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Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin

Titel: Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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womit er sich offiziell zurückzog.
    »Tut mir leid.« Er grinste mit nonchalanter Verschlagenheit, doch seine Antwort war mehr an die anderen Mitspieler als an den Computer gerichtet, der den Phantomcroupier kontrollierte. »Es wird langweilig.« Er schob seine Kreditkarte in den Schlitz. Sie kam mit einer größeren Summe wieder heraus, als er erwartet hatte - mehr Geld, als er sich bis vor wenigen Monaten überhaupt noch hatte vorstellen können. Die Vorstellung, daß das alles ihm gehörte, hatte mittlerweile fast aufgehört, ihn zu beeindrucken, denn inzwischen wußte er, wieviel Geld in den gewundenen Straßen Karbunkels zirkulierte. Er bekam sogar schon eine Vorstellung davon, wieviel Geld durch die Schwarzen Pforten zu anderen Welten der Hegemonie fließen mußte - er lernte sehr rasch.
    Aber nicht rasch genug.
    Betrunken vom rosefarbenen Samathawein zog er sich vom Tisch zurück, aber noch nicht so betrunken, daß er nicht rechtzeitig hätte aufhören können. Denn darin war er gut, er kannte die Umstände und seine eigenen Grenzen. Darum gewann er immer häufiger bei den Spielen. Arienrhod versorgte ihn mit Geld, das er, wenn ihn seine Pflichten als Starbuck nicht gerade davon abhielten, in den Spielhöllen in Labyrinth setzte, wobei er sich mit so vielen Kumpanen wie möglich einließ. Er hörte zu, stellte Fragen und hatte ein waches Auge auf die unterschwelligen Volksströmungen, denn er wollte unbedingt herausfinden, woher die Informationen kamen und wohin sie flossen.
    Er bemühte sich, aus einer bodenlosen Grube der Unwissenheit emporzusteigen, und wenn Wein und Parfüm zu vieler Zimmer wie dem hier seine Sinne benebelten, dann verspürte er eine fast schmerzende Frustration. Nichts in der Stadt konnte ihm jetzt noch Freude bereiten. Die Dinge, die einen Sommerjungen erfreuen konnten, mochten wohl noch hier in der Stadt existieren, aber er sah sie nicht mehr. Je länger er in Karbunkel lebte, desto mehr verabscheute er die Bewohner der Stadt.
    Er hatte begonnen, den Anblick von allem und jedem zu hassen, ohne recht den Grund dafür zu kennen, er haßte die Dunkelheit, die über seiner Vergangenheit und seiner Zukunft lag, manchmal haßte er sogar sein eigenes Gesicht. Alles, mit einer Ausnahme - Arienrhod. Arienrhod verstand die Schwärze, die wie vergiftete Pfützen in Teilen seines Verstandes gegenwärtig war, sie verstand es, den Blutstrom seiner Feindseligkeit zu stillen und ihm zu versichern, daß jede Seele in ihren geheimsten Tiefen schwarz war. Arienrhod beruhigte ihn, Arienrhod brachte ihm Frieden, Arienrhod erfüllte ihm jeden Wunsch ... Arienrhod liebte ihn. Doch die Furcht, er könnte diese Liebe verlieren, ansehen, wie sie ihn fallenließ, wie sie es zugelassen hatte, daß er seinen Vorgänger aus dem Weg räumte –, war eine dunkle Wolke, die immer am Horizont seiner friedlichen See aufragte.
    Sie benützte ihr eigenes System elektronischer Spione, um die Informationen aufzuwerten, die er ihr verschaffte, aber Außenweltler, die wirklich etwas zu verbergen hatten, verfügten über ausgeklügelte Gegenmaßnahmen, und er wußte, ihr fehlte das eingeweihte Wissen eines tatsächlichen Starbuck, eines Mannes, der sein Leben unter ihnen verbracht hatte. Der Tag würde kommen, an dem sie seine Sommerunwissenheit satthaben würde. Vielleicht hatte er, trunken vom Augenblick, doch einmal den Blick für seine eigenen Grenzen verloren .. .
    Funke schob die Kreditkarte in einen Schlitz seines Gürtels. Während er vom Tisch wegging, verflog sein Hochgefühl. Er fragte sich kurz und mißgelaunt, ob er bei diesen Spielen wirklich so gut war, oder ob Arienrhod ihn insgeheim sogar hier beobachtete und von sich aus arrangierte, daß er gewann.
    Er schüttelte den Gedanken ab und hakte die Daumen am Gürtel ein. Danach überblickte er das Meer der Köpfe, mit Turbanen, Mützen, Hüten und Helmen bekleidet, kahle Köpfe, kunstvoll frisierte Köpfe, die alle in unheiliger Verehrung über das von ihnen erwählten Glücksspiel gebeugt waren. Das hier war eine erstklassige Hölle, prunkvoller und weniger offensichtlich gekennzeichnet als die billigen Klitschen im unteren Labyrinth, in denen eine Menge verkehrte, die sich hauptsächlich aus Winterarbeitern zusammensetzte. Aber nicht einmal dort konnte man aufrichtiger Freude begegnen. Die Spieler lachten oder fluchten gleichermaßen lebhaft und achteten ebenfalls kaum auf die Musik und die gedämpften Unterhaltungen aus dem Nebenzimmer. Im Nebenzimmer befanden

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