Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde
Erdboden zu stecken. Trotzdem war er sehr massiv und auch auf seinem flachen Dach wuchsen Bäume und Büsche. Es wirkte, als sei er im Laufe der Jahre aus dem Boden herausgewachsen.
»Dort muss der Eingang sein«, flüsterte Nele.
»Wir warten hier, sonst finden die anderen uns nie.«
»Okay, Sie warten, ich schaue mich um.«
Noch ehe Hendrik etwas erwidern oder sie festhalten konnte, sprang Nele in den Graben hinunter. Ihr Chef rief
ihr etwas hinterher, doch sie achtete nicht darauf. Gebückt rannte sie auf den Bunker zu. Ihr Herz schlug wie wild. Neue Hoffnung keimte auf. Vielleicht kamen sie ja doch nicht zu spät!
Der Graben endete an der Bunkerwand vor einem zugemauerten Eingang.
Nele suchte den Boden nach der Schleifspur ab.
Sie war nicht mehr zu sehen. Als hätte der Erdboden sie verschluckt.
Hektisch leuchtete sie den weiteren Umkreis ab. Waren das dort Fußabdrücke? Nele ging in die entsprechende Richtung, entfernte sich dabei weiter von Hendrik, der immer wieder mit unterdrückter Stimme nach ihr rief. Nele wollte es nicht hören, sie war wie in Trance. Die vermeintlichen Fußabdrücke im Gras führten um die Ecke des Bunkers und verschwanden dort. Es gab hier im Schatten des weit überstehenden Daches keinen Bewuchs mehr, sondern nur dunklen Sand und einen Teppich aus Tannennadeln. Entweder hatte der Täter seines Spuren verwischt, oder aber …
Etwas zog Neles Aufmerksamkeit an.
Nahe der Bunkerwand lag trockenes Gestrüpp zu einem Haufen aufgetürmt. Es wirkte untypisch, nicht dort hingehörend, künstlich.
Nele wollte darauf zu gehen, wurde aber unvermittelt von hinten festgehalten.
Es war Hendrik.
»Verdammt … können Sie nicht auf mich hören!« Er war eindeutig sauer und siezte sie wieder.
»Da drunter«, sagte Nele und wies mit der Taschenlampe auf den Gestrüpphaufen.
Für einen sehr kurzen Moment schwankte Hendrik zwischen
seiner Absicht, Nele zurückzuhalten und auf das Team zu warten, oder allein weiterzumachen.
»Was ist da drunter?«, fragte er schließlich.
»Der Eingang.« Nele klang erregt, ihre Stimme zitterte.
»Wie kommen Sie darauf?«
Nele ließ sich auf die Knie fallen. Das Gestrüpp lag auf einer groben Segeltuchplane, die auf den ersten Blick wie der Boden selbst aussah. In der vorderen Kante der Plane war durch eine Metallöse ein Seil gezogen, das im Boden verschwand. Die Plane selbst lag scheinbar auf einer Holzplatte. Dort, wo das Seil im Boden verschwand, gab es zwischen der Platte und einer Betonkante einen Spalt.
Hendrik sah es ebenfalls.
»Tatsächlich!«
Sein Funkgerät knarrte. Borrmann war auf der Suche nach ihnen, konnte sie aber nicht finden. Während Hendrik mit ihm sprach, löste Nele das Band aus der Öse und schob die Plane mit dem Gestrüpp zurück. Die ganze Holzplatte wurde sichtbar. Sie war noch nicht alt, und die Scharniere, mit denen sie bewegt werden konnte, glänzten metallen.
»Wir müssen zum Ende des Grabens zurück. Borrmann kann uns hier nicht finden«, raunte Hendrik ihr zu.
Als Nele nicht antwortete und stattdessen nach der Holzplatte griff, packte er sie an der Schulter.
»Jetzt ist aber Schluss! Wir werden nicht allein weitermachen. Haben Sie gehört?«
Nele drehte sich zu ihm um und sah ihren Chef fest an. »Ich werde jetzt nicht aufhören. Irgendwo da unten ist Frau Rossberg … wollen Sie die Verantwortung übernehmen, wenn wir ein paar Sekunden zu spät kommen?«
Hendrik konnte sich der Entschlossenheit, die er in Neles
Augen sah, nicht widersetzen und ließ seine Hand von ihrer Schultern gleiten.
Nele wandte sich ab und stemmte die Klappe hoch.
Anouschka holte aus und trat ihm ins Gesicht.
Ihre Füße waren nackt und der Winkel vom Matratzenlager aus nicht besonders günstig, aber sie hatte das Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Außerdem blieb ihr gar nichts anderes übrig.
Als er zu sprechen aufgehört und stärker zu wippen begonnen hatte, war ihr klar geworden, dass die Situation kippte. Die Erinnerungen, die sie selbst durch ihr Nachfragen bei ihm hervorgerufen hatte, lösten etwas Unkontrollierbares in ihm aus. Anou hatte ihn genau beobachtet, das nervöse Zucken der Lider bemerkt, und als seine Hand langsam zu dem großen Messer zwischen seinen Beinen glitt, war der Zeitpunkt gekommen.
Sie traf ihn, bevor er die Augen öffnete. Durch die Fußsohlen hindurch spürte sie seine Nase brechen.
Er schrie auf wie ein heulender Hund und stürzte nach hinten. Blut schoss aus seiner Nase. Anou schnellte vom
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