Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt
Winterleute ...«, sagte sie mit überraschend kräftiger Stimme. Sie legte die gefalteten Hände auf den Tisch, und wartete, bis sich Ruhe und Aufmerksamkeit einstellten. »Durch den Transfer habe ich eine weitere Botschaft erhalten; die Außenweltler sind zu einer Rückkehr nach Tiamat bereit. Von Kharemough starten Schiffe, die eine neue Hegemonische Regierung hierherbringen.« Dann sah sie sich wieder gezwungen zu schweigen, weil lautes Stimmengewirr losbrach; sie wartete, bis die erste konkrete Frage gestellt wurde.
»Wann werden sie hier sein?« Sewa Stormprince sprach aus, was alle am meisten bewegte. Auf sämtlichen Gesichtern malten sich die verschiedensten Gefühle ab.
»Schon in ein paar Wochen.« Mond wurde schwindelig; indem sie die Antwort laut aussprach, gewann sie an Realität. »Ich glaube, die neue Regierung wird uns mehr Gerechtigkeit widerfahren lassen, so daß all unsere Anstrengungen für eine bessere Zukunft nicht umsonst gewesen sind. Doch da wäre das Problem mit den Mers ...«
Sie brach ab, als sie die Reaktion ihrer Zuhörer bemerkte. Erleichterung und Interesse schlugen um in Groll oder Gleichgültigkeit; manche verloren sich bereits in Spekulationen über die Rückkehr der Außenweltler. Mond hatte viel Unterstützung verloren, als sie begann, sich immer intensiver mit den Mers zu beschäftigen, und für diese Forschungsarbeit die Ressourcen des Sibyllencollege in Anspruch nahm. Capella Goodventure und die traditionalistischen Sommerleute waren ihr keine große Hilfe gewesen, wenn es darum ging, um Verständnis zu heischen. Durch ihr Verhalten hatte Mond die Winterleute verprellt, und sich auch bei den Sommerleuten unbeliebt gemacht, die sie so hartnäckig umworben hatte, ihre Vision von einem neuen Tiamat zu teilen. Angetrieben von einem inneren Zwang, der sie auch jetzt erfüllte, hatte sie ihre Aufgabe so gut gemacht, daß es ihr nun um so schwerer fiel, die Menschen von ihrem neuen Kurs zu überzeugen.
Die meisten der Anwesenden würden den Tod sämtlicher Mers in den Ozeanen von Tiamat in Kauf nehmen, wenn sie sich dadurch die bequeme Mitgliedschaft in der Neuen Hegemonie erkaufen konnten. Einige hätten dieses Opfer mit schlechtem Gewissen gebracht, viele jedoch, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Das Problem mit den Mers ist noch nicht gelöst worden«, fuhr sie mit erhobener Stimme fort. »Dabei ist es ungeheuer wichtig, nicht nur für unsere eigene Zukunft, sondern auch für die der Hegemonie!« Sie mußte beinahe brüllen, um sich Gehör zu verschaffen. »Wenn die Hegemonie die Mers ausrottet, wenn wir zulassen, daß dies geschieht, dann werden wir am Ende alles verlieren, was wir uns bis jetzt erarbeitet haben.«
»Aber wieso?« fiel Flan Redstone ihr ins Wort. »Weil sie eine intelligente Spezies sind? Dann müßten sie sich doch selbst schützen können.«
»Wenn sie wirklich so intelligent sind«, murmelte ein anderer, »warum haben sie sich dann so lange von den Außenweltlern abschlachten lassen? Das läßt doch eher auf Dummheit schließen!«
»Die Mers sind die Kinder der Herrin!« rief Capella Goodventure dazwischen. »Wenn ihr sie im Stich laßt, dann wird sie euch im Stich lassen!«
»So gut wie die Außenweltler hat sie sich noch nie um uns gekümmert!« hielt Flan Redstone ihr entgegen.
»Es ist falsch, einfach mitanzusehen, wie die Mers getötet werden, egal, wie intelligent man sie einschätzt!« sagte Clavally Bluestone mit scharfer Stimme. Sie sah Mond an. »Was können wir unternehmen, um das Gemetzel zu verhindern, Herrin? Du sagst doch selbst, daß wir der Hegemonie in einem Kampf immer unterlegen wären.«
»Das stimmt. Deshalb müssen wir nach einem anderen Weg suchen.« Mond stand auf und stützte sich mit den Händen am Tisch ab.
»Ständig sagst du uns, die Erhaltung der Mers hätte absoluten Vorrang vor allem«, wandte Sewa Stormprince ein. »Von ihrem Überleben hinge auch unsere Zukunft ab. Was hat das zu bedeuten? Diese Tragödie betrifft doch nur die Mers – und sie selbst scheint ihr Schicksal nicht sonderlich zu bekümmern. Wie kann sich den der Tod aller Mers auf Tiamat oder die Hegemonie auswirken? Ein paar schwerreiche Außenweltler werden dann doch altern müssen, wie wir alle, das wäre doch die einzige Konsequenz – nur kann ich daran nichts Tragisches finden.«
»Darum geht es gar nicht.« Mond schüttelte den Kopf und spürte, wie ihr schwerer Zopf wippte. »Die Mers sind ein Teil einer übergeordneten, ungeheuer wichtigen
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