Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin
schuf, eine Vorhölle, einen neutralen Grund und Boden, der ihr zupaß kam. Und LiouxSked, diese pompöse, speichelleckende Imitation eines Mannes und eines Kommandanten, brachte nicht den Mut auf, etwas dagegen zu unternehmen. Wenn sie doch nur den Rang und die Hälfte der Gelegenheiten gehabt hätte .. .
»Haben Sie dem Bericht noch etwas hinzuzufügen, Inspektor?«
Jerusha schreckte auf und kam sich auf unbehagliche Weise durchschaubar vor. Sie schaltete den Recorder ab, eine Entschuldigung, nicht aufschauen zu müssen. »Nein, Eure Majestät.«
Nichts, was du gern hören würdest. Und auch nichts, was nur den kleinsten Unterschied ausmachen würde.
»Und inoffiziell, Geia Jerusha?« Die Stimme der Königin veränderte sich.
Jerusha sah zu Arienrhods Gesicht empor, das nun offen und ohne Falsch war, das Gesicht einer Frau, nicht die Maske der Königin.
Fast hätte sie diesem Gesicht vertrauen können – sie konnte fast glauben, daß es hinter dem Ritual und dem Zeremoniell einen menschlichen Geist gab, zu dem man durchdringen konnte –
fast.
Jerusha betrachtete Starbuck, der an ihrer Seite stand, ihr Helfershelfer, ihr Liebhaber.
Jerusha seufzte. »Ich habe keine persönliche Meinung, Eure Majestät. Ich repräsentiere die Hegemonie.«
Starbuck sagte etwas in einer ihr unbekannten Sprache, doch aus seinem groben Ton konnte sie eine Anschuldigung heraushören.
Die Königin lachte. Es war ein hohes, fast unglaublich unschuldiges Lachen. Sie gestikulierte. »Nun gut, Sie sind hiermit entlassen, Inspektor. Wenn ich mir eine heruntergeleierte Loyalitätsbezeugung anhören möchte, dann werde ich einen Coppok importieren lassen. Die haben wenigstens ein prächtiges Gefieder. « Der Älteste Wayaways erschien und verbeugte sich, um sie aus ihrer Gegenwart zu geleiten.
Nach längerer Zeit stand Jerusha schließlich im Palasthof und betrachtete den Polizeiwagen mit starrem Blick. Ein feines Netz von Rissen und Sprüngen ging von der Einschlagstelle aus und überzog die gesamte zertrümmerte Windschutzscheibe.
Soweit ist es schon gekommen?
»Ich bin sicher, ich könnte ein paar verdammt kräftige Worte hierüber verlieren.« Ihre Hand wollte auf die Spuren des Vandalismus deuten, griff aber statt dessen nur zum Türgriff. »Aber der Teufel soll mich holen, wenn ich vor denen hier eine Show abziehe.« Sie nahm im Beifahrersitz Platz, während Gundhalinu in den Fahrersitz kletterte. »Außerdem ... « Sie schlug die Tür zu. »Mir fällt augenblicklich nur ein, daß ich müde bin und mich fühle, als wäre ich angespuckt worden. Manchmal frage ich mich, ob wir wirklich über irgend etwas auf dieser Welt die Kontrolle haben.« Sie wühlte in der Tasche nach ihrer Packung mit dem Beruhigungsmittel und kippte ein paar Tabletten in ihre hohle Handfläche. Sie nahm sie in den Mund und biß auf ihre ledrige Substanz, worauf der saure Geschmack unverzüglich begann, ihre flatternden Nerven zu beruhigen. »Schließlich ... Auch welche?« Sie hielt ihm die Packung hin.
Gundhalinu saß stocksteif hinter den Kontrollen und sah durch das Netz der Zerstörung. Er war den ganzen Rückweg über stumm gewesen und hatte den Saal der Winde wie eine verlassene Straße durchquert. Nun begann er, ohne zu antworten, den Startkode einzugeben.
Sie zog die Packung wieder zurück. »Sind Sie imstande zu fahren, Sergeant, oder soll ich die Kontrollen übernehmen?« Der plötzliche offizielle Tonfall ihrer Stimme ließ ihn aufschrecken.
»Ja, Inspektor! Ich bin imstande.« Er nickte, sah dabei aber immer noch strikt geradeaus. Sie konnte fast sehen, wie Worte in seiner Kehle empordrängten, aber er schluckte sie hinunter wie ein zorniges Kind. Das Fahrzeug wendete langsam und fuhr auf die Stadt zu.
»Was hat Starbuck gesagt, bevor die Königin uns entließ?« Ihre Stimme klang unpersönlich. Sie konnte einige der ideographischen Schriftzeichen der Kharemoughi lesen – die Operationsanweisungen der meisten exportierten Artikel –, aber bisher hatte sie sich noch nie die Mühe gemacht, Sandhi sprechen zu lernen. Die Truppe verwendete die Sprache der Welt, auf der sie stationiert war, als linguistische Grundlage.
Gundhalinu räusperte sich und schluckte wieder. »Ich bitte um Verzeihung, Ma'am, aber der Bastard sagte ... ›Wenn die Hegemonie dich herschickt, dann scheint es mit den Schwänzen ja augenblicklich nicht besonders zu stehen.‹«
»Ist das alles?« Jerusha gab ein Geräusch von sich, das fast ein Lachen hätte sein
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