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Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin

Titel: Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Verteilungszentren in den Himmel griffen. Ein ›Fenster‹ war eine Säule von Niemandsraum, etwa dreißig Meter durchmessend, die sich zwischen Kharemough und seinen Monden erstreckte.
    An Bord wurden sie zu Sitzreihen über einem zentralen Bodenbildschirm geführt, der eine Ansicht der Planetenoberfläche zeigte, nebelverhangen, blau und khaki. Sie bemühte sich, ihre Sinne auf diese solide Verläßlichkeit zu konzentrieren, und nicht auf die Tatsache, daß sie so unaussprechlich weit entfernt war. Nicht einmal hier, an Bord des Shuttle, schwebte jemand schwerelos von seinem Sitz. Die Kharemoughis stellten mit offensichtlichem Stolz zur Schau, daß sie nicht gezwungen waren, auf die Schwerkraft zu verzichten, denn sie konnten sie produzieren, wann immer sie wollten.
    Die Ausgänge wurden versiegelt, das Shuttle befreite sich aus dem Griff der Haltestelle und begann seinen Abstieg in der Kraftfeldröhre. Mond bemerkte kaum etwas von den gedämpften, ohnehin unverständlichen Unterhaltungen um sie her, und auch sonst nicht viel, denn ihre ganze Aufmerksamkeit galt der Planetenoberfläche, der sie entgegenfielen, eine amorphe, wolkenverhangene Scheibe, deren einzelne Details immer deutlicher wurden, während Elsevier mit dem Finger auf die einzelnen Meere deutete, dann die ockerfarbenen Inseln dieser Welt, die so gewaltig waren, daß das Meer selbst fast zwischen ihnen verschwand. Die zentrale Insel unter ihnen wuchs an, bis sie den gesamten Sichtbereich erfüllte, dann zerfiel sie wiederum in Gebirge und Täler, Wälder, Ackerland – alles drehte sich unaufhaltsam dem Morgen zu, an dem sie landen sollten, und dann, ehe sie es richtig gemerkt hatte, lag eine Stadt in konzentrischen Kreisen in der Dämmerung vor ihnen, die um eine gewaltige, schimmernde und baumlose Ebene herum angelegt war.
    »... Landefeld«, sagte Elsevier.
    Im letzten Augenblick hatte sie das Gefühl, als würde die unsichtbare Hand eines Riesen sie aus der Luft greifen, bevor sie zwischen dem verwirrenden Linienmuster des Landefelds aufsetzen konnten. Sie fegte sie beiseite, in eines der riesenhaften Gebäude hinein, die das Landefeld umgaben, und dann erst ließ sie sie zu Boden sinken.
    Die Passagiere verließen das warme Innere des Passagierdecks. Mond spürte das Kribbeln ihrer Beine beim Gehen in der Schwerkraft einer anderen Welt – oder ihre Beine waren ganz einfach schlecht durchblutet. Die künstliche Schwerkraft der Stadt im All war geringer als sie es gewohnt gewesen war, die des Planeten dagegen war größer; so behutsam sie auch auftrat, ihre Füße prallten immer wie Ballast auf den Boden.
    Hier, auf der Oberfläche der Welt, war die Morgendämmerung kaum angebrochen, und die Luft immer noch kühl. Elsevier rieb sich die Arme in den Ärmeln. Nun schlüpfte auch Mond in ihr weinrotes Kleid und knöpfte es ohne Protest zu. Die Kharemoughis waren ein konservatives Volk, Elsevier hatte sie gewarnt, daß sich die lockeren Sitten des Diebsmarktes nicht bis zur Planetenoberfläche erstreckten. Im Osten öffnete sich das Sonnenlicht wie eine Blume, doch dahinter würde immer noch der schwarze, sternenlose Himmel lauern ... Sie sah auf, und beim Anblick des Himmels stockte ihr der Atem. Über ihr verdrängte das Licht bereits die Finsternis, Streifen von Grün/Rosé, Gelb/Gold, Eisblau; Bänder in den Farben des Regenbogens, Strahlen von szintillierendem Weiß, die ein verzaubertes Traumland krönten.
    »Schau dir das an, Silky!« Elseviers Stimme fiel unwillkürlich in Sandhi zurück, als ihr Blick dem Monds folgte. Ihre Worte klangen nicht ehrfürchtig. »Das ist abscheulich.«
    »Das kann man wohl sagen, Bürgerin«. Drei Mitpassagiere, dunkle, schlanke eingeborene Kharemoughi, standen neben ihnen und warteten auf das nächste Taxi. Einer davon nickte angewidert mit seinem behelmten Kopf. »Verschmutzung – man könnte meinen, daß es kein Morgen gibt. Ihr Götter, allein die Masse Schrott, die dort oben schwebt. Ich habe keine Ahnung, wie sie von uns erwarten, unsere Arbeit zu tun. Das hat mit Verkehrskontrolle nichts mehr zu tun, das ist ein Unfallderby.«
    »SN ... « Einer der drei entpuppte sich als Frau, die leise lachte und ihm wenig dezent auf die uniformierte Schulter klopfte. »Diese Bürger sind nicht von hier«, mit einem vielsagenden Heben der Brauen. »Sicher wollen sie nicht gelangweilt werden von unseren Belangen.«
    »Ja, alter Mann.« Der dritte Helm nickte. »Angewiesen bist du wirklich auf diesen Urlaub. Wie ein

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