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Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin

Titel: Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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seiner Brust widerhallte. Als sie das Niemandsland zwischen den Sommerwachen und den Schaulustigen gesehen hatte, blieb er stehen. »Jetzt ... hör zu, Mond!« Er wischte sich die Augen und rang nach Atem. »Früher oder später muß ich die Folgen meines Tuns auf mich nehmen. Ich muß zurück, und das kann ich auch gleich erledigen. Ich werde dem ersten Streifenpolizisten, dem ich begegne, alles mitteilen. Du brauchst dieses Risiko nicht selbst einzugehen. Dein Volk ist hier, erzähle ihnen von dir und Funke, bevor sie herausfinden, daß er Starbuck ist. Sie können dir helfen, ich nicht.« Er preßte den Mund zu einer Linie zusammen, als würde er sich nicht trauen, mehr zu sagen.
    »BZ.« Sie schlug die Hand vor den Mund. »Wie kann ich nur jemals ...
    »Kannst du nicht., Also versuch's erst gar nicht!« Er schüttelte den Kopf. »Laß mich einfach gehen ... « Er drehte sich um, doch sie sah, daß seine Knie unter ihm nachgaben. Er brach in die Knie, stürzte zu Boden und blieb besinnungslos auf den weißen Steinen liegen.
     

45
    Tor lag in einer Ecke an der Wand, sie war wie eine rückgratlose Knautschpuppe in sich zusammengesunken. Das grelle, weiße Licht des Laboratoriums bohrte Speere in ihre tränenden Augen. Jenseits der Wand, das wußte sie, war eine ganze Stadt voller Menschen, die keine Ahnung von ihrem drohenden Untergang hatten – und auch nicht von dem Unheil, das über ihnen allen schwebte. Doch in diesem sterilen Raum waren die Laute der Feiernden nicht zu vernehmen, weder Gelächter noch Musik, auch keine Rufe. Die Mauer war schalldicht, daher konnten auch keine Rufe von ihr hinausdringen – wenn sie überhaupt imstande gewesen wäre, welche auszustoßen. Sie kämpfte stumm und vergeblich gegen das unsichtbare Band ihrer Paralyse. Es würde noch mindestens eine Stunde dauern, bis ihr vegetatives Nervensystem wieder imstande sein würde, auch nur einen Finger zu rühren, aber sie war sicher, daß ihr im restlichen Leben nicht mehr soviel Zeit blieb.
Oh, Götter, wenn ich doch nur schreien könnte!
Der Schrei hallte in ihrem Kopf wider, bis sie glaubte, ihre Augen würden explodieren ... dann wimmerte sie, ein dünnes, elendes Geräusch, und doch der schönste Laut, den sie je gehört hatte.
    Oyarzabal blickte von dem kleinen Tischchen auf und zu ihr herüber, wo er im grellen Schein eines Scheinwerfers saß. Sein breites Gesicht mit dem keck vorstehenden Schnurrbart zeigte ein Unbehagen, das dem ihren annähernd gleichkam. Er blickte hastig wieder weg. Die gelegentlich fast surreale Debatte über die vielversprechendste Möglichkeit, hier in der Stadt eine Epidemie zu starten, dröhnte unaufhörlich weiter wie das Summen eines Bienenstocks voller geflügelter Dämonen. Einer der anderen war verschwunden, um mit der Quelle zu sprechen.
Oyarzabal, du elender Bastard, tu was! Tu was!
    Oyarzabal schlug vor, das Wasserversorgungssystem zu infizieren, was von den anderen allerdings als wenig erfolgversprechend abgelehnt wurde.
    Hanood, der vor einer halben Ewigkeit zur Quelle gegangen war, kam wieder herein und schloß mit übertriebener Sorgfalt die Tür hinter sich.
    Das Murmeln verstummte fast augenblicklich. Tor sah, wie die Köpfe sich dem Verdikt des Richters zuwandten, war aber selbst nicht imstande, auch nur die Augen zu bewegen. »Nun?« fragte einer der Männer, die sie nicht kannte.
    »Er sagt natürlich, wir sollen sie uns vom Halse schaffen.« Hanood beugte den Kopf in ihre Richtung. »Wir sollen die Leiche ins Meer werfen. Niemand wird herausfinden, wohin sie beim derzeitigen Durcheinander verschwunden ist.« Er winkte mit der Hand zu der unerreichbaren Realität jenseits der Mauer. »Sie sagen ›Das Meer vergißt niemals‹ ... aber Karbunkel wird es tun.«
    Tor stöhnte, doch der Laut blieb in ihrer Kehle gefangen.
    »Nein, verdammt! Das glaube ich nicht.« Oyarzabal erhob sich, bereit zu einer Konfrontation. »Ich werde sie heiraten, ich werde sie von hier wegbringen, er weiß das auch. Er würde nie sagen, wir sollen sie beseitigen!«
    »Bezweifelst du meine Befehle, Oyarzabal?« Die körperlose, heisere Stimme der Quelle erklang plötzlich im Raum. Alle sahen unwillkürlich auf.
    Oyarzabal zuckte unter der Last des Vorwurfs zusammen, doch sein Widerstand hielt an. »Es ist unnötig, Persiponë zu töten. Ich kann nicht dabeistehen und zusehen.« Seine Augen suchten unsicher die Wände ab, besonders die Ecken. »Es muß eine andere Möglichkeit geben.«
    »Willst du damit

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