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Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin

Titel: Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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dem direkten Kontakt mit Fremden schützten. Silky selbst betrachtete das unstete Muster der Vorübereilenden, wie Öl auf einer Wasseroberfläche. »Das gefällt mir so an Kharemough – sie versuchen immer, dich geistig auf Trab zu halten.« Doch als das Bild eines Raumschiffes auf dem Schirm erschien, bekamen die leicht hingesagten Worte einen falschen Ton. Elsevier hatte gesagt, daß Cress einst bei einer der führenden Frachtlinien Astrogator gewesen sei. »Zu schade, daß wir die Schiffe des Premierministers nicht sehen können, aber der wird mehrere Wochen nicht zu Hause sein. Das ist wahrlich ein Anblick, der einem den Atem rauben kann, kleines Fräulein.«
    Mond wandte den Blick von den Bildschirmen ab. »Warum nennen Sie mich immer so? Mein Name ist Mond!«
    »Was?« Cress sah sie nichtssagend an, dann zuckte er die Achseln. »Das weiß ich, kleines Fräulein«, diesmal vorsätzlich. »Aber du bist eine Sibylle, und ich verdanke dir mein Leben. Du verdienst es, daß man dir ehrfürchtig begegnet. Außerdem ... « er lächelte – »wenn wir zu vertraulich miteinander werden, könnte ich mich in dich verlieben.«
    Sie sah ihn überrascht an, konnte seinem Gesicht aber nicht entnehmen, ob er sie auf den Arm nahm oder nicht. Sie blickte nachdenklich wieder weg, da sie nicht wußte, was sie ihm antworten sollte. Sie versuchte, die Szenen auf den Bildschirmen zu betrachten.
    Körperlose Stimmen machten Ansagen in Sandhi und einen halben Dutzend anderer Sprachen, die sie überhaupt nicht kannte. Die ideographischen Symbole des geschriebenen Sandhi waren ihr unverständlich, doch das gesprochene Wort lernte sie mit Hilfe von Bändern, die sich fest in ihrer Erinnerung verankerten, während sie zuhörte. Sie öffneten ihren Geist mit Musik, während sie ihr die Worte schmerzlos ins Unterbewußtsein einprägten, daher konnte sie das meiste verstehen, von dem, was sie hörte. Aber in dieser Sprache gab es Nuancen in den Nuancen, wie bei den Beziehungen zwischen den Menschen auch, die sie sprachen. Ein striktes Kastensystem kontrollierte die Bewohner dieser Welt, das ihnen vom Tag ihrer Geburt an ihren festen Platz in der Gesellschaft zuwies. Außenweltler waren von den Restriktionen ausgeschlossen, solange sie sich entsprechend verhielten. Ungeachtet der Bitten Elseviers hatte sie einmal eine Strafe zahlen müssen, weil sie den Verkäufer gemäß seiner Sandhiklassifizierung angesprochen hatte, und nicht als »Bürger«. Ernstere Verstöße innerhalb des Systems wurden mit saftigen Geldbußen, unter Umständen sogar mit dem Verlust eines ererbten Ranges bestraft. Es gab verschiedene Geschäfte, Restaurants und Theater für Technische, Nontechnische und Unklassifizierte Ränge, und die höchsten und tiefsten konnten ohne formelle Vermittlung nicht einmal miteinander sprechen. Sie hatte sich schon oft indigniert gefragt, warum sie dieses System aufrechterhielten. Elsevier hatte nur gelächelt und gesagt: »Trägheit, Liebes. Die Meisten sind mit den Bekannten nicht unzufrieden genug, um es für das Unbekannte zu riskieren. TJ konnte das nie verstehen.«
    Als Elsevier sich aus der vorübereilenden Masse herausschälte, beugte Mond sich nach vorn.
    »Es wird bereits beladen. Wir beeilen uns besser.« Elsevier winkte mit den Tickets zu einem Durchlas am anderen Ende der Wartehalle, wo bereits Passagiere den Weg ins Unbekannte begannen. Cress und Silky standen auf, Mond folgte ihnen resigniert. »Nicht so düster, kleines Fräulein. Sie werden überhaupt nichts spüren. Alles liegt in den Händen der Verkehrskontrolle; so ein Shuttle ist nicht wie ein Schiff, mehr wie ein Lastenaufzug.«
    »Es ist wunderschön dort unten, Mond. Warte nur, bis du KRs Ornamentgärten gesehen hast.«
    »Ich brauche keine Gärten, Elsie.« Ihre Augen wurden wieder vom All angezogen wie Eisenspäne von einem Magneten. »Ich muß nach Hause.«
    Cress bedachte Elsevier mit einem anklagenden, undeutbaren Blick. Sie wandte sich hastig ab. »Warte, bis du mit KR zusammentriffst, Mond. Dann wirst du ganz bestimmt alles verstehen.«
     

20
    Sie betraten das Shuttle mit den Letzten der Menge. Mond konnte durch die Luftschleuse einen Blick auf das wuchtige, kastenähnliche Äußere erhaschen. Es war ein Lastenaufzug, genau wie Cress gesagt hatte, ohne eigenen Antrieb. Es wurde zum Planeten gezogen und wieder hochgeschickt wie jeder andere Frachtcontainer auch, geleitet von den unsichtbaren Händen der Traktorstrahlen, die aus den planetaren

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