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Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin

Titel: Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Windbö. Nicht einmal Blodwed hatte sie berührt, doch Mond sah den Stunner, der am Gürtel des Mädchens hing.
    Selbst wenn sie hätte fliehen können. sie konnte nirgendwo hin. Zwei Tage lang waren sie mit den Schlitten in die eisbedeckten Hochländer des Innenlandes gezogen, um dieses isolierte Nomadenlager zu erreichen. Sie hatte keine Kraft mehr, es allein durch die Winterwildnis zu schaffen – sie hatte ja kaum mehr Kraft, sich durch die scheinbar endlose Höhle zu schleppen. Hunde bellten sie unterwegs an, die zwischen hellen Syntheticzelten festgebunden waren, zwischen gemusterten grauen und braunen Zelten, die aus Fellen gefertigt waren – die Zelte durchzogen die ganze Höhle wie groteske Pilzgewächse. Dutzende von Heizungen und Lampen erfüllten die Höhle mit Licht und Wärme, wie die Stimmen der keifenden Nomaden sie mit hallenden Lauten erfüllten. Mond blieb stehen und hielt ihre kalten Hände gegen eine der Heizungen, doch Blodweds Ungeduld strahlte selbst wie Hitze ab. – »Komm schon, weiter!« –, und da ging sie weiter, zu benommen und ausgepumpt, um protestieren zu können.
    Blodwed führte sie in eine enge Passage, die nach unten führte und halb im Schatten der hinteren Höhlenabschnitte verborgen lag. Vor sich konnte sie undeutlich Licht erkennen. Ein Miasma seltsamer Gerüche prickelte wie Rauch in ihrem Kopf. Sie ging weiter, bis ihr Weg von einer Holztür und Drahtgewirr versperrt wurde. Blodwed ging an ihr vorbei und preßte den Daumen in eine Vertiefung des schweren Schlosses. Die Tür ging auf, und sie winkte Mond ins Innere.
    Mond ging schweigend hinein, hörte, wie Blodwed ihr folgte, blieb dann schweigend stehen, während sie die Dimensionen ihres neuen Gefängnisses in sich aufnahm. Die Felskammer maß etwa zwanzig bis dreißig Fuß im Durchmesser, die Decke war etwa genau so hoch, in der Mitte erstrahlte ein Heizkörper wie eine Sonne. In Käfige eingesperrt oder angekettet, befanden sich an der Wand mindestens ein halbes Dutzend Kreaturen undefinierbarer Spezies, pelzig, gefiedert, schuppig oder kahl. Sie hielt sich Mund und Nase zu, als sie den Geruch ihres ganzen Elends wahrnahm. Sie sah einige fauchen, einige zischen, andere lagen einfach nur apathisch ohne überhaupt zu reagieren, in ihren Gefängnissen ... Dann sah sie einen Menschen, der so weit entfernt von der Tür und den anderen Geschöpfen lag, als irgend möglich war.
    »Der Teufel soll sie holen! Der Teufel soll sie holen!« kreischte Blodwed plötzlich. Mond fuhr herum, die Menagerie zischte und kreischte und brüllte, während Blodwed selbst wieder die Passage hochlief. Die Tür fiel hinter ihr ins Schloß. Mond wandte sich wieder zu der Gestalt um, die immer noch bewegungslos auf ihrem Mantel lag. Sie ging langsam und unsicher darauf zu, während das Gefühl in ihre Füße zurückkehrte. Die ängstlichen Tiere wichen ihr aus.
    Sie erreichte den Fremden, ohne ihn aufzuwecken, erkannte, daß es ein Mann war, ein Außenweltler ... ein Blauer. Sein schwerer Uniformmantel war fleckig und verdreckt; er trug die weißen Beinkleider der Nomaden. Als sie sein Gesicht sah, erblickte sie die feingeschnittenen, aristokratischen Züge, die sie so oft bei höhergestellten Kharemoughis gesehen hatte, doch sein Antlitz glich geschnitztem Kristall, die Haut spannte sich über den vorstehenden Knochen. Er erwachte immer noch nicht. Sie streckte unsicher eine Hand aus und berührte sein Gesicht, zog sie dann rasch von den fieberheißen Wangen zurück.
    Endlich ließ sie ihre zitternden Beine nachgeben und sank neben ihm auf den kalten Boden. Die Tiere waren verstummt, doch sie konnte ihre ängstlichen Blicke immer noch spüren, und ihr Elend rührte sie ans Herz, bis ihr eigenes Elendsschüsselchen Überfloß. Sie ließ den Kopf auf den Mantel sinken, ein hartes, trockenes Schluchzen schüttelte sie.
Hilf mir, Herrin! Was immer ich auch anfasse, vernichte ich.
    »Was ... ist los?« Eine fiebrige Hand glitt durch ihr Haar, sie schnellte in die Höhe und schluckte ihr Schluchzen hinunter. Bin ich der, den du beweinst?« Die Worte waren in Sandhi. Der kranke Mann bemühte sich, den Kopf zu heben, seine Augen wirren rot und verkrustet, er sah sie kaum.
    »Ja.« Ihre Antwort erfolgte kaum lauter als seine Frage ... »Nicht nötig ...« Ein Hustenanfall raubte ihm den Atem, er konnte seinen Satz nicht beenden.
    »Schau dir das an! Schau dir das an!« Mond richtete sich auf und wandte sich um, als Blodwed wieder in die Kammer gestürmt

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