Thursday Next 04 - Es ist was Faul
Krokodil.«
»Ich meine, im Hinblick auf Yorrick Kaine.«
»Je nun. Ich habe alles sorgfältig durchforstet, aber er erscheint in keinem Personenverzeichnis, weder in der Großen Bibliothek noch im Brunnen der Manuskripte. Er stammt weder aus einem Roman, noch aus der Lyrik, einem Sachbuch, einer Witzesammlung, einem Strickmuster, Rätselheft oder Drama.«
»Du bist doch sicher nicht hergekommen, um mir zu sagen, dass du gescheitert bist, Chesh«, sagte ich. »Sag mir, was du entdeckt hast.«
Seine Augen blitzten, und seine Schnurrhaare zuckten. »Ein Privatverlag!«, verkündete er mit selbstgefälligem Stolz.
Das war ein hervorragender Hinweis. Ich war gar nicht auf die Idee gekommen, in dieser Ecke zu suchen. Die im Selbstverlag erschienenen Bücher waren eine bizarre Mischung von hoch spezialisierten Lokalgeschichten, Gedichtsammlungen, Gesamtausgaben der wahrhaft Talentlosen – und gelegentlichen Trouvaillen. Wenn solche Texte wirklich veröffentlicht wurden, gelangten sie selbstverständlich in die Große Bibliothek, aber das war in diesem Fall nicht geschehen.
»Bist du sicher?«
Der Kater gab mir eine Karteikarte. »Ich wusste ja, es ist Ihnen wichtig. Deshalb habe ich meine Beziehungen spielen lassen.«
Ich las die Karte laut vor.
»Und am Ende die Lust
. 1931. Nummerierte Ausgabe von 100 Exemplaren. Verfasserin: Daphne Farquitt.« Ich sah den Kater verblüfft an. Daphne Farquitt, Königin der Schmonzette, Verfasserin von beinahe fünfhundert Liebesromanen.
»Ehe sie mit ihren wahrhaft schrecklichen Büchern berühmt wurde«, sagte der Kater, »schrieb sie wahrhaft schreckliche Bücher, die im Selbstverlag veröffentlicht wurden. In dem Roman
Am Ende die Lust
spielt Yorrick die Rolle eines ehrgeizigen Politikers. Er ist nicht mal eine Hauptfigur. Er wird nur zweimal erwähnt und auch nicht genauer beschrieben.«
»Kannst du mich in die Selbstverlags-Bibliothek bringen?«, fragte ich.
»Es gibt keine Selbstverlags-Bibliothek«, sagte er achselzuckend. »Wir haben bloß Titellisten und kurze Beschreibungen aus den Verlagskatalogen bzw. aus dem
Wochenblatt für Dilettanten
, aber das ist auch schon alles. Andererseits brauchen wir auch nur ein einziges Exemplar zu finden, dann haben wir ihn am Wickel.«
Er grinste wieder, aber ich mochte mich dem nicht anschließen. »Das könnte schwieriger sein, als du denkst«, sagte ich und zeigte ihm die heutige Zeitung.
Der Kater setzte umständlich seine Brille auf und las: »Die Beseitigung dänischen Schriftguts wird morgen mit der Verbrennung der Bücher von Daphne Farquitt einen neuen Höhepunkt erreichen. Die in Kopenhagen geborene Schriftstellerin gilt als besonders gefährlich.«
»Ich verstehe das nicht«, sagte der Kater und streichelte sehnsüchtig eine Anzeige für Moggilicious-Katzenfutter. »Warum sollen diese ganzen Liebesromane verbrannt werden?«
»Ich glaube, das liegt auf der Hand«, sagte ich. »Er hat nicht alle Exemplare seines Buches finden können, und jetzt hofft er, dass sie bei dieser anti-dänischen Kampagne verbrannt werden. Wenn er Glück hat, werden seine Bücherverbrenner die letzten Exemplare von
Am Ende die Lust
vernichten, ohne dass irgendjemand merkt, dass er nur fiktional ist. Wo versteckt man einen Stock, nicht wahr?«
Es entstand eine Pause.
»Ich weiß es nicht«, sagte der Kater am Ende. »Wo versteckt man denn einen Stock?«
»Im Wald.«
Ich starrte nachdenklich aus dem Fenster.
Und am Ende die Lust
. Ein Exemplar dieses Buches war der Schlüssel, um Kaine zu vernichten. Wie viele hatten wohl überlebt?
»Warum soll man einen Stock im Wald verstecken?«, fragte der Kater, nachdem er eine Weile nachgedacht hatte.
»Das war nur eine Analogie«, erläuterte ich. »Kaine muss alle Exemplare seines Buches vernichten, aber er will nicht, dass die Leute misstrauisch werden. Deshalb macht er nicht Daphne Farquitt – den Stock –, sondern die Dänen – den Wald – zum Ziel seiner Angriffe. Verstanden?«
»Verstanden.«
»Gut.«
»Na, dann will ich mich mal auf den Weg machen«, erklärte der Kater und verschwand stückchenweise.
Ich war darüber nicht sehr überrascht, denn die Abgänge des Katers verliefen immer nach diesem Schema. Ich schenkte drei Tassen Tee ein, goss etwas Milch dazu und trug sie hinaus in den Garten.
Die Tür zu Mycrofts Werkstatt musste ich mit dem Fuß öffnen und so lange offen halten, bis mir Pickwick gefolgt war, erst dann konnte ich die heißen Tassen auf einer der Werkbänke
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