Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde
überprüfen.«
»Gut. Die Radarfalle, die ihn aufgenommen hat, liegt die auf der Strecke zu seiner Wohnung?«
Eckert wog den Kopf von einer Seite auf die andere.
»Nicht zwangsläufig. Jedenfalls nicht von Anous Wohnung aus. Aber theoretisch könnte er so gefahren sein, auch wenn es nicht die kürzeste Strecke ist.«
»Okay, dann los!«
Auf dem Weg nach draußen lief Hendrik an ihrer Seite. »Haben Sie wenigstens was gegessen?«, fragte er.
Nele nickte. Hunger verspürte sie jetzt keinen mehr. Jede Faser ihres Körper schien unter Spannung zu stehen. Fitter und aufgedrehter hatte sie sich noch nie gefühlt.
»Sie müssen nicht unbedingt in der Wohnung sein«, sagte Hendrik, der zu spüren schien, wie aufgekratzt seine Hauptkommissarin war.
»Ich weiß. Aber wenn sie nicht dort sind, werden wir irgendeine Spur finden, die uns zu ihnen führt.«
Mit Einsatzlicht auf den zivilen Polizeifahrzeugen rasten sie durch die Stadt. Das SEK-Team war schon dort, als sie eintrafen. Sie hielten einen Block vor der Adresse, damit die Zielperson sie nicht zu früh bemerkte.
»Ist die Gegend weiträumig abgesperrt?«, fragte Nele den Einsatzleiter der Schutzpolizei.
»Ja, alles abgesperrt. Hier kommt keiner mehr rein oder raus.«
Der Leiter der SEK-Gruppe kam auf sie zu. Ein schlanker, fast zwei Meter großer Hüne, mit dem Nele schon einmal zusammengearbeitet hatte. Edgar Borrmann. Sie hatte ihn in guter Erinnerung. Er trug die übliche Schutzkleidung und wirkte bedrohlich darin. Sie schüttelten sich die Hände.
»Sie wissen, um wen es geht?«
Borrmann nickte und zog die Augenbrauen zusammen. »Ich kenne die Kollegin aber nicht.«
»Sie ist noch neu. Sagen Sie Ihren Leuten, sie sollen ihr Bestes geben, um sie da rauszuholen.«
»Das machen wir immer. Was ist von der Zielperson zu halten?«
Nele zuckte mit den Schultern. »Wir wissen noch nichts über ihn. Rechnen Sie also mit allem.«
Die Wohnung von Karel Murow lag in einem Mehrfamilienhaus am Ende einer Sackgasse. Der Einsatz würde schwierig werden, da sie die anderen Bewohner des Hauses nicht evakuieren konnten, ohne dass Murow etwas davon mitbekam. Mehrere Beamte beobachteten die Wohnung seit ein paar Minuten mit Ferngläsern und einer Wärmebildkamera. Sie konnten jedoch nicht mit Sicherheit sagen, ob sich jemand darin befand. Die Räume mit Außenwänden waren anscheinend leer, die anderen jedoch, die im Inneren des Gebäudes lagen und an andere Wohnungen grenzten, waren für die Wärmebildkamera nicht einsehbar. Der Einsatz eines Richtmikrophons hatte nichts gebracht, da es aus den anderen Wohnungen zu viele Störgeräusche gab.
Der Grundriss des Gebäudes war einfach, machte es dem Einsatzteam aber nicht leichter. Es gab ein Treppenhaus, keinen Fahrstuhl, die Wohnung der Zielperson lag im vierten Obergeschoss. Kein zweiter Eingang, keine Fluchtmöglichkeit durch die Fenster, aber auch kein anderer Zutritt als durch die Wohnungstür.
Nele, Eckert und Hendrik liehen sich Schutzwesten und folgten vier dick eingepackten und vermummten Beamten des SEK die Straße hinunter. Als sie in die Nähe des Wohnblocks kamen, verließen sie den Bürgersteig und gingen durch die Vorgärten der anderen Häuser. Bewohner, die sich beschweren wollten, wurden von weiteren Beamten in Uniform in ihre Häuser zurückgedrängt.
Über der Straße lag eine bedrückende Stille, die fast
greifbar war. Sie erreichten die Ecke des letzten Hauses und verharrten dort. Borrmann sprach leise in sein Headset. Nele blickte sich um. Hinter ihr warteten Hendrik und Eckert Glanz. Erst jetzt merkte sie, dass jemand fehlte.
»Wo ist Tim?«, fragte sie leise.
Eckert kam ein Stück vor. »Ich bin davon ausgegangen, dass du ihn nach Haus geschickt hast.«
Nele schüttelte den Kopf. »Nein, hab ich nicht.«
Borrmann drehte sich zu ihnen um. »Okay, los geht’s. Wenn ich das Zeichen gebe, können Sie folgen.«
Für die nächsten Minuten war Nele mit ihrem Team zu Statisten degradiert. Die gut ausgebildeten Profis erledigten das Stürmen der Wohnung, und sie hatten es nicht gern, wenn jemand vom Ermittlerteam dabei war.
Sechs SEK-Beamte liefen ins Haus, dahinter folgten weitere in Uniform, die sich um die Bewohner kümmerten. Die Ermittler warteten im Treppenhaus, während die Spezialkräfte oben die Tür zur Wohnung der Zielperson aufbrachen und nacheinander sämtliche Räume sicherten. Das Ganze dauerte nicht länger als drei Minuten. Dann kam Borrmann auf den Treppenabsatz und gab ihnen
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