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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Das Lächeln verging ihm, als plötzlich überall Waffen auftauchten, und er begriff, daß er die falsche Antwort gegeben hatte.
    »Tötet ihn!« sagte von irgendwoher eine Stimme. »Reede ...«, sagte er. »Ich suche Reede!« Verzweifelt hob er die Stimme.
    »Niburu!« Wie eine Vision erschien Reedes Gesicht zwischen den Köpfen der Drogenbarone, der Polizeibeamten und der Kleriker, die Kedalion vom Sehen kannte. Reede drängte sich zu ihm vor und packte ihn beim Hemd. »Was hast du hier zu suchen, verdammt noch mal? Reedes Griff festigte sich, und die Erbitterung in seinen Zügen war genauso echt wie sein Zorn.
    »Ich wollte dir das bringen.« Kedalion hielt den Talisman hoch und hatte Mühe, ruhig zu sprechen.
    Reede riß ihm den Glücksbringer aus der Hand und stierte darauf. »Götter ...«, murmelte er wie jemand, der seine Seele verloren hat. Als
er
den Solii in einer Tasche verwahrte, bemerkte Kedalion, daß zwei Männer und eine Frau, die in dem Kreis standen, der ihn umgab, die gleichen Anhänger trugen. Ein Mann war ein Drogenboss namens Sarkh; die Frau war Mundilfoere, Humbabas Ex-Gemahlin und Reedes neue Gattin. »Reede?« sagte jemand hinter ihm.
    »Der Mann gehört zu mir. Er hat nichts gesehen. Klar? Reedes Faust schloß sich schmerzhaft um Kedalions Schulter. »Du hast nichts gesehen.«
    Kedalion schüttelte den Kopf, während Reede ihn rückwärts durch die Wand aus Menschenleibern schob, bis beide draußen im Korridor standen. Hinter ihnen schloß sich die Tür.
    »Du hast nichts gesehen«, wiederholte Reede, dieses Mal mit leiser Stimme. Mit einem Ausdruck, der fast an Mitleid erinnerte sah er auf Kedalion herab. »Folge mir nie wieder.« Er ließ Kedalion los und verschwand wieder durch die Tür, als hätte sein Pilot für ihn aufgehört zu existieren.
    Kedalion blieb noch eine Weile stehen, bis er die Kraft fand, zur Straße zurückzugehen.
    »Worum ging es eigentlich, verflucht noch mal?« donnerte Sarkh, als Reede allein ins Konferenzzimmer zurückkam.
    »Darum.« Reede zog den Solii-Anhänger aus der Tasche und hielt ihn hoch.
    Jeder im Raum sah Reede an, doch er gab keine weiteren Erklärungen ab. Einer nach dem anderen senkte den Blick.
    Sarkh furchte die Stirn. »Das war ein törichtes Risiko. Ich denke, wir sollten ...«
    »Denke lieber nicht, Sarkh«, sagte Reede. »Das könnte deinem guten Image schaden.«
    Sarkhs Gesicht wurde fleckig vor Zorn, und er ging einen Schritt auf Reede zu.
    »Ich spreche für Kedalion.« Rasch trat Mundilfoere zwischen sie. »Reede – vergiß nicht, wo du bist!« Sie hielt beide Hände hoch in einer Geste, als wolle sie die Männer trennen. Reede und Sarkh wichen voreinander zurück. »Kedalion Niburu arbeitet schon seit Jahren für Reede«, sagte sie und blickte dabei Sarkh an. »Er hat nichts gesehen, was er verstehen könnte. Außerdem ist er absolut vertrauenswürdig. Er wird tun, was man ihm sagt, und Reede hat ihm befohlen, alles zu vergessen.« Sie hob eine Schulter und lächelte.
    Brummig wandte Sarkh sich ab, und Mundilfoere schaute Reede an. Jetzt trug sie keine glöckchengeschmückten Gewänder, und sie war auch nicht verschleiert; hier war sie nie so angezogen. Sie trug den unförmigen grauen Overall eines Raumhafenarbeiters, und das mitternachtsschwarze Haar hatte sie zu einem praktischen Dutt geschlungen. Die perfekte Verkleidung ... oder war sie in Humbabas Zitadelle maskiert gewesen? Hier war keine Spur von Unterwürfigkeit an ihr zu entdecken. Der Blick, mit dem sie Reede musterte, war zornig und tadelnd; sie hatte an seinem Benehmen etwas auszusetzen.
    »Mundilfoere ...«, sagte er und streckte ihr beinahe unbewußt die Hand entgegen.
    »Setz dich«, erwiderte sie und machte kehrt, ehe er sie berühren konnte. Gefolgt von den anderen, ging sie zum Konferenztisch. Ein paar Leute betrachteten Reede, seine nasse Bekleidung und die frischen Kratzspuren am Hals und an den Armen. Dann nahmen sie die ihnen zugeteilten Plätze ein.
    »Wer hat dieses Bruderschaftstreffen anberaumt?« fragte Irduz, der Priester, den formellen Dialog beginnend. Er war ein aufgeblasener, hinterhältiger Kerl, der Gefallen an sich ständig wiederholenden Ritualen fand. Reede schloß die Augen und lehnte sich zurück, er wollte die Rezitation an sich vorbeirauschen lassen.
Götter, macht endlich Schluß damit ...
Gelangweilt befingerte er den Ohrschmuck aus getriebenem Metall, den er von dem Straßenhändler gekauft hatte, und rutschte ungeduldig auf seinem Platz hin

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