Thursday Next 04 - Es ist was Faul
sie den Konzern aus steuerlichen Gründen in eine anerkannte Religionsgemeinschaft umwandeln.«
»Eine Religionsgemeinschaft?«
»Ja, das war eine Idee ihrer firmeneigenen Prophetin, Schwester Bettina von Stroud. Sie wollen die Firma in eine religiöse Hierarchie umwandeln. Der Vorstandssprecher soll zum Hauptgott ernannt werden, aber es gibt natürlich jede Menge Heilige, Prediger, Tempel, Gebetbücher und eine heilige Schrift. Die Angestellten werden nicht mehr mit schnödem Mammon bezahlt, sondern mit Glaubenskärtchen, die man in allen Handelsketten der Goliath Corporation in Nahrungsmittel und andere Produkte umtauschen kann. Wer geistlicher Nahrung bedarf, erhält natürlich auch wahlweise Engelsharfen, Manna, virtuelle Jungfrauen oder schicke Schuhe fürs Paradies.«
»Und was haben die Angestellten davon?«
»Nun, vor allem ein warmes Gefühl der Zugehörigkeit, einen gewissen Schutz vor der rauhen Wirklichkeit, die Aussicht aufs ewige Leben, ach, und TShirts gibt's, glaube ich, auch noch.«
»Klingt sehr nach Goliath. Gibt's denn auch gute Nachrichten?«
»Na klar! Die
Swindon Mallets
werden dieses Jahr den SuperHoop holen. Sie stehen im Endspiel gegen die
ReadingWhackers.
«
»Das gibt's ja nicht! Du machst Witze!«
»Keineswegs. Dass Swindon im Jahre 1988 den SuperHoop gewinnt, ist Gegenstand der Siebten Offenbarung des hl. Zvlkx. Sie lautet:
Es wird sein ein gewonnenes Heimspiel auf den Feldern von Swindonne im Jahre des Herrn eintausendneunhundertachtundachtzig, und daher …
An dieser Stelle bricht die Überlieferung leider ab, aber es ist ja ganz eindeutig.«
St Zvlkx war der örtliche Schutzheilige, und jedes Kind, das in Swindon zur Schule gegangen war, wusste alles über ihn, natürlich auch ich. Seine Prophezeiungen waren im Lauf der Jahre Gegenstand zahlreicher Spekulationen gewesen, denn sie waren unglaublich zutreffend. Dennoch war ich höchst skeptisch. Die
Swindon Mallets
, die städtische Krocket-Mannschaft, war trotz der unbestreitbaren Verdienste von Captain Roger Kapok das schlechteste Team weit und breit.
»Ist das nicht eine etwas gewagte Vorhersage? Der hl. Zvlkx ist doch schon im Jahre 1292 verschwunden, oder nicht?«
Weder Joffy noch meine Mutter fanden das komisch.
»Das stimmt«, sagte Joffy, »aber wir können ihn darum bitten, sie zu bestätigen.«
»Das kannst du? Wie willst du das machen?«
»Seine Sechste Offenbarung besagt, dass er übermorgen um neun spontan aufersteht.«
»Das ist ja erstaunlich!«
»Erstaunlich, aber nicht ohne Beispiel«, erwiderte Joffy. »Propheten und Wahrsager des dreizehnten Jahrhunderts tauchen jetzt überall wieder auf. Achtzehn Stück in den letzten sechs Monaten. Zvlkx ist für uns in der Bruderschaft und die anderen Gläubigen von Interesse, aber das Fernsehen wird über seine Prophezeiungen wohl nicht berichten. Die Quote der Auferstehung von Bruder Velobius letzte Woche blieb weit hinter der Wiederholung von
Bonzo the Wonder Hound
auf dem anderen Kanal zurück.«
Darüber musste ich erst einmal nachdenken.
»Jetzt haben wir genug über Swindon geredet«, erklärte meine Mutter, die eine gute Nase für Klatsch hat. »Was hast
du
denn so alles erlebt?«
»Wie lange habt ihr denn Zeit? Was ich erlebt habe, füllt mehrere Bücher!«
»Dann fangen wir doch mal damit an, warum du wieder da bist.«
Also erklärte ich ihnen, wie lästig es manchmal sein konnte, in Büchern zu leben, dass ich Sehnsucht nach Landen hatte, dass ich Friday die wirkliche Welt zeigen wollte und dass ich auch den Auftrag hätte, mich um Yorrick Kaine zu kümmern, der aus der BuchWelt entlaufen war.
Joffy zuckte zusammen, als er das hörte. »Kaine ist aus der BuchWelt entlaufen?«
Ich nickte. »Kaine ist total fiktional. Was ist daran so wichtig? Als ich das letzte Mal hier war, war er ein gescheitertes Ex-Mitglied der Whig-Partei.«
»Das ist er jetzt nicht mehr. Aus welchem Buch stammt er denn?«
Ich zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Warum? Was ist los?«
Joffy und Mum tauschten ängstliche Blicke. Wenn sich meine Mutter für Politik interessiert, müssen die Dinge echt schlecht stehen.
»Es ist was faul im Staate England«, murmelte meine Mutter.
»Und dieses Etwas ist der englische
Staatskanzler
Yorrick Kaine«, fügte Joffy hinzu. »Aber du kannst dich ja selbst überzeugen. Er tritt heute Abend um acht in der
Stell-mir-keine-heiklen-Fragen-
Stunde von TNN auf. Wir hatten ohnehin vor, da hinzugehen.«
Joffy war gerade dabei, mir zu
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