Thursday Next 04 - Es ist was Faul
Whig-Partei stießen Buhrufe aus und drohten dem jungen Mann mit den Fäusten. Erst auf einen Wink ihres Führers hin gaben sie Ruhe.
»Ah!«, sagte Webastow. »Die umstrittene dänische Frage. Ich glaube, diese Frage darf Mr van de Poste zuerst beantworten.«
Van de Poste sah plötzlich sehr unsicher aus und schaute sich nervös nach Stricknene und Gayle um, die am Rand der Bühne standen und ihn scharf beobachteten.
»Ich denke«, sagte er langsam und wie gelähmt, »dass ich die Politik von Mr Kaine unterstütze, wenn die Dänen tatsächlich so gefährlich sind, wie er behauptet.«
Er tupfte sich die Stirn mit einem Taschentuch trocken, und jetzt legte Kaine richtig los: »Als ich an die Macht kam, wurde das englische Volk von wirtschaftlichem Niedergang und gesellschaftlichen Missständen heimgesucht. Niemand hat es bemerkt, und es hat uns große Anstrengungen gekostet, dem Volk klar zu machen, wie weit diese große Nation gesunken war und in welchem Elend es lebte. Mit Hilfe meiner Anhänger ist es uns aber gelungen, den Menschen im Lande begreiflich zu machen, dass der Frieden und die Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn nur eine Illusion sind. Jeder, der glaubt …«
Ich beugte mich zu Joffy hinüber. »Fallen die Leute wirklich auf diesen Unsinn herein?«
»Ich fürchte, ja. Er arbeitet nach dem Prinzip, dass die Leute eher eine große Lüge glauben als eine kleine. Aber die Wirkung überrascht mich auch immer wieder.«
»… uns daran hindern zu können«, ratterte Kaine, »ist ein Feind des Volkes und ein Sympathisant. Wer mit den Walisern oder Dänen sympathisiert, gefährdet unsere Nation. So etwas können nur Wahnsinnige tun, die keinerlei Stimmrecht verdienen und absolut mundtot gemacht werden müssen.«
Es gab Beifall, aber auch einige Pfiffe. Ich sah, dass sich Colonel Gayle die Sitzreihen und Plätze der Leute aufschrieb, die protestiert hatten.
»Aber wieso denn gerade die Dänen?«, rief der junge Mann mit dem roten Haar. »Sie haben ein gut funktionierendes Parlament, sie achten die Menschenrechte und sind an zahllosen humanitären Hilfsaktionen in anderen Ländern beteiligt. Ich glaube, was Sie verbreiten, sind Lügen, Herr Staatskanzler.«
Das Publikum fuhr erschrocken zurück, und sogar van de Poste schien voller Entsetzen zu sein.
»Zumindest in der nächsten Zeit«, sagte Kaine versöhnlich, »darf natürlich jeder noch seine Meinung haben, und ich danke unserem rothaarigen Freund hier für seine Offenheit. Dennoch möchte ich Sie auf etwas hinweisen, das mit diesem Thema gar nichts zu tun hat, aber hochgradig emotional und deshalb gut geeignet ist, von unserer Politik abzulenken. Ich spreche natürlich von der erschreckenden Kätzchen- und Welpensterblichkeit während der Regierungszeit unserer Vorgänger.«
Bei der Erwähnung gestorbener Kätzchen und junger Hunde fingen einige ältere Zuhörerinnen laut an zu jammern.
Zuversichtlich, dass er der Diskussion eine neue Wendung gegeben hatte, fuhr Kaine mit seinen Ausführungen fort: »Auch heute werden alljährlich noch über eintausend junge Hunde und Katzen mit tödlichen Spritzen ermordet, die den Veterinärmedizinern in Dänemark frei zur Verfügung stehen. Als überzeugte Humanisten haben wir von der Whig-Partei das Einschläfern von unerwünschten Haustieren stets abgelehnt.«
»Mr van de Poste«, fragte Webastow, »wie reagieren Sie auf Mr Kaines Ausweichmanöver und seine unbewiesenen Behauptungen über getötete Haustiere?«
»Natürlich ist es bedauerlich«, sagte Mr van de Poste, »wenn die Leute ihre Haustiere und deren unerwünschte Nachkommenschaft einschläfern. Andererseits müssen wir von der Commonsense-Partei darauf hinweisen, dass es gegenwärtig keine Alternative zu geben scheint. Wenn die Leute genug Verantwortungsbewusstsein hätten, ihre Tiere kastrieren –«
»Das sind doch wieder typische Commonsense-Methoden!«, bellte Kaine laut dazwischen. »Da wird die Bevölkerung für dumm erklärt, als ob wir alle Schwachköpfe wären! Wir von der Whig-Partei können solche Beschuldigungen nicht dulden. Wir weisen diesen Ausbruch von Mr van de Poste entschieden zurück. Liebe Freunde, ich verspreche Ihnen hier und heute, dass ich das Problem der fehlenden Jungtierheime zur absoluten Chefsache machen werde, wenn ich demnächst zum Diktator ernannt werde.«
Es gab laute Jubelrufe, und ich schüttelte traurig den Kopf.
»Nun«, sagte Webastow zufrieden. »Ich glaube, ich werde Mr Kaine volle fünf Punkte für
Weitere Kostenlose Bücher