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Thursday Next 02 - In einem anderen Buch

Thursday Next 02 - In einem anderen Buch

Titel: Thursday Next 02 - In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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die aus einem Farn- und Ginsterdickicht herausragten. Es war ein guter Beobachtungsposten, wir waren kaum zehn Meter von der gefährlichen Kurve entfernt. Dad zog eine große Plastiktüte aus seiner Tasche und breitete sie auf dem feuchten Gras aus. Wir setzten uns und lehnten uns an die größte Birke.
    »Und was machen wir jetzt?«
    »Wir warten acht Monate.«
    »Acht Monate? Dad, bist du irre? Wir können doch hier nicht acht Monate hocken?«
    »So wenig Zeit, so viel zu lernen«, sagte mein Vater. »Magst du ein Sandwich? Die stellt mir deine Mutter jeden Morgen ans Fenster. Ich bin nicht gerade scharf auf Corned beef mit Senfsoße, aber es hat einen gewissen exzentrischen Charme - und außerdem macht es satt.«
    »Acht Monate?« wiederholte ich noch einmal.
    Er biss von seinem Sandwich ab. »Lektion Nummer eins beim Zeitreisen, Thursday. Wir sind alle Zeitreisende. Die überwiegende Mehrzahl schafft allerdings täglich bloß einen Tag. Wenn wir uns aber etwas beschleunigen können, zum Beispiel so ...«
    Die Wolken über uns nahmen an Fahrt auf, und die Bäume schienen heftiger in der leichten Brise zu schwanken. Im Mondlicht konnte ich sehen, dass der Fluss schneller strömte, und dann fegte ein ganzer Konvoi von Lastwagen in großem Tempo vorbei.
    »So, das sind jetzt ungefähr zwanzig Tage pro Tag - jede Minute dauert nur drei Sekunden. Wenn wir langsamer wären, würden wir sichtbar. Aber bei diesem Tempo denkt ein aufmerksamer Beobachter vielleicht mal, dass hier unter dem Baum ein Mann und eine Frau sitzen, aber wenn er einen zweiten Blick auf uns wirft, sind wir schon weg. Ist dir das nicht auch schon passiert? Dass du dachtest, du siehst jemand, aber wenn du noch einmal hinschaust, ist er weg?«
    »Sicher.«
    »Das sind meistens Chrono-Gardisten auf der beschleunigten Durchreise.«
    Die Dämmerung kam herauf, und alsbald kam eine Patrouille der deutschen Wehrmacht vorbei. Sie entdeckten unser verlassenes Fahrzeug und begannen nach uns zu suchen. Schließlich riefen sie einen Abschleppwagen und ließen den Humber abtransportieren. Weitere Autos rasten vorbei, und die Wolken fegten über den Himmel.
    »Das ist doch nett, oder?« sagte mein Vater. »Ich vermisse es manchmal richtig, denn ich habe meistens so wenig Zeit. Bei Tempo fünfzig müssten wir bis zu Landens Unfall immer noch drei oder vier Tage warten, und ich hab' einen Zahnarzttermin, da müssen wir bisschen Dampf machen.«
    Die Wolken rasten noch schneller, und die Autos und Fußgänger waren nur noch flüchtige Schemen. Die Schatten der Bäume drehten und verlängerten sich in der Nachmittagssonne, und alsbald war es Abend. Die Sterne erschienen, der Mond schlug einen Bogen am Himmel, im Osten wurde es heller und schon stieg die Sonne des nächsten Morgens herauf.
    »So, jetzt sind wir bei Tempo achteinhalbtausend«, erklärte mein Vater. »Achte mal auf die Blätter. Das finde ich immer so schön.«
    Sonnenauf- und -untergänge folgten jetzt im Zehnsekundentakt. Die Fußgänger waren für uns genauso unsichtbar wie wir für sie, und damit ein Auto überhaupt sichtbar wurde, musste es mindestens zwei Stunden parken. Aber die Blätter! Sie verfärbten sich vor unseren Augen: erst grün, dann gelb, dann braun. Das sanfte Flirren der Zweige, der Fluss ein Spiegel ohne das mindeste Kräuseln. Der Farn starb neben uns ab, der Himmel wurde von einer geschlossenen Wolkendecke überzogen, die Tage wurden kürzer, die Dunkelheit länger. Eine Zeit lang stand ein verlassener Kübelwagen am Ufer. Erst wurde er von unsichtbaren Plünderern in seine Einzelteile zerlegt, dann verschwanden die Überreste im Fluss.
    »Das würde mir ja nie langweilig werden. Reist du immer so, Dad?«
    »Nein, so langsam eigentlich nie. Das ist etwas für Touristen. Wir benutzen in der Regel Geschwindigkeiten von zehn Milliarden Protags, und wenn man rückwärts reisen will, muss man noch schneller sein.«
    »Rückwärts reisen, indem man schneller nach vorn reist?« sagte ich. Ich war verwirrt, denn das schien mir irgendwie unlogisch.
    »Ich glaube, das reicht fürs Erste, meine kleine Kichererbse. Du hast für heute genug gelernt. Schau einfach zu, und genieß es.«
    Ich rückte näher zu ihm heran, denn jetzt wurde es kälter und eine Schneedecke legte sich über die Straße und unser Wäldchen.
    »Schönes Neues Jahr!« sagte mein Vater.
    »Schneeglöckchen!« rief ich entzückt, als der Schnee zurückwich und die zarten Triebe aus der Erde drangen. Dann war der Schnee ganz

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