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Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin

Titel: Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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vertrautem Seufzen.
    »War das alles?« Starbuck lachte nicht ohne Schärfe. »Ich laufe mir den ganzen Tag auf der Straße die Hacken ab, um dir zu helfen! Habe ich dir nicht genügend Gerüchte mitgebracht? Hat denn diese Schlampe bei den Blauen nicht bereits mehr Ärger, als sie handhaben kann, auch ohne daß ich ihr noch zusätzlichen verschaffe? Ist es nicht so ...«
    »Erinnerst du dich noch an die Zeit, als du bei einer ähnlichen Bitte ohne zu zögern aufgesprungen bist, sie zu erfüllen?« Arienrhod beugte sich vor und stützte den Kopf in die Hände. »Funke Dawntreader lebte einst bei meinem Lächeln auf und erbebte bei meinem Stirnrunzeln. Hätte ich damals gefragt ›War das alles?‹, so wäre er augenblicklich auf die Knie gesunken und hätte mich um eine neue Aufgabe ersucht, nur um mich glücklich zu machen.« Sie verzog die Lippen zu einem Schmollmund, doch die Worte waren wie Rasierklingen, die ihr Innerstes zerfetzten.
    »Und du lachtest über ihn, weil er so ein Tölpel war.« Starbucks Faust, im schwarzen Handschuh, war trotzig in die Hüfte gestemmt. Doch sie antwortete nicht und ließ statt dessen die Worte ihre Wirkung tun, schon wenige Augenblicke später sank die Faust nach unten. Er senkte den Blick. »Ich bin das geworden, was du aus mir machen wolltest«, sagte er leise, fast unverständlich. »Es tut mir leid, wenn dir das Ergebnis nicht gefällt.«
    Ja ... wie ich auch.
Einst hatte sie die Wärme eines längst vergangenen Sommers gespürt, wenn sie ihn angesehen hatte, wenn er sie in den Armen hielt. Doch er hatte den Sommer vergessen, und in seinen unstetig gewordenen Augen konnte sie keine Vergangenheit mehr erkennen, weder ihre, noch die seine. Nur ihr Spiegelbild: die Schneekönigin des ewigen Winters.
Warum muß ich immer stärker sein als sie? Immer stärker .. . wenn doch nur einmal einer käme, den ich nicht zerstören kann.
    »Tut es dir leid? Leid, daß du es zugelassen hast – daß ich Starbuck wurde? Erledige ich meine Aufgaben nicht gut?« Plötzlich war er nicht mehr trotzig.
    »Nein, es tut mir nicht leid. Es war unvermeidlich.«
Aber es tut mir leid, daß es unvermeidlich war ...
Sie fand ein Lächeln für den unsicheren Jungen, der ihm die Stimme genommen hatte. »Du hast deine Aufgaben ausgezeichnet erfüllt.« Zu
ausgezeichnet.
»Nimm deine Maske ab, Starbuck!«
    Er griff nach oben, nahm den schwarzen Helm ab und klemmte ihn unter den Arm. Sie lächelte über den roten Haarschopf, das Gesicht war auch immer noch dasselbe, frisch und jugendlich . .. nein, nicht ganz dasselbe. Nicht mehr. Nicht mehr als ihr eigenes. Das Lächeln erlosch in ihren Augen. Auch sein Lächeln verschwand. Sie sahen einander eine Zeitlang schweigend an.
    Schließlich brach er den Bann und nahm eine selbstbewußte Pose ein. »Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich mich setze? Es war ein langer Tag.«
    »Dann setz dich eben hin. Ich bin sicher, es ist mehr als entkräftend, sich jeden Tag solchen Genüssen hinzugeben, wie du es tust.«
    Er runzelte die Stirn, während er in einem der geschwungenen Sessel Platz nahm, die in dem unüberbrückbaren Graben zwischen dem Schreibtisch und ihr und ihm standen. »Das ist langweilig.« Er beugte sich unerwartet nach vorn, und seine Stimme überbrückte den Graben. »Jede Minute scheint ein Jahr zu sein. Alles ist sterbenslangweilig, wenn du nicht dabei bist.« Er setzte sich niedergeschlagen und rastlos wieder zurück und betastete das Außenweltlermedaillon, das über seiner vom Hemd nur teilweise bedeckten Brust baumelte.
    »Es sollte dir keine Langeweile bereiten, den Blauen Ärger zu machen – und damit einer Frau, die daran Schuld trägt, daß Mond für uns beide verloren ist.« Sie zwang sich zu einem geschäftsmäßigen Ton und formte ihre Gefühle zu einer Waffe gegen ...
wen?
    Er zuckte die Achseln. »Es würde mir besser gefallen, wenn ich endlich ein paar Resultate sehen würde. Sie ist immer noch obenauf.«
    »Natürlich ist sie das. Und dort wird sie auch bis zum bitteren Ende bleiben. Und mit jedem Tag, an dem sie vermeinte, den süßen Sieg auskosten zu können, geht sie tatsächlich barfuß über Glasscherben . .. Bleib hier im Palast ... morgen wirst du sie sehen können!«
    »Nein.« Er senkte unvermittelt den Kopf. Sie nahm mit einiger Überraschung zur Kenntnis, daß sein Gesicht brannte. »Nein. Ich will sie nicht sehen.« Seine Hand tastete am Gürtel nach etwas, das nicht mehr da war, schon lange nicht mehr.
    »Wie du willst.

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