Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Thursday Next 02 - In einem anderen Buch

Thursday Next 02 - In einem anderen Buch

Titel: Thursday Next 02 - In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
Vom Netzwerk:
schlug den kleinen Beatrix-Potter-Band auf. Noch einmal warf ich Oma Next einen fragenden Blick zu.
    »Lies!«
    Also las ich ihr das Kaninchenbuch vor, von Anfang bis Ende.
    »Und?« fragte sie.
    »Nichts«, sagte ich traurig. »Gar nichts.«
    »Nicht mal das Surren eines Rasenmähers oder der Geruch von Gartenabfällen?«
    »Nein, nicht das Geringste.«
    »Pah!« sagte Oma. »Lies es noch mal vor!«
    Also las ich es noch einmal vor, und dann noch ein drittes Mal.
    »Immer noch nichts?«
    »Nein, Omi.« Allmählich wurde es langweilig.
    »Wie siehst du die Gestalt von Mrs Tittlemouse?«
    »Energisch und intelligent«, sagte ich. »Vielleicht ein bisschen schwatzhaft, und zu viel Namedropping. Aber jedenfalls ist sie Benjamin intellektuell weit überlegen.«
    »Wie kommst du denn darauf?« fragte Oma.
    »Na ja, dass er seinen Kindern erlaubt, im Freien zu schlafen, zeigt doch, dass er ziemlich verantwortungslos ist. Wenn Flopsy nicht gekommen wäre .«
    »Kann sein«, sagte Oma. »Aber ist es denn sehr klug von ihr, dass sie vom Fenster aus zuschaut, als Mr und Mrs Mc-Gregor feststellen, dass sie mit dem verfaulten Gemüse reingelegt worden sind?«
    Da hatte sie Recht.
    »Das ist eine erzählerische Notwendigkeit«, erklärte ich ihr. »Ich glaube, es ist einfach spannender so. Sonst wüßte man ja nicht, wie die Sache ausgeht. Ich vermute, wenn Flopsy hätte allein entscheiden können, wäre sie einfach wieder in den Bau geschlüpft, aber an dieser Stelle hat ihr Beatrix Potter vorgeschrieben, was sie zu tun hat.«
    »Interessante Theorie«, sagte Oma und wackelte mit den Zehen, um ihren Kreislauf in Schwung zu halten. »Mr Mc-Gregor ist ein übler Bursche, nicht wahr?«
    »Nö«, sagte ich, »das ist ein Missverständnis. Ich sehe Mrs Mc-Gregor als die eigentlich Böse in dieser Geschichte. So eine Art Lady Macbeth. Sein angestrengtes Zählen und beständiges Kichern deutet auf eine gewisse Beschränktheit hin, die es Mrs Mc-Gregors weitaus aggressiverer Persönlichkeit erlaubt, ihn zu beherrschen. Außerdem ist ihre Ehe gefährdet. Sie bezeichnet ihn als ›vertrottelten alten Narren‹ und behauptet, das verfaulte Gemüse sei nur ein dummer Streich, um sie zu ärgern.«
    »Sonst noch was?«
    »Nö. Ich glaube das wär's. Gute Geschichte, oder?«
    Aber Oma gab keine Antwort. Sie kicherte still vor sich hin. »Du bist also immer noch hier?« sagte sie. »Du bist also nicht im Haus von Mr und Mrs Mc-Gregor?«
    »Nö.«
    »Woher weißt du dann, dass sie ihn einen ›vertrottelten alten Narren‹ genannt hat?«
    »Das steht hier im Text.«
    »Da würde ich aber lieber noch mal nachsehen, Schätzchen.«
    Ich schlug die entsprechende Seite auf und entdeckte zu meiner Verblüffung, dass Mrs Mc-Gregor tatsächlich nichts dergleichen gesagt hatte. »Merkwürdig«, sagte ich. »Das hab ich wohl selber erfunden.«
    »Vielleicht«, sagte Oma. »Aber vielleicht hast du es auch gehört. Schließ deine Augen und beschreib mir die Küche bei den Mc-Gregors.«
    »Lila gestrichene Wände«, murmelte ich. »Ein großer Herd mit einem Wasserkessel, der fröhlich auf dem Feuer summt. An der einen Wand ist eine Anrichte, da steht Geschirr mit Blumenmuster drauf, und auf dem blank geputzten Küchentisch steht eine Vase mit Blumen -«
    Ich schwieg.
    »Und woher weißt du das alles?« fragte Oma. »Wenn du nicht tatsächlich da warst?«
    Hastig griff ich nach dem Buch und überflog die Seiten mit der schlichten Prosa und den hübschen Aquarellen noch einmal. Ich konzentrierte mich, so gut ich konnte, aber es geschah nichts Entsprechendes mehr. Vielleicht hatte ich es zu sehr gewollt, ich weiß nicht. Nach dem zehnten Lesen sah ich nur noch die Buchstaben und die Druckerschwärze vor mir und sonst gar nichts mehr.
    »Das war doch immerhin schon ein Anfang«, sagte Oma, um mich zu ermutigen. »Versuch's noch mal mit einem anderen Buch, wenn du nach Haus kommst, aber erwarte dir nicht zu viel davon. Außerdem empfehle ich dir, Mrs Nakijima zu besuchen. Wo wohnt sie?«
    »Seit sie in Rente gegangen ist, wohnt sie ganz in
Jane Eyre.«
    »Und davor?«
    »Da hat sie in Osaka gelebt.«
    »Dann solltest du vielleicht dort nach ihr suchen. Und um Himmels willen - entspann dich!«
    Ich versprach es ihr, küsste sie auf die Stirn und verließ leise das Zimmer.

12. Zu Hause mit meinen Erinnerungen
    Lydia Startright war der Star unter den Reportern bei TNN.
Wenn es ein Spitzen-Event gab, dann konnte man sein letztes Geld darauf verwetten, dass

Weitere Kostenlose Bücher