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Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin

Titel: Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Ausdruck verleihen müssen.
    Er schüttelte lachend den Kopf. »Sie brauchen niemanden, Kommandant. Solange Sie Ihre Integrität wahren, wird Ihnen keiner etwas anhaben können.«
    Oh, die habe ich – und doch tun sie es jeden Tag. Ich brauche so ermutigende Worte, wie das Leben die Sonne braucht.
Aber er würde das nie begreifen. Warum hatte sie nicht mit dem übersteigerten Selbstwertgefühl geboren werden können, das den Kharemoughis eigen war? Götter, es mußte herrlich sein, niemals jemanden ansehen zu müssen, um sich von der Richtigkeit seines Tuns zu überzeugen! Auch als sie ihn zum Inspektor befördert hatte, hatte er keinen Augenblick lang gezweifelt, daß das nur seinen Fähigkeiten als Offizier zuzuschreiben war. »Es ist ja ohnehin nur noch eine Frage von Monaten.«
    »Und auch nur noch eine Frage von Monaten, bis alles vorüber dst, Kommandant. Millennium komme! Nur noch Monate bis zur Veränderung, und dann können wir diesen elenden Dreckbatzen für den Rest unserer Leben vergessen.«
    »Ich bemühe mich, nicht so weit vorauszudenken«, sagte sie düster. »Tag um Tag, so sehe ich das.« Sie ordnete geistesabwesend einen Stapel Petitionskarten.
    Gundhalinu erhob sich mit besorgtem Blick. »Kommandant, sollten Sie während meiner Abwesenheit jemanden brauchen, der Ihnen zur Seite steht, so wenden Sie sich an KraiVieux. Er hat eine rauhe Schale, aber er verfügt wenigstens über ein bißchen Verstand – und er ist fest davon überzeugt, daß Sie Ihre Aufgaben gewissenhaft erledigen.«
    »Wirklich?« Überraschung. KraiVieux gehörte zu den Veteranen unter den Offizieren, und gerade von seiner Seite hätte sie am wenigsten Willen erwartet, sie auch nur in winzigsten Belangen zu unterstützen. »Danke, BZ. Das hilft.« Sie lächelte wieder, aber diesmal etwas gezwungener.
    Er nickte. »Nun, dann werde ich wohl besser mal damit anfangen, meine Koffer zu packen, Kommandant ... Geben Sie gut auf sich acht, Ma'am!«
    »Und Sie auf sich auch, BZ.« Sie erwiderte seinen Salut und sah ihm nach, bis er das Büro verlassen hatte. Plötzlich hatte sie das furchtbare Gefühl, ihn eben zum letztenmal gesehen zu haben.
Hör auf! Möchtest du ihm Unglück bringen?
Sie griff in die Tasche nach einem Röllchen Iestas, bevor sie mit zitternder Hand das summende Interkom abnahm.
     

25
    Arienrhod saß geduldig da, ihre Hände ruhten auf der Marmorplatte des Schreibtisches, während der letzte in der Prozession lokaler und außenweltlerischer Bittsteller seine Wünsche und Vorschläge erläuterte. Sie hörte seinem Radebrechen nur mit halbem Ohr zu – wahrscheinlich sprach er Umick und kam von D'doille, vermutete sie –, ohne ihm zu gestatten, in seiner Heimatsprache zu reden. Sie kannte Umick, neben etwa einhundert anderen Sprachen und Dialekten, die sie im Lauf der Jahre absorbiert hatte, doch es machte ihr Spaß, den Außenweltlern ihre eigene Sprache aufzuzwingen, wenn sie an den Hof kamen, um sie zu besuchen.
    Der Kaufmann klagte weiter über erhöhte Frachtkosten und schwindende Profitraten. Sie sah durch ihn hindurch, dachte an die vor ihm in der endlosen Prozession, die alle anders ausgesehen, aber dasselbe vorgebracht hatten.
Wie viele?
Plötzlich wünschte sie sich, sie gezählt zu haben. Sie hätte allem einen Sinn des Absoluten gegeben. Mittlerweile wurde all das grau vom Alter, staubig vom mangelnden Gebrauch, ein sinn- und bedeutungsloses Dahinmurmeln. Nur ein einziges Mal wäre sie gerne einem Außenweltler begegnet, der eine Frau in ihr gesehen hätte, vor der Regentin, ein Barbar vor einer erfahrenen Monarchin ..
    »... Zeit im ... ah ... Salaktransit. Das bedeutete, ich konnte mit dem Salz keinen großen Profit machen, und daran, warum ich kaum etwas bieten kann, außer ... «
    »Berichtigung, Meister Händler.« Sie beugte sich über die Tischplatte. »Die Transitzeit von hier nach Tsieh-pun beträgt exakt fünf Monate weniger, als Sie angaben, damit waren Sie also in exakter Einstimmung mit ihrem Kollodiezyklus. Also muß die Verschiffung Ihres Mangansalzes nach Tsieh-pun außergewöhnlich profitabel gewesen sein.«
    Der Kaufmann preßte die Kiefer aufeinander. Arienrhod lächelte spöttisch und entfernte die Präsentationsscheibe aus dem Bandlesegerät. Sie ließ sie über die polierte Tischplatte in seine ausgebreiteten Hände schlittern. Sie mochten einmal zu ihr kommen und eine schwächliche, naive Person in ihr sehen, aber ein zweites Mal nie. »Vielleicht sollten Sie wiederkommen, wenn Sie

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