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Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin

Titel: Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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stützte. »Bringt unseren Schlitten rein!«
    Sie widersprachen nicht mehr.
     
    Jerusha rieb sich die Augen und verbarg mit einer raschen Handbewegung ein Gähnen. Das Dröhnen von über fünfzig verschiedenen Unterhaltungen rollte über sie hinweg, stieg zur Decke auf und wurde von dort reflektiert. Sie war bereits seit zwanzig Stunden auf den Beinen – nach einer weiteren, fast schlaflosen Nacht. Sogar diese ehrenhafte Position am Haupttisch der Abgesandten der Hegemonie war zu einer weiteren Prüfung ihrer Belastungsfähigkeit geworden. Nach der Schiffszeit des Premierministers war es mitten am Tag, nicht mitten in der Nacht, und daher wurde es jedem zur Pflicht gemacht, sich seinem Tagesrhythmus anzupassen.
    Sie hatte vergangene Nacht dem Premierminister Ashwini höchstpersönlich die Hand geschüttelt, wobei sie die Uniform des Polizeikommandanten getragen hatte, allerdings mit soviel Gold und Litzen überladen, daß sie der Sonne hätte Konkurrenz machen können. Das wenigstens hatte sie geglaubt, bis sie seine Statussymbole gesehen hatte, kostbare Brokate, auf den Millimeter geschnitten und seinem immer noch jugendlichen Körper angepaßt ... Wie alt war er in Wirklichkeit? Vierhundert? Fünfhundert? Selbst Arienrhod mußte wohl Eifersucht empfinden, wenn sie sich vergegenwärtigte, was er repräsentierte. (Es erfüllte sie mit boshafter Freude, daß man Arienrhod nicht gestattet hatte, an diesem Bankett teilzunehmen.) Er war bereits ein halbes Leben Premierminister und spielte seine Rolle als Aushängeschild der Hegemonie ausgezeichnet, auch noch Jahrhunderte, nachdem Kharemoughs Träume, die anderen Welten zu beherrschen, durch die absolute Gleichgültigkeit von Raum und Zeit zunichte gemacht worden waren. Er hatte sie mit freundlicher Galanterie begrüßt, hinter der sie seine Überraschung bemerkt hatte, eine Frau in dieser Position zu sehen. Augenblicklich saß der Oberste Richter Hovanesse neben ihm, doch es kümmerte sie überhaupt nicht, was er für Dinge über sie erzählte.
    Ein Servo tauchte geflissentlich neben ihr auf und räumte ungerührt den sechsten oder siebten unberührten Gang des Mahles ab, um einen neuen vor ihr abzustellen. Sie nippte an ihrem Tee und betrachtete dessen ölige, dampfende Oberfläche. Man hatte ihn ziehen lassen, bis der Löffel darin steckenblieb, und sie hoffte, das würde ausreichen, sie wachzuhalten.
    »Halten wir Sie von einer wohlverdienten Nachtruhe ab, Kommandant?«
    Jerusha wandte sich dem Mann zu ihrer Rechten schuldbewußt zu. Er war der erste Sekretär Temmon Ashwini Sims, ein natürlicher Sohn des Premierministers – ein stattlicher Mann mit heller Haut und einer, für einen Kharemoughi, recht kräftigen Statur, und er schien gerade in die mittleren Jahre zu kommen. Letzteres überraschte sie, da der Minister selbst jünger wirkte als er. Doch es war ziemlich überraschend, ein Halbblut unter den Mitgliedern der Delegation zu finden, diesem glänzendsten Showzirkus kharemoughischer Arroganz. Er hatte sich anscheinend große Verdienste als Kriegsberater seiner Heimatwelt erworben, und das hatte den Premierminister veranlaßt, mit der Tradition zu brechen und ihn zum Mitglied der Delegation zu berufen. Während der ersten Stunde hatte sie noch banale Konversation mit ihm gemacht, wie auch mit dem königlich gekleideten Sprecher links neben ihr, dessen Parfümgeruch ihr fast den Atem geraubt hatte. Doch die Unterhaltung war einen selbstbewußten Tod gestorben, und sie war dankbar gewesen, als sie ihre Aufmerksamkeit auf andere Dinge gelenkt hatten. »Nein, natürlich nicht, Sekretär Sirus«, sagte sie. Wenigstens konnte sie sich noch an ihre Manieren erinnern. Sie fuhr mit dem Finger unter ihren rauhen, hochgeschlossenen Kragen.
    »Sie rühren ja kaum Ihr Essen an. Nach all den Mühen, die sich Ihre Küchenchefs gemacht haben, um uns zu verwöhnen. Diese Canabwarinde ist wirklich vorzüglich.« Er sprach Klostan fließend, war, wie alle Kharemoughis, ein ausgezeichneter Linguist.
Aber was soll er auch sonst mit seiner Zeit anfangen?
    Sie lächelte liebenswürdig.
Götter, holt mich doch endlich hier raus!
»Während meiner Arbeitszeit habe ich selten Gelegenheit, an Menüs mit zwölf Gängen teilzunehmen.« Nach so vielen Jahren klang ihr ihre eigene Heimatsprache fremder als das Tiamatanische. »Ich glaube, ich werde nicht mehr bis zur Aufforderung wach sein.«
Keine Aufforderung mehr, nie mehr.
    »Kosten Sie die Melone, Kommandant.« Er nickte, als sie

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