Thursday Next 02 - In einem anderen Buch
diskrete Frau.«
»Kommen Sie - irgendwas muss es doch geben - die Leute reden doch immer.«
»Ja, es gibt ein paar Gerüchte im Büro, aber ich höre nicht viel davon. Ich bin ja Ihr Partner. Ihr Liebesleben ist Gegenstand verschiedenster Spekulationen. Man nennt Sie -«
Bowden verstummte.
»Also? Wie werde ich genannt?«
»Ach, das wollen Sie gar nicht wissen.«
»Reden Sie, Bowden!«
»Na schön«, sagte er. »Sie werden - man nennt Sie das
Eismädchen.«
»Eismädchen?«
»Es ist nicht so schlimm wie mein Spitzname«, fuhr Bowden fort. »Mich nennen sie
Toter Hund.«
»Toter Hund?« sagte ich und tat so, als hätte ich das noch nie gehört. »Eismädchen? Das ist irgendwie ... abgedroschen, nicht wahr? Ist denen nichts Besseres eingefallen? Na, egal, hab ich nun einen Freund oder nicht?«
»Es gab mal ein Gerücht über jemanden bei SO-14 -«
Ich hielt die Krocket-Jacke hoch und versuchte mir vorzustellen, wie groß der namenlose Liebhaber sein könnte.
»Gibt es eine positive ID?«
»Es ist nur ein Gerücht, Thursday.«
»Sag schon, Bowden!«
»Miles«, sagte er schließlich. »Es handelt sich wohl um Miles Hawke.«
»Ist es ernst?«
»Ich hab keine Ahnung. Sie reden nicht über diese Dinge mit mir.«
Ich bedankte mich und legte auf. Plötzlich hatte ich Schmetterlinge im Bauch. Ich wusste, dass ich schwanger war, aber: Wer war der Vater? Wenn ich einen Liebhaber namens Miles hatte, dann war es womöglich gar nicht Landens Kind?
Ich rief meine Mutter an, aber die war gerade damit beschäftigt, einen angebrannten Kochtopf in ihrer Küche zu löschen, und an tiefgründigen Gesprächen nicht interessiert. Ich fragte sie, wann ich zum letzten Mal einen jungen Mann mit nach Hause gebracht hätte, und sie sagte, das müsse mindestens sechs Jahre her sein, sie könne sich kaum noch daran erinnern, und wenn ich mich mit dem Heiraten nicht allmählich beeilte, müsste sie Enkelkinder wahrscheinlich noch adoptieren oder aus einem Kinderwagen am Supermarkt klauen, je nachdem was einfacher ginge. Ich sagte ihr, ich würde sofort losziehen und nach einem geeigneten Schwiegersohn suchen, und hängte auf.
Nervös ging ich in meinem Wohnzimmer auf und ab. Wenn ich meiner Mutter diesen Miles nicht vorgestellt hatte, dann war die Sache wahrscheinlich gar nicht so ernst. Andererseits, wenn sein Zeug bei mir in der Wohnung herumlag, dann war es womöglich doch ernst. Plötzlich kam mir eine Idee. Ich ging zum Nachttisch und wühlte darin herum. Am Ende fand ich ein Päckchen Kondome, die über drei Jahre alt waren. Ich stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. So kannte ich mich schon eher - es sei denn, dieser Miles hatte seine eigenen Gummis. Andererseits, wenn ich tatsächlich schwanger war, dann waren die Kondome auch kein Beweis, es sei denn dafür, dass wir sie nicht benutzten. Vielleicht gehörten die Kleider ja auch gar keinem Miles? Und was war mit meinen Erinnerungen? Wenn die überlebt hatten, dann hatte der kleine Landen in meinem Bauch ja vielleicht auch überlebt? Ich setzte mich aufs Bett, machte meinen Pferdeschwanz auf und zog die Finger durchs Haar. Dann ließ ich mich rücklings aufs Bett fallen und heulte.
11. Oma Next
Ganz wie ich erwartet hatte, kam die junge Thursday an diesem Morgen bei mir vorbei. Sie hatte gerade Landen verloren, so wie ich meinen Mann schon vor Jahren eingebüßt hatte. Sie hatte die Jugend und die Hoffnung auf ihrer Seite, und obwohl sie es noch nicht wusste, besaß sie auch viel von dem, was wir Das Andere nennen. Ich hoffte, sie würde klug damit umgehen. Zu dieser Zeit wusste noch nicht einmal ihr Vater, wie wichtig sie war. Nicht nur Landens Leben hing von ihr ab. Sondern alles Leben, vom unbedeutendsten Pantoffeltierchen bis zur komplexesten Lebensform, die jemals auftreten würde.
Aus Papieren, die in den Unterlagen der ehemaligen SpecOps-Agentin Next entdeckt wurden
Am nächsten Morgen machte ich in aller Frühe einen Spaziergang mit Pickwick. Oder vielleicht sollte ich eher sagen: Sie machte einen Spaziergang mit mir. Sie war diejenige, die sich auskannte. Sie führte mich die Straße hinunter zum Park und spielte zimperlich mit ein paar anderen Dodos, während ich auf einer Bank saß. Eine brummige alte Dame saß neben mir, und wie sich zeigte, war das Mrs Scroggins, die direkt unter mir wohnte. Sie erklärte mir, ich sollte künftig nicht mehr so viel Lärm machen, und gab mir anschließend ein paar höchst nützliche Tipps, wie man Tiere ins Haus
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