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Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde

Titel: Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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fühlte sich an, als hätte sie Jahre geschlafen. Sie zuckte hoch, rieb sich die Augen, versuchte einen klaren Gedanken zu fassen und wusste sogleich, was sie geweckt hatte. Schritte. Schritte in einer langen Röhre, die widerhallten, tausendfach, millionenfach, und sich schmerzhaft in ihren Kopf bohrten.
    Er kam zurück!
    Großer Gott, er kam zurück!
    Frauke drängte sich in die hinterste Ecke und zog die Knie eng an den Körper. Versuchte auf diese Weise, ihre Blöße zu verdecken. Ihre Augen huschten hin und her, suchten nach Licht in der undurchdringlichen Dunkelheit. Dann waren die Schritte ganz nah, verstummten aber plötzlich. Noch immer kein Licht. Frauke hörte ihr Herz wummern, hielt den Atem an, lauschte.
    Er stand in der Dunkelheit, ganz nah, beobachtete sie.
    Plötzlich wieder Schritte. Im Raum, mitten im Raum, vor dem Lager, auf dem sie lag. Frauke zitterte unkontrolliert, presste sich die zur Faust geballte Hand in den Mund, um nicht laut zu wimmern.
    Ein Streichholz wurde angerissen.
    Darauf folgte der Ablauf, den sie schon kannte. Eine Kerze nach der anderen wurde angezündet, immer heller wurde es in der großen Höhle, ohne dass das Licht aber die Dunkelheit wirklich vertreiben konnte.

    Diesmal legte er es nicht darauf an, versteckt zu bleiben. Er lief von Kerze zu Kerze, hatte ihr dabei den Rücken zugedreht, so dass sie seine nackten Arschbacken bei jedem Schritt wackeln sehen konnte. Die Riemen, die diesen abscheulichen Dildo hielten, waren auch wieder da. Würde er das Ding gleich gebrauchen? Warum sonst lief er damit herum? Warum hatte er es nicht schon beim letzten Mal gemacht? Es würde weh tun, ganz bestimmt, wäre aber besser, als wenn er seinen eigenen Schwanz benutzte.
    Großer Gott, worüber dachte sie da nach!
    Als er genug Kerzen entzündet hatte, drehte er sich zu ihr um. Riesig stach der Dildo in den Raum. Frauke zwang sich, den Blick davon zu lösen und ihm ins Gesicht zu schauen. Ein Gesicht, das nicht einmal hässlich war. Feminin geschnitten, hohe Wangenknochen zu einem länglichen Kinn, schmale Augen mit dunklen Brauen, langes, welliges Haar, das bis auf die Schultern fiel. Sympathisch, auf den ersten Blick.
    »Wie geht es dir?«, fragte er.
    Seine Worte hallten wieder zwischen den Betonwänden, somit bekam der fistelige Klang doch noch etwas Unheilvolles, etwas Machtvolles.
    Frauke konnte es nicht fassen, dass er es wagte, diese Frage zu stellen. Neben der Angst war noch ein wenig Platz für Wut, und diese breitete sich jetzt aus wie Unkraut im Garten. In ihrem Kopf rasten die Gedanken.
    Was soll ich tun?
    Komm Mädchen, lass dir etwas einfallen, du bist doch sonst nicht auf den Kopf gefallen.
    Tu einfach so, als müsstest du mit einem aufdringlichen Verehrer fertig werden.
    »Ich habe Hunger und Durst. Und es geht mir nicht gut.«

    Die Worte kamen wie von selbst. Und das mit dem Hunger und Durst stimmte sogar. Warum sollte sie nicht einfach bei der Wahrheit bleiben? Der Typ schien nicht dumm zu sein, er würde ohnehin merken, wenn sie log.
    »Tut mir leid, aber das lässt sich nicht vermeiden. Als Wiedergutmachung habe ich dir aber Essen und Trinken mitgebracht.«
    Er wandte sich ab, ging mit seinem wippenden Dildo in eine der dunklen Ecken und hantierte dort. Frauke konnte es knistern hören. Schließlich kam er zurück, hielt ihr in einer blauen, zerkratzten Tupperwareschale Brot und Apfelstücke hin. In der anderen Hand trug er eine Flasche Mineralwasser.
    »Wird das reichen?«
    Frauke nickte. Sie saß immer noch auf dem Bett, beide Hände in Fesseln, und ihr schoss der Gedanke durch den Kopf, dass sich hier eine Chance bot.
    »Kannst du … mich losmachen … damit ich essen kann?«
    Ihn zu duzen war ihr erstaunlich leichtgefallen. Auch ihr netter, bittender Ton klang echt. Trotzdem erreichte sie nicht die erhoffte Wirkung.
    »Tut mir leid, das wird nicht möglich sein. Es geht auch ganz gut mit den Ringen.«
    Er stellte die Schale auf das Matratzenlager.
    Frauke wartete ab, beobachtete ihn. Er stand einfach da, mit dem entsetzlichen Ding vor seiner Hüfte und lächelte sie an, als wolle er sie zum Kaffee einladen.
    »Iss schon«, sagte er schließlich und deutete auf die Schale.
    Durch den Geruch des frischen Brotes wurde der Hunger plötzlich übermächtig. Frauke griff in die Schale, nahm ein belegtes Brot und aß, nein fraß es wie ein Tier. Schmatzend,
schnaufend und ohne ihn anzusehen, stopfte sie es in sich hinein. Trotzdem nutzte sie die Zeit, um

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