Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin

Titel: Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
Vom Netzwerk:
vor ihr stand. Die aprikosenfarbene Flüssigkeit schien in ihrem Mund zu explodieren und ließ ihre Augen tränen.
    »Da Ihr mir das nun berichtet, möchte ich Euch eines der geistig kräftigsten – oder glücklichsten – menschlichen Wesen nennen, das mir je begegnet ist.«
    »Wirklich?« Mond umklammerte das brennende, kalte Glas mit den Händen. »Dann werde ich die Furcht verlieren, zurückzukehren in die Dunkelheit? Wenn ich ihn fühle über mich kommen – den Transfer –, so ist es, als stürbe ich im Innern.« Sie nahm einen weiteren Schluck, ihre Augen wurden feucht. »Ich hasse die Dunkelheit!«
    »Ja, ich weiß.« Aspundh blieb eine Weile schweigend sitzen. »Elsevier, übersetzen wirst du für mich, ja? Ich es für von größter Wichtigkeit halte, daß Mond versteht jedes Wort.«
    Elsevier nickte und übersetzte die Worte für Mond in Tiamatanisch, als Aspundh wieder sprach. »Tiamat ist ... unentwickelt. Verstehst du, wohin du gehst, wenn du in die Dunkelheit geschleudert wirst? Verstehst du, warum du manchmal statt dessen eine andere Welt siehst?«
    Als Aspundh geendet hatte, schüttelte Elsevier den Kopf. »Daher brachte ich sie zu Euch.«
    Mond sah zum Fenster, ohne etwas Bestimmtes im Auge zu haben. »Die Herrin erwählt ... «
    »Ah. So ist auf Eurer Welt die Göttin verantwortlich ... wenigstens glaubt man das dort. Was würdet Ihr sagen, erzählte ich Euch, daß Euer Geschenk keine Gabe der Götter ist, sondern ein Erbe des Alten Imperiums?«
    Mond, die erkannte, daß sie den Atem angehalten hatte, ließ ihn mit einem Mal ausströmen. »Ja! Ich meine ... das hatte ich erwartet. Jeder hier weiß, daß ich eine Sibylle bin, woher sollten sie das wissen? Sie sind ein Sibyl, und Sie haben noch nie von der Herrin gehört.« Schon vor langer Zeit hatte sie damit aufgehört, wortwörtlich an die Meeresmutter zu glauben, eine wunderschöne Frau mit Seegrashaar, in Gischt gekleidet, die sich in einer riesigen Muschel fortbewegte, die von Mers gezogen wurde. Doch nicht einmal diese formlose, elementare Macht, die sie manchmal gespürt hatte, hätte Ihr Element verlassen und so weit reisen können. Wenn sie tatsächlich einmal etwas Konkretes gespürt hätte – jenseits ihres normalen Verlangens, zu fühlen ... »Ihr habt so viele Götter, Ihr Außenweltler.« Sie war zu betäubt vom Verlust und der Veränderung, als daß sie einen weiteren Schlag hätte spüren können. »Warum habt ihr so viele?«
    »Weil es so viele Welten gibt. Und jede Welt hat mindestens einen, wenn nicht gar – meistens – mehrere. ›Unsre Götter oder eure‹, sagen sie, ›wer kann sagen, welches die wahren sind?‹ Daher verehren wir sie alle, nur um sicher zu gehen.«
    »Aber wie konnte das Alte Imperium überall Sibyllen hinschicken, wenn es kein Gott tat? Waren sie nicht auch nur Menschen?«
    »Doch.« Er griff nach der Schale mit den kandierten Früchten in der Tischmitte. »Aber in vieler Hinsicht hatten sie die Macht von Göttern. Sie konnten direkt zwischen den Welten reisen, in Wochen oder Monaten, nicht in Jahren – sie hatten Hyperlichtkommunikation und einen Sternenantrieb. Und doch zerfiel ihr Imperium letztendlich – sie hatten es zu weit ausgedehnt. Das jedenfalls ist unsere Meinung.«
    Doch bereits während des Niedergangs des Alten Imperiums hatte eine selbstlose und aufopfernde Gruppe einen riesenhaften Datenspeicher geschaffen, der das Wissen des Imperiums innerhalb jedes menschlichen Wissensgebietes enthielt. Sie hatten gehofft, daß ein Speicher mit dem vollständigen Wissen, an einem unangreifbaren Ort, den Fall ihrer Zivilisation und deren Auslöschung wenigstens teilweise würde verhindern können, und damit auch einen Neubeginn rascher praktizierbar machen. Und da sie vorhersahen, daß der technische Zusammenbruch auf einigen Welten vollkommen sein würde, haben sie die einfachsten Ausgänge für ihren Datenspeicher gewählt, die sie sich vorstellen konnten – menschliche Wesen. Sibyllen, die ihre Gabe der Wahrnehmung direkt an ihre Nachkommen weitervererben konnten, von Blut zu Blut.
    Monds Finger betasteten die Wunde an ihrem Handgelenk. »Aber – wie kann jemandes Blut einem zeigen, was ... was in einer Maschine ist, die sich auf einer anderen Welt befindet? Das glaube ich nicht!«
    »Man könnte es als Infektion bezeichnen. Weißt du, was eine Infektion ist?«
    Sie nickte. »Wenn jemand krank ist, dann muß man sich von ihm fernhalten.«
    »Exakt. Die ›Infektion‹ einer Sibylle ist eine von

Weitere Kostenlose Bücher