Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
Vom Netzwerk:
bei Tag und bei Nacht – er hatte sich nur nie Gedanken darüber gemacht, sondern es als selbstverständlich hingenommen, wie die automatische Klimakontrolle, die die gesamte Stadt umfaßte. Karbunkels Energieanlage, die keiner Wartung oder Bedienung bedurfte, existierte schon vor der Zeit der Hegemonie, sie war ein Produkt, ein Überbleibsel des Alten Imperiums. Man hatte ihm erzählt, Karbunkel bezöge seine Energie durch ein Gezeitenkraftwerk und daß in Höhlen, tief im Felsgestein unterhalb der Stadt, riesige Turbinen arbeiteten. Noch nie habe dieses System versagt, hieß es.
    Aber es gibt kein Perpetuum Mobile.
Die dunkle Stadt, die droben lauerte, um ihn zu verschlingen, verursachte in ihm ein ungutes Gefühl, halb Angst, halb nervöse Anspannung. »Was, zur Hölle, ist passiert?« fragte er.
    Dabei wußte er, was los war, es war ein wichtiges Signal, die Aufforderung an ihn,
zu
handeln. Doch er konnte sich nicht erinnern, was er jetzt tun mußte ...
    »Die Lichter gingen aus«, erklärte der Blaue neben ihm. »Alles stand still. In der Stadt läuft nichts mehr.«
    »Und warum?«
    »Ich weiß es nicht.« Der Blaue zuckte die Achseln. »Wann ist es passiert?
    »Vor zwei Tagen«, sagte der Blaue.
    »Drei Tage«, murmelte Reede. »Zwei sind schon verstrichen ...«
    »Was?« Der Blaue hielt ihn fest.
    »Ich muß zur Sommerkönigin«, sagte Reede. »Ich muß unbedingt mit der Königin sprechen.«
    »Weißt du etwas über diese Geschichte?« fragte der Blaue. Als Reede nicht antwortete, schlug er ihm auf die Schulter. »Sag was!«
    »Er hat keine Ahnung, bei allen Göttern«, mischte sich ein anderer Mann ein. »Er will uns nur bluffen. Los, beweg dich!« Jemand stieß ihm die Faust zwischen die Schulterblätter.
    Ohne zu protestieren, ging Reede weiter; die verdunkelte Stadt setzte eine brodelnde geistige Energie in ihm frei, die ihn benommen machte.
Ja,
dachte er, während er rechts und links die Batterien von tragbaren Beleuchtungskörpern sah und den flackernden Tanz der Kerzen beobachtete, die durch die nächtlichen Straßen der Unteren Stadt getragen wurden, wo hauptsächlich Sommerleute lebten.
Ja; ich bin heimgekommen ...
Aber warum er das dachte, wußte er nicht, und die Eingebung erfüllte ihn nur mit Verzweiflung.
    Langsam die Stadt umkreisend stiegen sie nach oben; die Helmlampen der Polizisten flimmerten wie ein Schwarm Glühwürmchen und zeigten ihm den Weg. Die wenigen anderen Lichter, die er noch sah, huschten an ihnen vorbei wie wunderliche Kreaturen in der schwarzen Tiefe der See. Die meisten Bürger schienen daheim zu bleiben, ob freiwillig oder gezwungenermaßen. Die Luft kam ihm stickig vor, obschon die durchsichtigen Sturmwälle am Ende jeder Allee jetzt offenstanden und den menschlichen Bienenstock Karbunkel auf natürliche Weise atmen ließen. Schweiß perlte über sein Gesicht, doch seine gefesselten Hände hinderten ihn daran, die Tropfen abzuwischen.
    Sie kamen durch das Labyrinth, obwohl er es im Dunkeln kaum wiedererkannte. Selbst Persiponës Hölle war finster und geschlossen. Hinter ihm fluchte Kedalion; beim Anstieg war ihm die Puste ausgegangen, weil er es schwerhatte, mit den anderen Schritt zu halten. Reede merkte erst, daß auch er langsamer ging, als ihm jemand in den Rücken stieß. Er stolperte gegen Ananke, der jetzt vor ihm ging. Mit einer Unbeholfenheit, die nur Absicht sein konnte, taumelte Ananke seitwärts und prallte mit dem Blauen zusammen, der Reede wie ein Schatten verfolgte. Der Blaue stürzte zu Boden, einen überraschten Ausruf von sich gebend, und die sich plötzlich überkreuzenden Strahlen der Helmlampen verursachten ein kleines Blitzgewitter.
    »Reede, lauf!« schrie Ananke, während Reede sich vor wild greifenden Armen und kickenden Beinen in Sicherheit brachte. Er löste sich aus dem planlosen Gerangel, sah sich jedoch wieder um, als er hinter sich Ananke vor Schmerzen schreien hörte.
Lauf!
Ihm blieb gar nichts anderes übrig, als loszurennen.
Ich muß es bis zum Ende der Straße schaffen, wo der Palast liegt!
Ein blind abgefeuerter Schuß aus einem Stunner streifte seinen Arm; er fühlte, wie er taub wurde und prickelte.
    Er hetzte die dunkle, fast menschenleere Straße hoch, und er wußte, daß er erst zwei Drittel des Wegs geschafft hatte. Es ging immer durch die Finsternis steil bergan. Ob die Blauen Verstärkung herbeirufen konnten? Im Dunkeln mußte es vor Polizisten nur so wimmeln, die jetzt sicher alle Hände voll zu tun hatten, um Diebstähle und

Weitere Kostenlose Bücher