zu bewahren. Zugegeben, es wäre Unsinn gewesen, ihn zu eliminieren, ohne dass sie wusste, was ihr jetzt fehlte, aber die Geschichte hat mich doch vier Jahrhunderte lang beschäftigt und ich muss heute noch daran denken. Exakte Wissenschaften sind Nichtung und Dichtung nun einmal nicht.
    COLONEL NEXT, QT CG (nonexist.) Zeitauf, zeitab (unveröffentl. Ms.)
    Während ich dem davonbrausenden Packard nachsah, überlegte ich, was zu tun sei. Einen Weg in Poes ›Raben‹ zu finden, hatte jetzt höchste Priorität. Schwer würde es nicht sein, sondern unmöglich. Aber davon durfte ich mich nicht abschrecken lassen. Ich hatte schon früher gelegentlich unmögliche Dinge getan, und die Aussicht schockierte mich nicht mehr. Ich dachte daran, wie ich Landen zuletzt gesehen hatte, wie er in das Cafe gehinkt war. In zwei Wochen war sein Geburtstag - wir hatten geplant, mit dem Luftschiff nach Spanien oder sonst irgendwo in die Wärme zu reisen. Wir wussten ja, dass es mit dem Urlaub schwieriger sein würde, wenn das Baby erst einmal da war -
    Das Baby. Nach alledem, was passiert war, wusste ich gar nicht mehr, ob ich noch schwanger war. Ich sprang in den Wangen und fuhr mit kreischenden Reifen zurück in die Stadt, sehr zum Schrecken einiger Riesen-Alke, die in einer Mülltonne herumpickten.
    Ich raste in die Shelley Street, zu meiner Gynäkologin. Praktisch jeder Laden, an dem ich vorbeikam, hatte Spielzeug, Kinderwagen oder Babystühlchen im Schaufenster, so schien es, und auf den Straßen wimmelte es von Säuglingen, Kleinkindern und hochschwangeren Frauen, die mich alle anstarrten. Im Halteverbot vor der Praxis kam ich zum Stehen. Eine Politesse sah mich und mein Nummernschild gierig an.
    »Vergessen Sie's«, rief ich. »Ein Notfall! Werdende Mutter!«
    Ich stürmte hinein und stieß auch gleich auf die Arzthelferin, mit der ich am Tag zuvor zu tun gehabt hatte.
    »Kennen Sie mich?« fragte ich hastig. »Ich war gestern bei Ihnen. Sagen Sie, bin ich schwanger gewesen?«
    Ihr Gesicht zeigte keinerlei Überraschung. »Ja, natürlich, Miss Next!« erwiderte sie. »Ihr schriftlicher Befund ist schon unterwegs.« Wahrscheinlich war sie solche Reaktionen gewöhnt. »Ist alles in Ordnung? Brauchen Sie ein Glas Wasser?«
    Ich ließ mich auf einen Stuhl fallen und brach in Tränen aus. Ich war ungeheuer erleichtert. Ich hatte also nicht nur Erinnerungen an Landen, ich trug auch sein Baby in mir. Ich rieb mir das Gesicht mit den Händen. Ich hatte im Krieg und als Gesetzeshüterin schon einige lebensgefährliche Situationen hinter mich gebracht, aber lieber wäre ich Hades noch einmal begegnet, als diese Aufregung durchzumachen.
    »Nein, nein«, sagte ich glücklich. »Alles in Ordnung.«
    »Sehr gut«, strahlte die Schwester. »Möchten Sie sonst noch was wissen?«
    »Ja, vielleicht schon«, sagte ich. »Wo wohne ich eigentlich?«
     
    Der schäbige Wohnblock am Rand der Innenstadt wirkte nicht wie meine bevorzugte Wohngegend, aber wer wusste schon, wie mein Leben ohne Landen aussah? Entschlossen betrat ich das Haus und stieg ins oberste Stockwerk hinauf. Nummer Sechs. Wie gut, dass die Wohnungen nummeriert waren.
    Ich holte tief Luft und schloss die Tür auf. In der Küche entstand heftige Unruhe, und Pickwick kam auf mich zu. Als Begrüßungsgeschenk trug sie das abgerissene Deckblatt der LitAg-Gazette vom letzten Monat im Schnabel. Ich schob die Tür mit dem Fuß zu und kraulte sie unter dem Kinn. Vorsichtig sah ich mich um.
    Zu meiner Erleichterung zeigte sich, dass die Wohnung trotz des hässlichen Hauses ganz hübsch war. Die Fenster zeigten nach Süden. Ich konnte mich natürlich an gar nichts erinnern, aber ich war froh, als ich sah, dass Pickwicks Ei noch immer in ihrem Korb ruhte. Langsam erforschte ich meine neue Umgebung. Wie es schien, malte ich dank Landens Abwesenheit sehr viel mehr, denn an den Wänden hingen und standen überall unvollständig bemalte Leinwände. Es gab ein paar Bilder von Pickwick und

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